Er setzt Clinton zu

Altpolitiker Sanders: Star der jungen Generation

Ausland
13.02.2016 08:44

Der 74-jährige Senator Bernie Sanders kämpft bei den Demokraten um die Kandidatur zur US-Präsidentschaftswahl am 8. November. Nach seinem Sieg bei den Vorwahlen in New Hampshire wurde der "ewige Revoluzzer" über Nacht zum umjubelten Star der Generation der 20- bis 40-jährigen Amerikaner und gleichzeitig zum Albtraum seiner Rivalin Hillary Clinton. Er predigt: "Der amerikanische Traum wurde zum Albtraum."

Sich selbst präsentiert Sanders als "demokratischer Sozialist". Er ist neben dem Republikaner Donald Trump die große Überraschung der Vorwahlen für die nächste Präsidentschaft. Ein Wahlkampf, der zu Beginn als Duell der politischen Mitte mit den "alten" Familien - Clinton/Bush - erwartet worden war.

Als Sohn jüdischer Einwanderer aus Polen aufgewachsen
Bernie Sanders' älterer Bruder Larry, heute Aktivist der Grünen in England, beschrieb die gemeinsame Kindheit der beiden in Brooklyn, New York, wo sie als Söhne jüdischer Einwanderer aus Polen aufwuchsen: "Wir hatten zu essen und haben nie gefroren, aber Geld für Teppiche und Vorhänge gab's keines."

Sanders' Polit-Engagement begann als Student in Chicago. Dort wurde er bei Demonstrationen für die Rechte der Afroamerikaner mehrmals verhaftet. 1963 stand er als einer von 250.000 Demonstranten in Washington, wo Martin Luther King seine berühmte Rede "I Have a Dream" hielt.

"Schon als Kind verstanden, dass Politik wichtig ist"
Auf die Frage, warum er sich so für Politik engagiere, sagte er: "Ein Kerl namens Adolf Hitler hatte einst eine Wahl in Deutschland gewonnen und 50 Millionen Menschen verloren ihr Leben im Zweiten Weltkrieg. Ich habe schon als Kind verstanden, dass Politik wichtig ist!"

Als 39-Jähriger schockte er das politische Establishment in Burlington, Vermont, und gewann mit der hauchdünnen Mehrheit von zehn Stimmen als unabhängiger Kandidat die Bürgermeisterwahl. Dreimal schaffte er die Wiederwahl sowohl gegen Demokraten als auch Republikaner, bis er 1991 in den Kongress und 2006 in den Senat gewählt wurde.

2015 den Demokraten angeschlossen
Erst 2015 schloss er sich den Demokraten an und gab seine - damals von vielen belächelte - Kandidatur für die Präsidentschaftswahl bekannt. Sein Wahlprogramm liest sich wie eine Liste von Parteitagsbeschlüssen der europäischen Sozialdemokraten und Grünen: mehr Steuern für Reiche, höhere Mindestlöhne, freie Krankenversicherung für alle, kostenloses Studium, bessere Sozialleistungen, mehr bezahlten Urlaub, die Zerschlagung der Banken usw.

Sanders spricht trocken und verständlich, ohne das Pathos seiner Konkurrenten. Hier ein paar Beispiele: Clinton vertritt das Establishment, ich das Volk; Bildung ist kein Privileg, sondern ein Recht; Milliardäre verteidigen nicht die Demokratie; kein Konzernchef sollte 400-mal mehr verdienen als seine Arbeiter; wir wählen hier nicht nur einen Präsidenten, wir wollen das Land verändern.

"Lasst uns die Revolution für ein neues Amerika beginnen"
"Lasst uns die Revolution für ein neues Amerika beginnen", schließt er seine Wahlkampfreden. Sanders nahm keinen Dollar von Banken und der Großindustrie und bekam dennoch mehr Wahlkampfspenden als seinerzeit Barack Obama.

Clintons Wahlkampf-Profis irritiert
Irritiert und sprachlos beobachten die Wahlkampf-Profis um Hillary Clinton, wie Sanders ganze Sportstadien füllt oder Konzerthallen, wo sonst nur Rockstars auftreten. In Boston sprach er vor 20.000 begeisterten Anhängern, während Clintons bestbesuchte Veranstaltung 5500 Zuhörer hatte.

Dabei ist der alte Herr nicht einmal ein besonders faszinierender Redner, trägt billige Anzüge, reagiert oft mürrisch und unfreundlich oder nuschelt manchmal fast unverständlich ins Mikrofon. "Er ist einfach nur ehrlich und spricht so, als habe er nichts mehr zu verlieren", beschreibt ihn einer seiner Anhänger.

Sanders punktet bei enttäuschten linksliberalen Wählern
Sanders sammelt gekonnt die von Obama enttäuschten linksliberalen Amerikaner um sich und hat keine Hemmungen, auch offen seine Meinung auszusprechen. Er ist mehr ein Symbol als eine Persönlichkeit, repräsentiert die Frustration und Verbitterung der jungen Generation über ein ungerechtes und unfaires System, das dem Einzelnen ohne finanzielle Mittel und Beziehungsnetz kaum noch eine Zukunft bietet.

An die angebliche Chance für jeden, wohlhabend und reich zu werden, glauben die jungen Amerikaner nicht mehr. Sie wollen vielmehr soziale Sicherheit und eine gerechtere Aufteilung des Vermögens in den USA. Sanders betont immer wieder, dass seine Forderungen in anderen Ländern wie in Kanada und Skandinavien Selbstverständlichkeiten seien und nichts mit links und rechts zu tun hätten.

Auf den Hinweis Hillary Clintons in einer Diskussion, das amerikanische System ermögliche immer noch den Erfolg für jeden, antwortete er: "Der sogenannte amerikanische Traum ist längst zum Albtraum geworden."

Video: Nächste Clinton-Schlappe gegen krassen Außenseiter

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