Schlussplädoyer

Oscar Pistorius für Staatsanwalt “ein Lügner”

Sport
07.08.2014 15:52
Der Mordverdächtige Oscar Pistorius ist für Staatsanwalt Gerrie Nel ein Lügner. "Seine Aussage ging völlig an der Wahrheit vorbei", sagte der Chefankläger am Donnerstag in seinem abschließenden Plädoyer in Pretoria. Der südafrikanische Paralympics-Star habe sich eine ganz eigene Version der Tatnacht zusammengebastelt, betonte Nel, der außerdem feststellte: Er hatte viel Zeit nachzudenken und hat dann im Schlafzimmer entschieden, sich zu bewaffnen. Das heißt, dass er seine Tat geplant hat." Deshalb müsse Pistorius in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen werden.

Nel unterstellte Pistorius in seinem Schlussplädoyer Ängstlichkeit "auf Abruf", um auf dieser Grundlage seine Verteidigung zusammenzuschustern. Die Angaben des Angeklagten wiesen "eklatante Widersprüche" auf. Zu Beginn des Prozesses hatte Pistorius angegeben, Steenkamp für einen Einbrecher gehalten und deshalb geschossen zu haben, im Kreuzverhör sprach er später von einem "schrecklichen Irrtum": Er habe im Affekt gehandelt, als er in rascher Folge die vier Schüsse abgefeuert habe - aber niemanden töten wollen, auch keinen Einbrecher. Eine Psychiaterin hatte dem Sportler eine "intensive Angststörung" bescheinigt.

Nel wiederholte dagegen noch einmal die wesentlichen Vorwürfe, die er bereits während der bisherigen Verhandlung vorgebracht hatte. Demnach hätten Untersuchungen ergeben, dass Steenkamp in der Tatnacht noch gegen ein Uhr morgens etwas gegessen habe. Dies stehe im Widerspruch zur Aussage Pistorius', wonach das Paar früh zu Bett gegangen sei. Auch war Steenkamp zum Zeitpunkt ihres Todes vollständig bekleidet und sie hatte ihr Mobiltelefon mit in die Toilette genommen.

"Er wusste, wo sie stand, weil sie mit ihm sprach"
Weitere Kleidungsstücke waren zusammengelegt in ihrer Tasche gefunden worden. Das deute darauf hin, dass sie gehen wollte, nachdem es zu einem Streit gekommen sei. "Es gibt vier beieinander befindliche Durchschüsse – und der Winkel könnte darauf hinweisen, dass sie alle auf die Toilettenschüssel gerichtet waren. Er wusste, wo sie stand, weil sie mit ihm sprach", sagte Nel. Mit seinen mehrstündigen Ausführungen versuchte er Richterin Thokozile Masipa noch einmal davon zu überzeugen, dass der heute 27-Jährige in der Nacht zum Valentinstag 2013 seine Freundin vorsätzlich erschossen hatte.

Er sei ein unverantwortlicher Waffennarr, der die Gesetze missachte, erklärte Nel weiter. Pistorius starrte mit ernstem Gesicht die meiste Zeit auf den Boden. Während des Prozesses war er mehrmals in Tränen ausgebrochen und hatte sich wiederholt übergeben. Nach Erfolgen bei den Paralympics war Pistorius als erster beinamputierter Sportler der Olympia-Geschichte im Jahr 2012 mit seinen beiden Prothesen bei den Spielen in London gestartet.

Pistorius für Staatsanwalt "ein schrecklicher Zeuge"
"In dem Haus befanden sich nur zwei Menschen. Einer davon wurde getötet", sagte Nel. "Es gab nur einen Überlebenden, und da der sich entschieden hat, auszusagen, hätte man erwarten können, dass er eine ehrliche Version von dem erzählt, was passiert ist." Aber Pistorius habe sich geweigert, die Verantwortung für seine Tat zu übernehmen und habe die Schuld von sich gewiesen. Er sei "ein schrecklicher Zeuge" gewesen - und die Argumente der Verteidigung seien "frei von jeder Wahrheit".

Urteil für Ende August erwartet
Mit den Schlussreden von Staatsanwaltschaft und Verteidigung geht der spektakuläre Prozess gegen den beinamputierten Oscar Pistorius nach Monaten seinem Ende entgegen. Das Urteil wird für Ende August erwartet. Dabei muss sich Masipa vor allem auf Indizien und die Glaubwürdigkeit der Zeugen verlassen. 39 Prozesstage und 36 Zeugenverhöre konnten letztlich nicht klären, was in der Tatnacht in Pistorius' Villa in Pretoria wirklich geschehen war.

Sollte der 27-Jährige wegen vorsätzlichen Mordes verurteilt werden, drohen ihm bis zu 25 Jahre Gefängnis. Lautet das Urteil auf fahrlässige Tötung, könnte er mit einer Bewährungsstrafe davonkommen.

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(Bild: KMM)



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