Rassismus ist Alltag

Ferguson: “Schwarze haben Angst vor Kontrollen”

Ausland
26.11.2014 15:06
Die Polizei in der Kleinstadt Ferguson im US-Bundesstaat Missouri hat in der überwiegend schwarzen Bevölkerung seit Jahren einen schlechten Ruf. Die Situation eskalierte aber vollends, als der weiße Polizist Darren Wilson im August den schwarzen Teenager Michael Brown auf offener Straße tötete. Wilson feuerte mehrere Schüsse auf den unbewaffneten 18-Jährigen ab, u.a. auf dessen Kopf. Der Todesschütze habe aber richtig gehandelt und werde nicht vor ein Gericht gestellt, hat vor Kurzem eine Jury festgestellt und damit eine neue Protestwelle gegen den Rassismus losgetreten.

Fergusons Einwohner sind zu zwei Dritteln schwarz. Für die meisten von ihnen ist Alltagsrassismus eine traurige Realität. Seitens des Stadtrats, der mehrheitlich von Weißen besetzt ist, und des weißen Bürgermeisters erwarten sich die wenigsten Einwohner etwas. Laut einem UNO-Bericht sind Schwarze in den USA stark überrepräsentiert unter jenen Bürgern, die "festgenommen, angeklagt, verurteilt, eingesperrt und zu lebenslanger Haft verurteilt werden". Darüber hinaus sei die Wahrscheinlichkeit, erschossen zu werden, für schwarze Männer sieben Mal höher als für weiße, erklärte vor Kurzem der UNO-Ausschuss zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung.

Man versucht also in Ferguson, so weit es geht, mit dieser Situation zu leben. Die Hände über den Kopf halten und "Yes, Sir", "No, Sir" sagen: Der Schwarze Sean Jackson hat seinem 25-jährigen Sohn eingetrichtert, wie er sich im Umgang mit Polizisten verhalten soll, wenn ihm sein Leben lieb ist.

"Jeder schwarze Autofahrer hat Angst vor Kontrollen"
"In Ferguson ist jeder schwarze Autofahrer nervös, weil er Angst vor Polizeikontrollen hat", sagt der 45-jährige Jackson. "Angst, getötet zu werden, ins Gefängnis zu kommen oder ein Bußgeld berappen zu müssen. Wenn jeden Tag die Nerven blank liegen, ist das nicht lustig", fügt Jackson hinzu.

Der 56-jährige Darrell Alexander ist sich sicher: "Als Schwarzer hätten die Kugeln auch mich treffen können." Darüber, dass Wilson nicht wegen Mordes und noch nicht einmal wegen Totschlags angeklagt werde, sei die Jugend "zu Recht aufgebracht", sagt der Krankenpfleger im Ruhestand. Der Fall Michael Brown sei "reiner Rassismus", von Gerechtigkeit "keine Spur". Alexander unterstützt die Arbeit der Organisation Copwatch, die Klagen gegen Polizisten sammelt und auswertet.

"Privilegierte weiße Amerikaner können das nicht verstehen"
Alexander erzählt, wie ihn die Polizei vor zwei Jahren anhielt, als er mit dem Auto in seinem wohlhabenden Stadtviertel unterwegs war. "Mit meiner Dreadlock-Frisur passte ich nicht in den Rahmen, deshalb war ein Bußgeld fällig", seufzt er. "Privilegierte weiße Amerikaner können das nicht verstehen. Ihnen passiert so etwas nicht."

Die schwarze Krankenschwester MZ Tay trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "Keine Gerechtigkeit - Kein Frieden". Ferguson stehe kurz vor der Explosion, sagt sie mit tränenerstickter Stimme. "Das ist erst der Anfang, denn alle stehen noch unter Schock. Sie fühlen sich an die Zeit der Sklaverei erinnert, und das wird sich früher oder später in noch mehr Gewalt entladen." Sie selbst fahre ein teures Autos und müsse immer wieder erniedrigende Polizeikontrollen wegen angeblichen Drogenhandels über sich ergehen lassen. Sicherheitshalber habe sie jetzt eine Kamera im Handschuhfach, um Übergriffe dokumentieren zu können.

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