Künstliche Knappheit

So kurbeln Online-Händler den Verkauf an

Web
01.09.2015 08:37
Wer im Internet auf Textilien-Shopping-Tour geht, muss manchmal starke Nerven haben. Denn auf vielen Websites wird ziemlich Druck gemacht: "Nur noch drei Artikel verfügbar", heißt es dann zum Beispiel. Allzu ernst muss man diese Hinweise allerdings nicht nehmen, wie jetzt Stichproben des NDR-Wirtschafts- und Verbrauchermagazins "Markt" sowie von NDR Info, zeigen. Zahlreiche Artikel, die beim Versandhändler Zalando mit dem Hinweis "3 Artikel verfügbar" ausgewiesen waren, konnte das NDR-Team noch fünf oder sogar zehn Mal bestellen.

Zalando bestreitet das auf Nachfrage auch gar nicht. Eine Sprecherin erklärte der Deutschen Presse-Agentur: Wenn auf der Internetseite angegeben worden sei, dass es nur noch einen oder zwei Artikel gebe, sei dies korrekt gewesen. Mit der Angabe "3 Artikel verfügbar" habe Zalando dagegen dem Kunden lediglich deutlich machen wollen, dass nur noch eine geringe Stückzahl vorhanden sei und er bei Interesse besser nicht allzu lange mit der Bestellung warten dürfe. Schließlich riefen oft Kunden an, die sich beklagten, wenn ein Artikel ausverkauft sei.

Zalando wegen Irreführung abgemahnt
Der Wettbewerbsverband hat Zalando indes eine Abmahnung geschickt - wegen Irreführung des Verbrauchers. "Wir denken, dass eine solche Praxis den Verbraucher zu einer vorschnellen Kaufentscheidung veranlassen kann", meint Rechtsanwältin Sennur Pekpak. Zalando hat nach eigenen Angaben die Daten auf der Website inzwischen korrigiert. Mittlerweile laute der Hinweis: "mehr als 3 Artikel verfügbar".

Kein Grund zu Panikkäufen
Auch bei Hotelportalen sollten sich die Kunden vor Panikkäufen hüten. Denn wenn etwa signalisiert wird, es sei "nur noch 1 Zimmer verfügbar", heißt dies erst einmal nur, dass das Kontingent dieses Reiseportals fast erschöpft ist. Bei anderen Reiseportalen oder beim Hotel selbst können durchaus noch Zimmer zu haben sein.

Und der Hinweis, dass sich gerade eine bestimmte Anzahl anderer Personen das Hotel ansehe, könne erst recht ignoriert werden, meint der Marketing-Experte Thorsten Henning-Thurau von der Universität Münster. Schließlich sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass die anderen genau das gleiche Zimmer zum gleichen Zeitpunkt suchen.

"Mit kundenorientiertem Marketing hat das nichts zu tun"
Henning-Thurau hält das Vorgehen vieler Online-Anbieter zwar für nachvollziehbar - aber auch für riskant. "Das ist kein Ansatz, mit dem man langfristige Geschäftsbeziehungen aufbaut." Denn das sogenannte Hard-Selling sorge beim Verbraucher für Stress und negative Emotionen. "Das kennt man aus alten Verkäuferschulungen. Mit kundenorientiertem Marketing hat das nichts zu tun."

Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU rät Verbrauchern zur Gelassenheit im Umgang mit den marktschreierischen Warnungen: "Als Käufer sollte man cool bleiben und sich nicht nervös machen lassen. Es gibt ja viele Modeanbieter und viele Reiseportale."

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