Ruby-Prozess

Berlusconi in zweiter Instanz freigesprochen

Ausland
18.07.2014 14:34
Paukenschlag im sogenannten Ruby-Prozess: Der italienische Ex-Premier Silvio Berlusconi ist am Freitag in zweiter Instanz freigesprochen worden. Das Berufungsgericht in Mailand kippte somit das erstinstanzliche Urteil, mit dem der 77-Jährige im Juni 2013 zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war.

Das dreiköpfige Gerichtskollegium sah es als erwiesen an, dass Berlusconi nicht für Amtsmissbrauch und Sex mit der minderjährigen marokkanischen Nachtklubtänzerin Karima El Marough alias "Ruby Herzensbrecherin" verantwortbar sei. Vier Stunden lang berieten die Richter über das Urteil.

Laut den Richtern habe sich Berlusconi nicht des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht. Er habe während seiner Amtszeit als Premier 2010 nicht seinen Einfluss auf die Polizei genutzt, um die Freilassung der wegen Diebstahls festgenommenen Ruby aus dem Polizeigewahrsam zu erwirken. In Bezug auf den Vorwurf der Prostitution liege keine strafbare Handlung vor, urteilten die Richter.

Anklägern bleibt Gang zum Kassationsgericht
Die Mailänder Staatsanwälte, die 2010 die Ermittlungen gegen Berlusconi im Fall Ruby aufgenommen hatten, können jetzt beim Kassationsgericht in Rom, der dritten und letzten Instanz im italienischen Strafsystem, Berufung gegen den Freispruch einreichen. Mit einem letztinstanzlichen Urteil wäre dann voraussichtlich im kommenden Jahr zu rechnen.

Die Rechtsanwälte und Anhänger von Berlusconi haben seinen Freispruch euphorisch gefeiert. "Dieser Freispruch hat meine rosigsten Erwartungen übertroffen", kommentierte Berlusconis Verteidiger Franco Coppi am Freitag. Der Freispruch sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass Berlusconi das wahre Alter der minderjährigen Ruby, die in seiner Luxusresidenz in Arcore verkehrte, nicht kannte.

Zeugen von Berlusconi bestochen?
Die Staatsanwälte sehen die Lage anders. Berlusconi habe Ruby zur Prostitution "gezwungen". Außerdem hätten mehrere Verteidigungszeugen vor Gericht gelogen, um Berlusconi zu entlasten. Die Ankläger werfen dem Ex-Premier vor, Zeugen für Falschaussagen bezahlt zu haben.

"Endlich die Wahrheit. Schade, dass all die Lügen um Berlusconi die politische Geschichte unseres Landes geändert haben", sagte eine Parlamentarierin der Forza Italia, Daniela Santanche. Alessio Villarosa, Parlamentarier der oppositionellen Fünf-Sterne-Bewegung, kritisierte den Freispruch auf skurrile Art und Weise: "Von sieben Jahren auf Null beim Berufungsprozess. Berlusconi schneidet noch besser ab als Deutschland gegen Brasilien bei der Fußball-WM."

Sozialdienst in Seniorenheim
Im August 2013 war Berlusconi wegen Steuerbetrugs letztinstanzlich zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Daraufhin war er im November aus dem Parlament ausgeschlossen worden. Wegen einer Amnestie wurde die Strafe auf ein Jahr reduziert. Als alternative Strafmaßnahme leistet Berlusconi seit zweieinhalb Monaten einmal wöchentlich Sozialdienst in einem Seniorenheim für Demenzpatienten bei Mailand. Der Medienzar ist Chef der rechtskonservativen Oppositionspartei Forza Italia.

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