Schotte klagte
EGMR: Nackt wandern ist kein Menschenrecht
Stephen Peter Gough hatte im Jahr 2003 beschlossen, nackt von Land's End im äußersten Südwesten Englands bis ins gut 1.340 Kilometer entfernte John O'Groats an der nordwestlichen Spitze von Schottland zu marschieren - was ihm in Großbritannien den Spitznamen "the naked rambler" (der nackte Wanderer) einbrachte.
Er wurde in den Jahren von 2003 bis 2012 immer wieder festgenommen, weil er sich nackt in der Öffentlichkeit zeigte - auf Straßen, Plätzen oder auch Flughäfen. Seine Weigerung, angezogen vor Gericht zu erscheinen, kostete den Schotten außerdem eine Verurteilung wegen Beleidigung des Richters.
Nacktheit als Meinungsäußerung?
Nach jeder Haftentlassung wurde der Mann schnell wieder festgenommen, weil er erneut alle Hüllen fallen ließ. Daher hat er dem Urteil zufolge zwischen Mai 2006 und Oktober 2012 nur rund eine Woche in Freiheit verbracht. Der Schotte wollte mit den hüllenlosen Auftritten nach eigenem Bekunden seine Überzeugung kundtun, dass der menschliche Körper nicht anstößig ist. Vor dem Straßburger Gericht machte er geltend, die britische Justiz habe mit ihren Urteilen gegen sein Recht auf Meinungsfreiheit verstoßen.
Die Straßburger Richter räumten ein, die "öffentliche Nacktheit" des Klägers könne durchaus als eine Art Meinungsäußerung angesehen werden. Der Kläger könne aber nicht für sich selbst Toleranz beanspruchen und sich gleichzeitig über die Gefühle anderer hinwegsetzen, die sein Verhalten als schockierend oder verletzend empfinden könnten. Die nackten Auftritte hätten die Vorschriften über "gute Sitten" verletzt, die in "jeder modernen demokratischen Gesellschaft" gültig seien.
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