SPD-Kandidat

D: Peer Steinbrück tritt im Herbst 2013 gegen Merkel an

Ausland
28.09.2012 15:38
Ex-Finanzminister Peer Steinbrück wird bei der deutschen Bundestagswahl im Herbst 2013 als Kandidat der SPD ins Rennen gehen. Laut Parteichef Sigmar Gabriel werde Steinbrück in einer Sondersitzung des Vorstands am Montag als Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nominiert.

Gabriel betonte, die Macht der Märkte müsse gebändigt werden und ein neues soziales Gleichgewicht in Deutschland erlangt werden. Darum gehe es bei der Wahl im September des kommenden Jahres. "Für dieses Ziel und diese Aufgabe ist Peer Steinbrück der beste Kandidat."

Zuvor hatte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier seinen Verzicht erklärt. Gabriel betonte, er habe dies vor vier Wochen von Steinmeier erfahren. Nachdem der Verzicht Steinmeiers am Freitag öffentlich bekannt wurde, hatte Gabriel kurzerhand einen Termin in München abgesagt und war nach Berlin gereist.

Bei Direktwahl keine Chance gegen Merkel
Peer Steinbrück hätte bei einer Direktwahl derzeit keine Chance gegen Kanzlerin Angela Merkel - das ist das Ergebnis des am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometers. 53 Prozent der Befragten wäre demnach Kanzlerin Angela Merkel lieber, 36 Prozent würden sich für Steinbrück entscheiden.

"Kantig, klug, krisenerprobt"
"Er ist kantig, klug und krisenerprobt. Ist er der nächste Kanzler?" Die Frage steht im Klappentext eines Buches mit dem schlichten Titel "Steinbrück", das am Sonntag in Berlin vorgestellt wird und am Montag erscheint. Es ist in diesem Jahr bereits die dritte Biografie über den Mann, dem gerne auch das Attribut "kanzlerfähig" angeheftet wird. Den SPD-Politiker, der im Jänner 66 Jahre alt wird, scheint die mögliche neue Aufgabe als Merkel-Herausforderer nicht zu schrecken.

Zwar beschreibt der sprachgewaltige Politiker drastisch die Gefahr, die von einer zu frühen Kandidaten-Kür ausgeht: "Der wird an der Wand entlanggezogen, der wird zersägt, wieder zusammengeklebt, wieder auseinandergenommen." Dass in letzter Zeit die Rufe aus der SPD lauter wurden, die Kür vorzuziehen, dürfte ihm dennoch nicht unrecht sein: Der Polit- und Medienprofi genießt die öffentliche Aufmerksamkeit.

Steinbrück in der eigenen Partei umstritten
Die schwierigste Aufgabe dürfte für den gebürtigen Hamburger sein, die eigene Partei - vor allem deren linken Flügel - für sich zu gewinnen. Als er auf dem SPD-Parteitag im Dezember 2011 die von vielen ungeliebte Agenda 2010 pries, wirkte das nicht wie ein Werbeauftritt für die Kanzlerkandidatur. Den "Realitätstest" müssten die SPD-Beschlüsse bestehen, nur darüber gelinge der Weg zurück an die Macht - als Mann für linke Träumereien präsentierte sich Steinbrück nicht.

In Österreich hatten übrigens 2009 Äußerungen Steinbrücks gegen das Bankgeheimnis für Aufsehen gesorgt. In einem Atemzug nannte er Österreich mit Luxemburg, Liechtenstein, Schweiz - und Ougadougou (Hauptstadt von Burkina Faso, Anm.).

Intimus von Helmut Schmidt
Seine politische Karriere startete Steinbrück unter der SPD/FDP-Bundesregierung von Helmut Schmidt, 1978 bis 1981 war er im Kanzleramt im Bereich Forschungspolitik tätig. Die beiden sind noch heute eng verbunden: Das gemeinsame Buch "Zug um Zug" der versierten Schachspieler sorgte 2011 für viel Aufmerksamkeit.

1985 arbeitete der studierte Volkswirt erstmals in der Regierung von Nordrhein-Westfalen, er wurde Büroleiter von SPD-Ministerpräsident Johannes Rau. Ab 1990 folgten Stationen als Staatssekretär und Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein. 1998 vertraute ihm Rau-Nachfolger Wolfgang Clement dann dieses Ressort in Düsseldorf an und leitete damit den rasanten Aufstieg des Hanseaten ein.

Im Februar 2000 wurde Steinbrück nordrhein-westfälischer Finanzminister. Im Herbst 2002 schließlich beerbte er den nach Berlin gewechselten Clement und wurde NRW-Ministerpräsident. Den politischen Tiefpunkt seiner Karriere musste Steinbrück im Mai 2005 hinnehmen: Die damalige NRW-Landtagswahl wurde zur "Schicksalswahl" für die rot-grüne Bundesregierung erklärt. Steinbrück stürzte im Stammland der Sozialdemokraten auf 37,1 Prozent ab, die von Kanzler Gerhard Schröder daraufhin vorgezogene Bundestagswahl vier Monate später ging für die SPD bekanntermaßen ebenfalls verloren.

Bis Oktober 2009 Finanzminister
In der Großen Koalition unter Merkel war Steinbrück bis Oktober 2009 Finanzminister. Er verschrieb sich dem Schuldenabbau und schreckte - zum Leidwesen vieler Genossen - auch vor unpopulären Sparmaßnahmen nicht zurück. In der Finanzkrise 2008 galten beide ob ihres harmonischen Miteinanders vielen gar als "Dreamteam". Doch an diese Zeiten mag Steinbrück - der seit Herbst 2009 nur noch einfacher SPD-Bundestagsabgeordneter ist - heute nicht mehr erinnert werden: Ein erneutes Ministeramt unter einer Kanzlerin Merkel schließt der mögliche SPD-Kandidat kategorisch aus.

Die ersten Reaktionen auf Steinbrücks mögliches Antreten fielen sehr unterschiedlich aus. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, sprach von "Troikadämmerung": "Gabriel kann nicht, Steinmeier will nicht - da blieb nur einer übrig", schrieb der CDU-Politiker im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter. Sein Grünen-Amtskollege Volker Beck twitterte unterdessen: "Hoffe, das ist eine Ente." Eine positives Echo kam aus der FDP. Deren Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki, sagte der "Rheinischen Post": "Steinbrück ist derjenige, mit dem die Liberalen am ehesten reden können."

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