Orte des Glaubens

Geheimnisvolles Äthiopien: Auf Gottes Wegen

Reisen & Urlaub
29.03.2016 13:16

Äthiopien, das Land christlicher Hochkultur, blickt auf eine mehr als 3000 Jahre alte Geschichte zurück. Geheimnisvolle Orte des Glaubens prägen es bis heute.

"Tena Jistilign!" Willkommen in einem faszinierenden Land am Horn von Afrika, das mit dem Glauben tief verwurzelt ist und sich auf den biblischen König Salomon beruft. Weder Kolonialmächte noch die Moderne konnten es erobern. Schritttempo bestimmt den Lebensrhythmus. Das wird augenscheinlich, als wir - unterwegs in einem Kleinbus - statt auf Autos vor allem auf Fußgänger treffen. Frauen in farbenfrohen Gewändern - Babys, Brennholz oder Sonstiges huckepack genommen -, Hirtenjungen an der Seite von Ziegenherden oder Männer neben Maultieren, bepackt mit vollen Säcken, marschieren entlang der Straßen. Frühmorgens brechen sie in ihren entlegenen Hütten auf, um in weit entfernten Siedlungen Waren und Kunsthandwerk zu verkaufen.

PS-Stärke ist Luxus. "570.000 Pkws und Lkws gibt es in Äthiopien", merkt Reisebegleiter Getnet Mulugeta an: "Bei geschätzten 90 Millionen Einwohnern in einem Gebiet so groß wie Frankreich und Spanien zusammen ist das wenig." Dafür ist der Vielvölkerstaat reich an Kulturen, Sprachen und Traditionen. Getnet lehrt uns zudem, dass ein einsamer prächtiger Feigenbaum am Wegesrand nicht bloß ein Baum ist: "In seinem Schatten finden Versammlungen statt. Gibt es etwa Streit unter Bauern wegen Ackergrenzen, hocken alle zusammen und der Älteste des Dorfes fällt eine weise Entscheidung."

Königin von Saba
Als Geburtsstätte der äthiopischen Zivilisation gilt Axum, auf 2000 bis 3000 Meter in der Region Tigray gelegen. Errichtet am Schnittpunkt zwischen antiken Mittelmeermetropolen, Ägypten und Indien, entwickelte sich die Stadt schon früh zum blühenden Handelszentrum. Eng verbunden mit seiner Geschichte ist die sagenumwobene Königin von Saba. Hinweise auf ihre Reise an den Hof des Königs Salomon in Jerusalem finden sich bereits im Alten Testament, ebenso im Koran. Dort soll sie sich auf eine Liaison mit dem glanzvollen Herrscher eingelassen haben, der ein Spross entsprang. Nach der Rückkehr in ihre Heimat brachte die Königin den gemeinsamen Sohn Menelik zur Welt. Als späterer König soll er jene Dynastie begründet haben, die sich fast 3000 Jahre an der Macht hielt. Ihr letzter Regent, der sich selbst als 225. Nachfolger Salomons bezeichnet hat, war Haile Selassie. Lange Zeit verehrt, verlor der "König der Könige" letztlich die Gunst des Volkes. 1974 wurde er von seinem Thron gestoßen. Überreste des Palastes der Königin von Saba lassen sich in Axum noch besichtigen. Ob es die märchenhafte Herrscherin tatsächlich gegeben hat, bleibt allerdings fraglich. Getnet hat dazu die äthiopische Erklärung: "Die Geschichtsschreibung lässt vieles offen. Wir vertrauen auf die Überlieferung unserer Vorväter, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde."

Zur Blütezeit des christlichen Glaubens in Äthiopien im 12. und 13. Jahrhundert entstand ein sakrales Denkmal, das an Strahlkraft seinesgleichen sucht - die Felsenkirchen von Lalibela. Auf königliches Geheiß wurden elf monolithische Gotteshäuser mit einer Höhe von bis zu zehn Metern in die rote Basaltlava gemeißelt. Ein Labyrinth aus Tunneln, Korridoren und Brücken verbindet dieses "Werk der Engel", die der Überlieferung zufolge kräftig mitgeholfen haben. Jede Kirche ist architektonisch an eine andere Epoche angelehnt - vom griechischen Tempel bis zum axumitischen Palast. Die Baujuwele, 1978 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, sollen das "Neue Jerusalem" darstellen, samt Jordan-Fluss und Kreuz als Sinnbild für die Taufe Jesu. Prunkstück der Anlage, die auf den Zagwe-König Lalibela zurückgeht, ist Bete Giorgis, die Georgskirche, mit ihrem Grundriss in Form eines Tempelkreuzes. "Sie symbolisiert die Arche Noah. Deshalb hat nur das oberste der drei Stockwerke Fensteröffnungen, damit kein Wasser eindringen kann", verrät der Guide. Unweit von Lalibela lädt die Höhlenkirche von St. Yimrhane Kirstos zu einem Ausflug ein. Aus Holz und Marmor erbaut, steht sie in einer aus Menschenhand geformten Grotte. Weil Diamanten ihre Decke zieren, patrouilliert ein freundlicher Herr mit einer Kalaschnikow vor der Kirche. Schlicht, doch nicht minder bemerkenswert wirken die abgeschiedenen Klöster auf den Inseln des Tana-Sees.

