Ausnahmekünstler

Udo Jürgens 80-jährig an Herzversagen gestorben

Musik
21.12.2014 18:06
Schock und Trauer am vierten Adventsonntag: Österreichs Ausnahme-Entertainer Udo Jürgens ist im Alter von 80 Jahren verstorben. Jürgens sei bei einem Spaziergang in Gottlieben im Schweizer Thurgau bewusstlos zusammengebrochen, teilte sein Management mit. Trotz sofortiger Wiederbelebungsmaßnahmen verstarb er um 16.25 Uhr im Kantonsspital Münsterlingen an akutem Herzversagen. Erst vor knapp drei Wochen hatte Jürgens den Auftakt seiner Österreich-Tournee "Mitten im Leben" in der Salzburgarena gefeiert. Im Video sehen Sie seinen Auftritt beim Song Contest 1966, der Österreich den Sieg bescherte.
(Bild: kmm)

"Udos Manager Freddy Burger, Pepe Lienhard und das ganze Management- und Tourneeteam sind geschockt und in großer Trauer", hieß es in dem Statement zu dem tragischen Todesfall. "Nach den gemeinsamen triumphalen Konzerterfolgen der aktuellen Tournee sind alle erschüttert und fassungslos über den unerwarteten und plötzlichen Tod ihres Freundes und großartigen Künstlers. Sie sprechen der Familie und den Angehörigen ihr tief empfundenes Beileid aus."

Internationale Stars ehrten Ausnahme-Entertainer
Udo Jürgens war am 30. September 80 Jahre alt geworden. Sein gefühltes biologisches Alter gab er schmunzelnd mit "vielleicht 51" an, sein 53. Album nannte er "Mitten im Leben", erst vor Kurzem startete er seine 25. Tournee. In der ZDF-Sendung "Udo Jürgens - Mitten im Leben" traten Stars wie Helene Fischer, Christina Stürmer, David Garret, Jose Carreras, Lang Lang, Chris de Burgh, Yvonne Catterfeld, Jamie Cullum oder Otto Waalkes auf. Zahlreiche internationale Stars ehrten den Ausnahmekünstler anlässlich seines 80ers zudem mit einem Tribute-Album.

Udo Jürgen Bockelmann wurde am 30. September 1934 in Klagenfurt geboren. Im elterlichen Schloss Ottmanach in der Gemeinde Magdalensberg nahe Klagenfurt wuchs er auf. Mit zehn Jahren wollte er der Hitlerjugend beitreten, "weil es geheißen hat, die Lehrer dürfen einen dann nicht mehr schlagen". Sein Gastspiel bei der HJ war kurz, der zarte, kränkelnde Bub war den Vorgesetzten nicht männlich genug. Bleibende Erinnerung an diese Zeit hatte er trotzdem, die Ohrfeige eines Jugendschaftsführers bescherte ihm am linken Ohr einen deutlichen Hörverlust.

Steiler Aufstieg
Seine musikalische Laufbahn begann Udo Jürgens als Fünfjähriger mit einer Mundharmonika, drei Jahre später bekam er ein Akkordeon geschenkt. Schon als Zwölfjähriger beschloss er, dass er Musiker werden will, und schrieb sich am Konservatorium in Klagenfurt ein. Anfang der 50er-Jahre trat er dort in diversen Lokalen unter dem Namen "Udo Bolan" auf, die Begeisterung der Zuhörer sei "enden wollend" gewesen, meinte er später. 1950 gewann er bei einem Komponisten-Wettbewerb des Österreichischen Rundfunks unter 300 Einsendungen mit dem Lied "Je t'aime" als jüngster Teilnehmer den 1. Preis. 1959 erzielte er einen ersten Achtungserfolg mit "Jenny".

