Potemkin auf Irisch

Nordirland putzt sich für G8-Gipfel mit Fake-Shops auf

Viral
11.06.2013 12:15
Am 17. und 18. Juni findet im nordirischen Städtchen Enniskillen der G8-Gipfel statt. Aus diesem Anlass will sich das in der Krise steckende Land von seiner besten Seite zeigen. Dafür greift die Regierung tief in die Trickkiste und malt und klebt sich die teilweise triste Realität einfach schön – mit behübschten Fake-Geschäften, die geschäftiges Treiben vorgaukeln sollen.

In und rund um den Tagungsort Enniskillen, der 14.000 Einwohner zählenden Hauptstadt der Grafschaft Fermanagh, nahmen sich die Verantwortlich den Krim-Eroberer Fürst Grigori Potemkin zum Vorbild, dessen Vorzeigedörfer für das russische Zarenhaus im 18. Jahrhundert nur aus Kulissen bestanden haben sollen.

Rund zwei Millionen Pfund (umgerechnet 2,4 Millionen Euro) gaben die Behörden aus, um jene Gegend aufzuhübschen, durch welche die wichtigsten Politiker der Welt am Weg zum Tagungsort, dem Luxushotel Lough Erne Golf Resort, anreisen. "Wir wollten Nordirland im bestmöglichen Licht erscheinen lassen", gibt der nordirische Umweltminister Alex Attwood zu.

Fassadenkosmetik für die Staatsmänner
Bei über 100 Gebäuden, die auf dem Weg zum Tagungsort liegen, wurden die heruntergekommenen Fassaden auf Staatskosten frisch gestrichen und Bauruinen hinter Tafeln, auf denen eine blühende Landschaft abgebildet ist, versteckt.

Für die vielen leer stehenden Geschäftslokale, deren Betreiber aufgrund der Wirtschaftskrise pleite gegangen sind, ließ man sich etwas Besonderes einfallen: Ihre Auslagenscheiben wurden einfach mit Folien beklebt, die emsige Betriebsamkeit vorgaukeln. So gibt es in Enniskillen etwa ein "virtuelles" Schuhgeschäft (Bild 4) und das "Café Cellini" (Bilder 5 und 6), bei dem die Gestalter der Folie aber offensichtlich einige Probleme mit der Darstellung der richtigen Perspektive hatten.

Falsche Fleischerei, falsches Büroartikel-Geschäft
Auch in der rund 15 Kilometer entfernten 500-Seelen-Gemeinde Belcoo nahmen die Behörden einiges Geld (die Rede ist von 300.000 Euro) in die Hand, um leer stehende Geschäfte zu behübschen. Die Auslage von Flanagans Fleischerei etwa, deren Besitzer im Vorjahr zusperren musste, scheint bis an die Decke mit Würsten, Steaks und Sonstigem gefüllt (Bild 3) und noch in Betrieb zu sein. Die winzige Apotheke an der Hauptstraße des Ortes, die es schon seit Jahren nicht mehr gibt, wurde mit etwas Farbe und den aufgeklebten Folien in ein kleines Geschäft für Bürobedarf (Bilder 1 und 2) verwandelt.

Die Fassadenkosmetik sorgt bei vielen Bewohnern der Gegend für Kopfschütteln und harsche Kritik - sie hätten es lieber gesehen, wäre das Geld zur Schaffung neuer Jobs verwendet worden.

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