"Bart-Krieg"-Prozess

Urteil in den USA: Amische begingen “Hassverbrechen”

Ausland
21.09.2012 07:27
Urteil im US-amerikanischen "Bart-Krieg": Die gewaltsamen Zwangsrasuren in einer Amischen-Religionsgemeinschaft werden juristische Folgen für die Täter haben. Ein Gericht im Bundesstaat Ohio befand am Donnerstag den Anführer einer Splittergruppe der Glaubensgemeinschaft, Bischof Samuel Mullet, eines Hassverbrechens schuldig. Auch 15 seiner Anhänger, die in die Bartattacken verwickelt waren, sprach die Jury schuldig.

Die Angeklagten wurden außerdem dem Tatbestand der Verschwörung für schuldig befunden. Dem Urteil waren vier Tage intensiver Beratungen der Jury vorausgegangen. Nach US-Bundesrecht können aus Hass auf Minderheiten begangene Verbrechen dem Nachrichtensender CNN zufolge in bestimmten Fällen sogar mit lebenslanger Haft bestraft werden. Das Strafmaß soll allerdings erst kommenden Jänner bekannt gegeben werden.

Bischof führte "Terrorkampagne" gegen Abweichler
Hauptangeklagter war der Amischen-Bischof Sam Mullet, der seine Gemeinde mit eiserner Faust regiert und seine Gefolgsleute zu den Taten angestiftet haben soll. Die Staatsanwaltschaft hatte dem 66-jährigen Samuel Mullet vorgeworfen, gegen Abweichler und religiöse Gegenspieler unter den Amischen im vergangenen Herbst eine "Terrorkampagne" gestartet zu haben.

Staatsanwalt: "Wie Tiere geschoren"
Bei fünf Gelegenheiten sollen seine Anhänger ihre Opfer in der Nacht aus dem Schlaf gerissen und brutal Haare und Bärte abgeschnitten haben. Staatsanwalt Steven Dettelbach sagte, die Angeklagten hätten die Opfer körperlich angegriffen und "fast wie Tiere geschoren". Mehrere Opfer wurden dabei auch mit Scheren verletzt. Bei den Amischen gilt der Bart als Ausdruck von Männlichkeit, Würde und Frömmigkeit. Nach der Eheschließung darf der Bart nicht mehr geschnitten werden - das Abschneiden wird als Erniedrigung empfunden.

Schuldsprüche für religiös motiviertes Hassverbrechen
Um eine Verurteilung wegen Hassverbrechen zu erreichen, musste die Staatsanwaltschaft beweisen, dass die Bartattacken religiös motiviert waren und damit mehr als nur eine einfache Körperverletzung darstellen. Die Geschworenen folgten dieser Argumentation. Der Bischof selbst wurde schuldig gesprochen, die Angriffe angeordnet zu haben, nicht jedoch, daran teilgenommen zu haben. Unter den Tatbeteiligten sind drei seiner Söhne (Bild).

Angriffe schockierten Glaubensgemeinschaft
Die Angriffe hatten die pazifistischen Amischen schockiert, denen jede Form von Rache verboten ist. Die Amischen sind Angehörige einer Täufergemeinschaft, die im 18. und 19. Jahrhundert vor allem aus Deutschland, der Schweiz und dem Elsass in die USA auswanderte. Die Gemeinschaft zählt rund 260.000 Mitglieder, die meisten von ihnen leben in Pennsylvania und Ohio. Sie sind bekannt dafür, dass sie die meisten Aspekte des modernen Lebens wie Autos oder Telefone ablehnen und zumeist ein einfaches, bäuerliches Leben führen.

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