Lage dramatisch

EZB gewährt Griechen-Banken weitere Notkredite

Wirtschaft
19.06.2015 17:49
Mit der nahenden Gefahr eines Staatsbankrotts - am Donnerstag ging erneut ein Treffen der Euro-Gruppe ohne Ergebnis zu Ende - kehren immer mehr griechische Sparer den heimischen Banken den Rücken. Die Lage ist laut Insidern mittlerweile so dramatisch, dass die EZB in einer Dringlichkeitssitzung am Freitag weitere Notkredite für griechische Banken genehmigte. Somit konnte vorerst verhindert werden, dass den Griechen das Bargeld ausgeht und die Banken am Montag nicht mehr aufsperren können.

Allein am Freitag waren es 1,2 Milliarden Euro, wie die Nachrichtenagentur Reuters von drei Bankern erfuhr. Damit hätten griechische Institute innerhalb einer Woche rund 4,2 Milliarden Euro verloren. Das Tempo habe sich also weiter beschleunigt. Zum Teil fließen die abgehobenen Gelder ins Ausland, zum Teil werden sie als Bargeld gehortet. In Bankenkreisen in Athen ist von drohenden Engpässen bei der Bargeldversorgung die Rede: Viele Kunden holten sich am Schalter mehr Geld, als das am Geldautomaten möglich sei. Jenes Geld, das außer Landes gebracht wurde, fehlt allerdings den Banken, um ihr Tagesgeschäft aufrechtzuerhalten.

EZB erweitert Kreditrahmen für Banken
Aus diesem Grund hatte die Europäische Zentralbank erst am Mittwoch die Obergrenze für die Liquiditätshilfen der Athener Notenbank für die Institute des Landes um 1,1 Milliarden Euro auf 84,1 Milliarden Euro angehoben, wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Finanzkreisen erfuhr. Die Geldhäuser von Athen bis Thessaloniki sind in großem Umfang auf diese Geldspritzen angewiesen, die im Fachjargon ELA (emergency liquidity assistance) genannt werden. Am Freitag wurde der Rahmen nun erneut erweitert. Die exakte Höhe war vorerst nicht bekannt. Allerdings war bereits zuvor in Finanzkreisen von rund drei Milliarden Euro die Rede gewesen.

Doch die Summe dürfte vorerst ausreichen, um das Bankensystem im Krisenland am Leben zu erhalten. "Die Stabilität des Bankensystems ist durch die gemeinsamen Maßnahmen der Zentralbank Griechenlands und der Europäischen Zentralbank vollkommen gesichert", erklärte der griechische Zentralbankchef Ioannis Stournaras. Dies habe er am Freitag bei einem Treffen mit dem Minister zur Koordinierung der Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern, Euclid Tsakalotos, versichert.

Deutschland will "bis zur letzten Minute verhandeln"
Am Donnerstagabend waren Beratungen der Euro-Finanzminister in Luxemburg über die griechische Schuldenkrise erneut ohne Ergebnisse geblieben. Für Montag wurden daher ein Sondergipfel der Währungsunion bzw. davor ein weiteres Treffen der Euro-Finanzminister einberufen. Der deutsche Kanzleramtsminister Peter Altmaier sagte am Freitag, die deutsche Regierung werde "bis zur letzten Minute verhandeln", um eine Einigung zu erreichen. Deutschland ist größter Einzelgläubiger der Griechen und bürgt für gut 50 Milliarden Euro der bereits ausgezahlten Rettungskredite.

Tsipras glaubt an Durchbruch in allerletzter Sekunde
Die Regierung in Athen glaubt nun an einen Durchbruch in allerletzter Sekunde. Die Regierung habe sich Verhandlungen "auf höchster politischer Ebene in Europa" gewünscht, hieß es am Freitag in einer Erklärung von Premier Alexis Tsipras. "Wir arbeiten jetzt daran, dass dieser Gipfel ein Erfolg wird." Diejenigen, die "auf eine Krise und ein Szenario der Angst" setzten, würden eines Besseren belehrt werden. Es werde eine Lösung geben auf der Grundlage des Respekts der Regeln der EU, aber auch der Demokratie.

Meldungen über Kapitalflucht gezielte Fehlinformation?
Diejenigen, die auf Szenarien der Angst setzten, lägen falsch, so Tsipras. Damit spielte er auf den von griechischen Politikern geäußeren Verdacht an, wonach die Warnungen der EZB wegen der dramatischen Kapitalflucht aus Griechenland gezielte Falschmeldungen wären, um den Druck auf Athen zu erhöhen. Allerdings wurden laut der griechischen Zentralbank von Jänner bis Mai dieses Jahres bereits rund 30 Milliarden Euro von griechischen Konten abgehoben.

Notfallpläne für Versorgung mit Treibstoffen
Außerdem laufen im Hintergrund die Vorbereitungen für eine Pleite des Landes. Einem Pressebericht zufolge gibt es mittlerweile sogar Pläne für die einwandfreie Versorgung mit Treibstoffen. Wie die Athener Zeitung "Ta Nea" schrieb, seien Benzin und Diesel für etwa neun Monate vorrätig. In den Depots der griechischen Raffinerien gebe es "strategische Treibstoffmengen" für drei Monate. Hinzu kämen bereits abgeschlossene Importverträge für ein Vierteljahr. Schließlich könne das Land weitere drei Monate überbrücken, indem es Rohöl gegen Öl tausche, berichtete "Ta Nea".

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