Brutaler Markt

U19-Star Gucher: “In Italien geht’s zu wie am Flohmarkt”

Fußball
23.07.2010 12:44
Nach der Abreise von David Alaba wird es vor allem an Robert Gucher (im Bild nach der Abfuhr gegen Frankreich) liegen, am Samstag im entscheidenden Gruppen-Match der U19-EM gegen die Niederlande das ÖFB-Heft in die Hand zu nehmen. Im Interview spricht der 19-jährige Steirer unter anderem über die bevorstehende Partie gegen die "Oranjes", seine Erfahrungen auf dem italienischen "Flohmarkt" und seine Tipps für junge Kicker.

Wie ist die teaminterne Aussprache nach dem 0:5-Debakel gegen Frankreich ausgefallen?
Robert Gucher: Wir haben ausgesprochen, was ausgesprochen gehört hat. Bei einem 0:5 kann man nichts mehr schön reden. Jeder war sich bewusst, dass nach 60 Minuten die vier Grundpunkte über Bord geworfen worden sind: Disziplin, Kompaktheit, Aggressivität und Teamgeist. Wir wissen, dass auf diesem Niveau Kleinigkeiten darüber entscheiden, ob man nach zwei Spielen mit sechs Punkten oder wie wir mit null Punkten dasteht. Aber es muss auch erwähnt werden, dass wir unter den Top Acht Europas stehen und gegen absolute Weltklasseleute ebenbürtig und teilweise besser waren.

Wie sehen Sie die Chancen auf einen Sieg gegen die Niederlande, der sicher die Qualifikation für die U20-WM in Kolumbien und vielleicht sogar den Aufstieg ins EM-Halbfinale bedeuten würde?
Gucher: Die Chancen stehen nicht schlecht. Ich sehe uns mindestens auf Augenhöhe mit den Niederländern. Sie sind technisch stark, aber körperlich nicht so robust wie England und Frankreich. Unser großes Ziel ist und bleibt Kolumbien. Denn ansonsten wäre es das letzte Match dieser Mannschaft, sie würde dann auseinander fallen. Das will keiner, deshalb werden wir hundert Prozent für den Sieg und für Österreich geben. Sollte es fürs Halbfinale reichen, müssen wir alle in die Kirche gehen. Nach einem 0:5 wäre es aber vermessen, sich aufs Halbfinale zu konzentrieren. Das wäre eine Draufgabe.

Sie haben sich 2008 gegen ein Engagement beim AC Milan und stattdessen für Frosinone entschieden. Warum?
Gucher: Bei Milan wäre ich für die zweite Mannschaft vorgesehen gewesen. Das hat mich nicht interessiert. Da habe ich lieber den kleineren Verein Frosinone gewählt, da kann ich mich entwickeln. Nach dem ersten Lernjahr habe ich in der zweiten Saison schon in der Kampfmannschaft gespielt. Und schon hat ein Superklub aus der Serie A (FC Genua, Anm.) angeklopft.

Lassen sich zu viele junge Spieler von großen Klubnamen blenden?
Gucher: Ganz sicher. Im Endeffekt unterschreibst du bei Chelsea und bist niemand. Niemand hört von dir, du spielst im Nachwuchs oder in der zweiten Mannschaft. Davon hast du nichts. Entscheidend ist nicht, wo du mit 18 oder 19 Jahren spielst. Sondern, dass du dann mit 23 bis 26 einen Topverein hast und dort in der ersten Mannschaft zum Einsatz kommst. Diesen Tipp sollten die jungen Spieler auf jeden Fall beachten.

Sie gehören zu 50 Prozent Genoa und zu 50 Prozent dem Serie-B-Verein Frosinone. Wie kam es zu dieser Vertragssituation?
Gucher: Genua hat mich zu 50 Prozent gekauft und die Transferrechte. Der Trainer setzt noch nicht auf junge Spieler wie mich, deshalb wurde ich wieder an Frosinone verliehen. Mein Geld bekomme ich von Frosinone. Wenn es kommende Saison bei mir gut läuft, dann wird Genoa die zweiten 50 Prozent zahlen. So etwas ist in Italien üblich.

Ist das nicht auch ein Zeichen für die Brutalität am Spielermarkt, vor allem in Italien?
Gucher: Da wirst du hin und her geschoben wie sie wollen. Wenn der Transfermarkt im Jänner und im Sommer geöffnet hat, dann gibt es diese bestimmten Hotels in Mailand, in denen sich die Spielermanager einmieten. Je bekannter der Manager, umso besser das Hotel. Ein Verein sucht einen Spieler für die Außenbahn und ein Manager sagt: 'Ja, da hab ich einen.' Die Klubs schlagen bei einem Schnäppchen zu und wissen nicht einmal, wie der Spieler ausschaut. Da geht's zu wie am Flohmarkt. Diese Dinge erledigt zum Glück mein Papa für mich, ich konzentriere mich aufs Fußballspielen.

Auch mit Ihrem Ex-Klub GAK haben Sie nicht nur gute Erfahrungen gemacht, warum platzte 2007 der Wechsel zu Aston Villa?
Gucher: Der Vertrag war fix. Meine Koffer waren gepackt, ich hatte die Tickets zu Hause. Plötzlich habe ich in der Zeitung gelesen, dass mein Transfer geplatzt ist. Der GAK hat auf einmal verrückt gespielt, hat sich wegen der Ablöse quergelegt. Da waren beim GAK Vorstandsmitglieder, die nicht sehr viel Ahnung hatten. Ich glaube, das darf man nach drei Konkursen sagen. Aber im Nachhinein bereue ich nicht, dass es Italien statt England geworden ist.

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(Bild: KMM)



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