Sucht Verbündete

Cameron will EU-Kommission ohne Juncker als Chef

Ausland
27.05.2014 13:43
Nach der Wahl ist vor der Wahl: Nun beginnt das große Feilschen um den künftigen EU-Kommissionspräsidenten. Die konservative Europäische Volkspartei hat am Sonntag die Europawahl gewonnen und beansprucht den Brüsseler Spitzenposten für ihren Kandidaten Jean-Claude Juncker. Doch unter der Führung des britischen Premiers David Cameron bildet sich eine immer breitere Front gegen die Nominierung Junckers, den Cameron als zu "föderalistisch" und zu wenig "reformorientiert" betrachtet.

Laut einem Bericht der "Financial Times"vom Montag bringt Cameron auch schon mögliche Alternativkandidaten in Stellung. Seiner Meinung nach könnten statt Juncker der irische Premier Enda Kenny, der polnische Regierungschef Donald Tusk oder der finnische Ministerpräsident Jyrki Katainen den Spitzenposten in Brüssel bekommen.

Cameron wünscht sich eine "sympathische Figur"
Cameron wünsche sich mit Blick auf das geplante EU-Austrittsreferendum im Jahr 2017 eine "sympathische Figur" an der Spitze der EU-Kommission statt Juncker, dessen Ansichten eines integrierten Europas rund um die Gemeinschaftswährung Euro nicht im Einklang mit der öffentlichen Meinung stünden. Der luxemburgische Ex-Premier sei daher "völlig inakzeptabel" für London, sagte Cameron laut der "Financial Times" Parteifreunden.

Und er scheint mit seiner Linie nicht allein zu sein in der EU. Cameron sehe Ungarn, Litauen, Irland, Schweden, Slowenien "und möglicherweise Deutschland" als Verbündete gegen eine Nominierung Junckers als EU-Kommissionspräsident, hieß es laut Reuters aus Londoner Regierungskreisen.

Retourkutsche aus Budapest für massive Kritik aus Brüssel
Offen gegen Juncker Stellung bezogen hat bereits der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, der damit dem offiziellen Kandidaten seiner eigenen Parteienfamilie in den Rücken fällt. Orban begründete seine Ablehnung damit, dass Juncker als ehemaliger Premier Luxemburgs wesentlichen Anteil an der kritischen Stimmung innerhalb der EU gegenüber Ungarn gehabt habe. So habe EU-Justizkommissarin Viviane Reding - ebenfalls aus Luxemburg - die "Ungarn in der letzten Zeit nur geschadet". Reding hatte wegen der Beschneidung der Unabhängigkeit der ungarischen Justiz mehrfach Beanstandungen erhoben. Der Außenminister der Juncker-Regierung, Jean Asselborn, wiederum hatte das ungarische Mediengesetz kritisiert.

Juncker: "Ungarisches Argument nicht gerade elegant"
Juncker kommentierte am Montag in Brüssel die Begründung Orbans für die Ablehnung seiner Person als EU-Kommissionspräsident als "nicht gerade elegantes Argument". Juncker betonte gegenüber dem Sender Euronews: "Ich kann nicht akzeptieren, dass die Debatte eines früheren luxemburgischen Ministers mit der ungarischen Regierung als Argument dazu dient, einen anderen Luxemburger vom Posten des Kommissionspräsidenten auszuschließen."

Die Staats- und Regierungschefs der 28 Mitgliedsstaaten kommen am Dienstag in Brüssel zu einem Sondergipfel zusammen, um über die Nominierung des Kommissionspräsidenten zu beraten. Der Europäische Rat entscheidet in dieser Frage mit qualifizierter Mehrheit. Dem Anwärter muss auch das Europäische Parlament mit absoluter Mehrheit zustimmen.

EU-Parlament und Kontrahent Schulz stehen hinter Juncker
Abgesehen von einzelnen "rebellierenden" Delegationen scheint aber das EU-Parlament hinter Juncker zu stehen. Die Fraktionschefs des Europaparlaments beschlossen Dienstagmittag eine Erklärung, in der Juncker als Kandidat der EVP ermächtigt wird, als erster die erforderliche Mehrheit zu finden.

Auch sein bisheriger Widersacher Martin Schulz, der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, stellte sich hinter den luxemburgischen Christdemokraten. "Ich hoffe, dass die EVP Juncker als Kandidaten nominieren und der Rat das respektieren wird", sagte Schulz in Brüssel. Erst wenn der Luxemburger keine Mehrheit für seine Wahl im Parlament finde, werde er selbst sich darum bemühen, Kommissionschef zu werden. Bundeskanzler Werner Faymann sprach sich bereits ebenfalls für Jucker aus.

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