Terrorgefahr wächst

Al-Kaida und ISIS kämpfen um die Vorherrschaft

Ausland
04.07.2014 13:29
Mit der Ausrufung eines Kalifats durch die Terrorgruppe ISIS hat im Nahen Osten so etwas wie eine Zeitenwende eingesetzt. Größter Verlierer könnte dabei womöglich Al-Kaida werden. Dabei war ISIS ursprünglich eine Untergruppe des Terrornetzwerkes. Doch mittlerweile, so die Einschätzung von Experten, kämpfen beide Gruppen um die Vormachtstellung unter Dschihadisten. Und dieser Wettstreit könnte auch mehr Terroranschläge in westlichen Staaten nach sich ziehen.

"Nach Meinung von Dschihadisten gibt es mit der Errichtung des ISIS-Kalifats keinen Bedarf mehr an Al-Kaida", sagt der Experte für islamistische Bewegungen, Hassan Abu Hanijeh. Der vermeintliche Sieg von ISIS könnte noch weitergehen. Nämlich dann, wenn jene Extremisten, die einst Al-Kaida die Treue schworen, zu ISIS wechseln.

Gründer von ISIS war der für seine Grausamkeit berüchtigte Jordanier Abu Mussab al-Sarkawi. Er wurde 2006 von der US-Armee getötet, hatte zuvor aber noch einen blutigen Konflikt mit den Schiiten initiiert - entgegen den Vorstellungen der obersten Al-Kaida-Führungsebene, die ihn für zu radikal befand. 2010 übernahm dann Abu Bakr al-Bagdadi die Gruppe Sarkawis.

ISIS-Kalifat bietet eine Art Heimatgefühl
Ein Teil ihrer Attraktivität für ausländische Kämpfer rührt daher, dass es ISIS gelang, in Syrien Gebiete unter ihre Herrschaft zu bringen, in der die reisenden internationalen Dschihadisten so etwas wie eine Heimat fanden. Das funktionierte besonders gut vor dem Hintergrund gescheiterter Staaten im Nahen Osten und der Desillusionierung über moderatere Gruppen wie der Muslimbruderschaft.

Experte: "Al-Kaida ist mit ihrem Plan gescheitert"
Al-Kaida, die selbst nie über ein eigenes Staatsgebiet geherrscht hat, ist nun beim Kampf um die Herzen und Köpfe junger Extremisten, die in den Dschihad ziehen wollen, ins Hintertreffen geraten. "Al-Kaida und ihre sogenannten Führer haben eine Gelegenheit nach der anderen gehabt, um den Traum eines jeden Muslims von der Errichtung eines Kalifats zu verwirklichen, aber sie sind gescheitert", sagt Chaled al-Maani, ein jordanischer Unterstützer des Islamischen Staates - mittlerweile nennt sich ISIS nur mehr so, daher liest man auch immer häufiger die Abkürzung IS.

Westliche Beobachter sehen den ideologischen Wettstreit zwischen ISIS und Al-Kaida mit Sorge. Damit wenigstens der Anschein von Legitimität gewahrt bleibt, könnte die Terrororganisation in ihrer Verzweiflung zum großen Schlag ausholen wollen und einen Anschlag ähnlich dem in Madrid 2004 oder 2005 in London planen.

Al-Bagdadi bald entzaubert?
Die größte Gefahr für ISIS stellt momentan aber womöglich die zu schnelle Ausdehnung des eigenen Einflussgebietes dar. Zu viel Selbstüberschätzung könne schnell wieder zu Verlusten von Territorium führen, schreibt der Terrorismusexperte J. M. Berger in seinem Blog auf der Webseite Intelwire.

Jeglicher Gebietsverlust des Kalifats, der nicht von ausländischen Interventionen herrührt - wie etwa US-Luftangriffe -, könnte Al-Bagdadi die führende Position kosten, die er derzeit bei jungen Dschihadisten innehat. Momentan sehen die ihn nämlich nur von Sieg zu Sieg eilen.

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