Nach "Böller-Drama"

Schicker: “Im Kopf ist die Hand noch immer da”

Sport
01.03.2015 17:12
Am 23. November verlor er bei einem "Böller-Drama" die linke Hand: Andreas Schicker ist dabei, mit 28 seine bisher größte Herausforderung zu bewältigen. Im ersten Interview mit "Krone"-Redakteur Peter Linden spricht er über den Unfall, die erste Zeit danach und über seine Wünsche für die Zukunft.

Von Sonntag 21 Uhr bis Samstag 12 Uhr im Rehazentrum Tobelsbad, täglich acht Stunden Training. Die Welt des Andreas Schicker im schwersten Kampf seines Lebens. Am Sonntag musste er erst um 23 Uhr zurück sein. Wegen des "Krone"-Interviews und jenem bei "Sky" danach. Er wollte nur keine weinerliche Geschichte über sich - wie konnte das in der verhängnisvollen Nacht in Bruck/Mur passieren?

Andreas Schicker: Eine saublöde Sache. Ich war in meiner Geburtsstadt unterwegs. Am Silvester zuvor kaufte ich in Ried ein Feuerwerk, statt des Retourgelds gab mir der Händler einen Böller. Von dem ich nicht wusste, das er in Österreich nicht zugelassen ist. Irgendwie ist er an dem Abend in die Stadt gekommen. Ich hielt ihn in der linken Hand, zündete ihn mit rechts an. Eine riesige Stichflamme, ein Knall, Blut. Ich wollte gegenüber zur Polizei, als Linkshänder mit links anläuten. Da merkte ich zum ersten Mal, dass die linke Hand nicht mehr da ist. Wenig später sagte ich meinem Cousin: Nichts wird mehr so, wie es bisher war.

"Krone": Anfangs wurde vermutet, Sie glaubten, einen Bengalen in Händen zu halten.
Schicker: Nein ich wusste schon, dass es ein Böller war. Nur nicht, welche Wirkung der hat. Ich muss mir auch die Frage gefallen lassen, warum ein Profi um diese Zeit noch unterwegs war. Ich weiß, es war eine Scheißaktion, für die ich die Rechnung präsentiert bekommen habe. Zum Glück ist kein anderer verletzt worden, auch nicht mein Freund. Die Versorgung danach war super, da muss ich mich bei allen  bedanken. Bei der Notärztin, die mich nach Graz in die plastische Chirurgie bringen ließ, für die Rettung der rechten Hand in einer zehnstündigen Operation. Seit 16. Dezember bin ich in Tobelbad, wo sich auch ein Orthopädie-Techniker perfekt um mich kümmert. Ich musste alles neu lernen, auch mit rechts schreiben.

Wann kam der Gedanke, ein Comeback als Fußballer zu versuchen?
Schicker: Die ersten Tage, in denen der rechte Daumen noch als großes Fragezeichen galt, waren sehr hart. Zum Glück schlief meine Freundin bei mir im Spital, waren die Eltern da. Irgendwann kam der Mut zurück. Als der Daumen gerettet war, ich am ersten Tag die Prothese, die ich links bekam, mit Muskelimpulsen steuern konnte. Das Jahr 2015 widme ich nur meiner rechten Hand, in der ich schon wieder Kraft habe.

Sie klingen zuversichtlich.
Schicker: Man braucht Ziele. Ich bekomme eine Prothese für das Leben und eine für den Fußball, falls es klappt. Mehr als Schutz für den Stumpf. Fünfmal pro Woche Lauftraining, Koordinationsübungen, einiges mit dem Ball tun. Jetzt alles kein Problem. Die Frage wird sein, was passiert bei Zweikämpfen, wenn ich auf die Prothese falle. Ich hab keine Phantomschmerzen, sondern ein Phantomgefühl. Ich spüre noch jeden Finger. In meinem Kopf ist die Hand noch immer da.

Letztes Spiel für Ried im Mai 2014, wann das nächste in der Meisterschaft?
Schicker: Da hab ich keinen Stress. Die Welt muss weiter gehen, auch wenn's nicht gelingt.

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(Bild: KMM)



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