Schon bald wurden Plattenfirmen und Manager auf das Songwriting-Talent Jürgens' aufmerksam. 1960 komponierte er für Shirley Bassey den Welthit "Reach For The Stars". Matt Monro verkaufte mit der englischen Version von "Warum nur, warum?" ("Walk Away") auf Anhieb 1,5 Millionen Schallplatten. Die deutschsprachige Originalversion wurde ein Nummer-eins-Hit in Frankreich. Jürgens komponierte für Frank Sinatra "If I Never Sing Another Song". Dieser trat den Titel wegen einer Karrierepause an seinen Freund Sammy Davis Jr. ab, der von da an jedes seiner Konzerte mit diesem Lied beendete. Für die englischsprachige Version seines Hits "Buenos Dias Argentina", die Marty Robbins aufgenommen hatte, gewann Jürgens den Country Music Award der ASCAP (American Society of Composers, Authors and Publishers).

Großer Song-Contest-Triumph
Auch Jürgens' Siegeszug als Solo-Künstler in der deutschsprachigen Musiklandschaft begann in den Sechzigern. Nach einigen kleineren Erfolgen fuhr er 1966 als Song-Contest-Sieger nach Hause (siehe Video). "Merci Cherie" machte ihn praktisch über Nacht zum Star - und bis zum Sieg von Conchita Wurst zum einzigen heimischen Gewinner dieses Wettbewerbs.

Der Erfolg stürzte ihn aber auch in eine tiefe Krise. Er trank und rauchte exzessiv, raste stockbetrunken mit 220 km/h über die Autobahn. "Damals war ich dem Tod näher als heute", meinte Jürgens einmal im Rückblick und lieferte gleich eine Erklärung für die Exzesse: "Es ist schwerer, einen gigantischen Erfolg zu verdauen, als mit Misserfolg klarzukommen, denn erfolglos sein ist der ganz normale Wahnsinn eines jungen Künstlers." Auch als Frauenheld machte sich der Schlagerstar einen Namen. Es gab ständig wechselnde Liebschaften, Beziehungsprobleme und schließlich die Scheidung, letztens von seiner langjährigen Frau Corinna.

Hits, Hits, Hits
Sein musikalischer Erfolg war von seinen Eskapaden unberührt, er hatte bis zu seinem Tod an die 100 Millionen Tonträger verkauft. Rund 1.000 Lieder hat Jürgens im Laufe seiner Karriere komponiert. Die Liste seiner Hits scheint unendlich lange, von "Griechischer Wein" über "17 Jahr, blondes Haar", "Aber bitte mit Sahne", bis zu "Es wird Nacht, Senorita" und "Buenos dias, Argentina" reicht die Palette. Dabei blieb er sich selbst bis zum Schluss treu, seine Kompositionen blieben weitgehend unberührt von Trends und Zeitgeist. Der Grundtenor seiner Texte war fast immer sozialkritisch, auch wenn einige seiner Lieder bereits zu Bierzelt-Hymnen mutiert sind. "Als Komponist und Textdichter ist es Udo Jürgens gelungen, unvergessliche Melodien mit mal heiteren, mal nachdenklichen und philosophischen Texten zu vereinen", hieß es im Frühjahr in der Begründung für den Musikautorenpreis des Musikrechteverwerters Gema.

Nicht nur als Musiker, auch als Autor verdiente sich Jürgens seine Sporen. Sein später verfilmter autobiografischer Roman "Der Mann mit dem Fagott" schaffte es auf die Bestsellerlisten. Auch das Udo-Jürgens-Musical "Ich war noch niemals in New York" wurde zum Erfolg.

Doppelstaatsbürger
Seit 1977 lebte Udo Jürgens in Zürich, 2007 nahm er zudem die Schweizer Staatsbürgerschaft an. Seine Heimat Kärnten besuchte er bis zuletzt regelmäßig, auch seines Bruders wegen. Manfred Bockelmann ist Maler, und Udo hat ihm einmal auch ein Lied mit dem schlichten Titel "Mein Bruder ist ein Maler" gewidmet.

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