Action-Rollenspiel

Mittelmaß am Mars: “The Technomancer” im Test

Spiele
23.07.2016 09:00

Das französische Spielestudio Spiders schickt Spieler in seinem neuen Action-Rollenspiel "The Technomancer" als Blitze verschießende Elektro-Helden auf den Mars. Auf den ersten Blick erinnert das Game an Bioware-Hits wie "Mass Effect" oder "Knights of the old Republic", im Test zeigte sich jedoch: An die Klasse dieser Kult-Games kommt "The Technomancer" nicht heran.

Der Mars: Zu diesem Planeten hat das Studio Spiders bereits seit dem 2013 erschienenen "Mars: War Logs" ein Naheverhältnis, mit "The Technomancer" haben die Franzosen nun ein zweites RPG am Roten Planeten angesiedelt.

Die Spielwelt ist die gleiche: Ein vom Menschen besiedelter Mars, auf dem große Konzerne um die Vorherrschaft und das wenige verfügbare Wasser kämpfen und sich das Leben unter Metallkuppeln abspielt. Wer nicht dort lebt, fristet sein Dasein als verstrahlter Mutant auf der Oberfläche.

Blitz-Held Zachariah zwischen den Fronten
Inmitten dieser kargen Cyberpunk-Welt, in der Rebellen und Geheimpolizei sich gegenseitig in Schach halten, erwacht der Spieler in Gestalt des Helden Zachariah, der zu Spielbeginn am Ende seiner Ausbildung zum "Technomancer" steht. Diese Blitze verschießenden Soldaten stehen an der Spitze der Mars-Nahrungskette, allerdings gerät der junge Technomancer prompt in ein Komplott der Geheimpolizei und findet sich zwischen den Fronten wieder.

Was folgt, ist eine vorhersehbare, aber durchaus komplexe Geschichte über Verrat und schwere Entscheidungen, die erzählerisch allerdings nicht die Qualität von Genregrößen à la "Mass Effect" erreicht.

Die Dialoge - oft hat man die Wahl zwischen verschiedenen Antwortmöglichkeiten - sind nicht sehr mitreißend geschrieben, die starre Charaktermimik, austauschbare Charaktere und der emotionslose Sprecher tun ihr Übriges dazu, dass die Geschichte nur bedingt fesselt. Erzählerisch merkt man dem Spiel an, dass hier kein allzu großes Budget vorhanden war.

Atmosphärische Spielwelt, mäßiges Spieldesign
Das ist schade, die Spielwelt selbst ist nämlich ausgesprochen atmosphärisch. Die düsteren Metallkuppeln des Mars, unter denen sich immer wieder Lichtblicke wie bunte Märkte oder futuristische Städte auftun, bieten in ihrer Trostlosigkeit doch auch einiges an Abwechslung. Und auch im Mars-Umland mit seinen Dungeons und teils gigantischen Monstern tut sich einiges.

Nach einigen Spielstunden stellt sich dennoch Tristesse ein - primär wegen des Spieldesigns. "The Technomancer" neigt nämlich dazu, den Spieler in seinen sich oft ähnelnden Quests auf endlose Wanderungen quer durch die weitläufige Spielwelt zu schicken. Besorge Objekt A, eskortiere Charakter B - die Aufgaben sind dabei selten besonders einfallsreich. Dafür sind die Gegner, auf die man trifft, durchaus knackig - und zwar nicht nur die Bosse, sondern auch das Kanonenfutter.

Das kann man schätzen, muss man aber nicht - zumal es nach einigen Stunden schlicht nervt, wenn man einerseits lange Wanderungen hinter sich bringen und andererseits selbst am normalen Schwierigkeitsgrad unverhältnismäßig starkes und laufend neu spawnendes Kanonenfutter um die Ecke bringen muss.

Fähigkeiten machen sich zu wenig bemerkbar
Da helfen auch die Fähigkeiten des Technomancers nicht viel: Er kann als Schurke, robuster Tank oder Zweihand-Krieger gespielt und mit allerlei Blitzschlag-Kräften aufgemotzt werden, wirklich mächtig wird er verglichen mit dem ordinären Gegnerfutter aber nie. Da mutet es fast lächerlich an, dass man als Technomancer zwar mit einer Pistole ausgestattet ist, diese aber nur selten nutzt und meist im Nahkampf durch die Gegner wirbelt, die währenddessen freilich sehr wohl schießen.

Besser als das Skillsystem hat uns im Test das Crafting gefallen: Im Spielverlauf darf Zachariah seine Waffen und Ausrüstung verbessern und erlangt so beispielsweise eine höhere Chance für kritische Treffer oder höheren Schaden. Auch das Moralsystem ist durchaus gelungen und weckt Erinnerungen an Genreklassiker à la "Knights of the old Republic". Es sorgt dafür, dass die eigene Spielweise Einfluss darauf hat, welchen Ruf der Charakter hat und wie andere auf ihn reagieren.

Die Steuerung wurde ebenfalls solide umgesetzt: Sie sollte RPG-Kenner vor keine Probleme stellen. Im Ansatz ebenfalls gut gelungen: Wer mag, kann wie in Bioware-Games die Beziehung zu seinen Begleitern vertiefen, sogar Romanzen eingehen. Nur, dass das wegen der platten Charaktere wenig reizvoll ist.

Altbackene Optik, schwache KI, Mini-Untertitel
Doch über die offenkundigen Schwächen von "The Technomancer" täuscht auch das nicht hinweg. Das Game kämpft durchgehend damit, dass es offenkundig recht billig produziert werden musste. Die Grafik wirkt altbacken, was man insbesondere bei Betrachtung von Charakteren (und ihren Gesichtern) und den Animationen bemerkt.

Die künstliche Intelligenz der Vasallen, die den Technomancer auf seinem Weg begleiten, ist überschaubar. Und bei der Vertonung hinterlässt die mittelprächtige Synchronisierung einen schalen Beigeschmack - wohlgemerkt die englische. Eine deutsche Sprachausgabe gibt es nicht, nur selbst am 55-Zoll-TV viel zu kleine deutsche Untertitel.

Fazit: "The Technomancer" hätte mit seiner atmosphärischen Mars-Spielwelt und den coolen Elektro-Kräften des Helden durchaus Potenzial für ein gutes Rollenspiel. Leider macht Spiders die Umsetzung einen Strich durch die Rechnung: Die Reise des Technomancers ist grafisch, erzählerisch, akustisch und spielerisch - wohl auch durch das geringe Budget - nur Mittelmaß. Das Game könnte Genre-Fans ansprechen, ein großer Wurf ist es aber nicht geworden.

Plattform: PC, PS4 (getestet), Xbox One
Publisher: Focus Home Interactive

krone.at-Wertung: 6/10

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