Am Fuße der Simien-Berge breitet sich Gondar aus, berühmt für die mittelalterlichen Schlösser im Palastbezirk von König Fasilidas. Jedes Jahr im Jänner wird die Stadt zur Pilgerstätte für Tausende Gläubige, wenn das Timkat-Fest im mystischen Bad von Fasilidas und damit die Taufe von Jesu Christi gefeiert wird. Von Gondar geht es aufs "Dach Afrikas". Auf der Fahrt durch das zerklüftete Hochland des Nordens ziehen imposante Landschaften an uns vorbei. Das Ziel: der Simien-Nationalpark, errichtet mit österreichischer Unterstützung. Das Schutzgebiet ist Heimat der Gelada-Paviane (re. u.). 16.000 der seltenen Primatenart treiben sich in der wilden Natur herum. Vor Besuchern zeigen sie keine allzu große Scheu.

Fröhliche Kinder
Ständige Begleiter auf unserer Tour sind fröhliche Kinder. Sogar im Nirgendwo. Sobald unser Bus für eine Rast an gottverlassenen Plätzen hält, tauchen sie neugierig aus dem Nichts auf. Oft fragen die kleinen "Wegelagerer" nach ein paar Birr, wie die Landeswährung heißt.

Genauso heiß begehrt sind Kulis. Buben, die allzu keck um eine Gabe bitten und dafür sogar den Unterricht schwänzen, redet unser Guide jedoch ins Gewissen: "Geht in die Schule, um zu lernen!" Die Worte auf Amharisch verstehen wir zwar nicht, erkennen aber gleich, die gut gemeinte Moralpredigt verfehlt ihre Wirkung nicht. Ernste Gesichter! "Bildung ist das Um und Auf", weiß Getnet aus eigener Erfahrung. Ein um sein Wohlergehen besorgter Onkel hatte seinen Vater angezeigt, weil dieser ihn nicht zur Schule gehen ließ. "Zwei Wochen lang saß mein Vater deswegen im Gefängnis", erzählt er. Der Onkel übernahm nach dem Familieneklat seine Erziehung. Heute spricht der 23-Jährige fließend Deutsch und hat im Fremdenverkehr, der gemächlich Fahrt aufnimmt, einen guten Job. Keine Selbstverständlichkeit in einem Land, in dem 80 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft leben und immer wieder bittere Hungersnöte herrschen.

Eines der größten Geheimnisse der Religionsgeschichte, das streng gehütet wird, ließ sich auf unserer Reise freilich nicht lüften: In der Kirche der heiligen Maria von Zion in Axum soll sich die Bundeslade befinden. Über Jahrhunderte hinweg suchten Forscher und Abenteurer nach ihr, sogar Filmheld Indiana Jones als "Jäger des verlorenen Schatzes". Laut Bibel birgt die vergoldete Truhe aus Akazienholz die zwei Steintafeln mit den zehn Geboten, die Moses von Gott auf dem Berg Sinai empfangen hat. Über ihre Existenz und ihren Verbleib ranken sich viele Legenden. "Die echte Bundeslade ist hier. Über Umwege kam sie im zehnten Jahrhundert vor Christus mit der Königin von Saba nach Äthiopien", sagt Getnet. Für ihn und seine Landsleute - mehrheitlich orthodoxe Christen - besteht kein Zweifel, wenngleich dieses Heiligtum des alten Israel keiner sehen darf. Nicht einmal einst die Kaiser durften das. Nur ein Mönch hat Zugang zur Lade. Sein ganzes Leben lang wacht er in einer kleinen Kapelle darüber - bis zu seinem Tod. Danach nimmt der nächste auserwählte Priester seinen ehrwürdigen Platz ein.

Trotz Problemen im Land: Das verlorene Paradies zwischen Himmel und Erde, wie Poeten Äthiopien nennen, zeigt seinen Gästen stets, dass der Glaube Berge versetzen kann

INFO
ANGEBOT: Rundreise Äthiopien "Zu den Kunstschätzen am Blauen Nil", Addis Abeba-Gondar-Simien Berge-Axum-Lalibela 10-Tage-Reise um € 2395,- Einzelzimmerzuschlag: € 280,-.

TERMINE: 19.10.-28.10., 16.11.-25.11.2016/06.1.-15.1., 3.2.-12.2.2017. Inkl. 3* bis 4* Hotel, Halbpension, Inlandsflüge, alle Ausflüge, Fahrten, Eintritte und deutschsprachige Reiseleitung Reiseleitung ab/bis Wien.
Infos und Buchungen: 01/313 75-82, buze@raiffeisen-reisen.at, www.raiffeisen-reisen.at

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