"Krone"-Interview

Ministerin Oberhauser: “Frauen müssen lästig sein”

Österreich
23.06.2016 16:55

Anfang Juli übernimmt Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser auch die Frauenagenden. Im "Krone"-Interview spricht die SPÖ-Politikerin über die Frauenquote, das Image von Feministinnen, den Frauenhass im Internet und über die Bundeshymne.

"Krone": Frauen waren noch nie so gut ausgebildet wie heute, dennoch ist das am Arbeitsmarkt einfach nicht sichtbar. Wie wollen Sie vermehrt Frauen in Spitzenpositionen bringen?
Sabine Oberhauser: Da gibt es auf beiden Seiten viel zu tun. Einerseits müssen wir Frauen motivieren, sie müssen sich mehr zutrauen und dürfen sich nicht fürchten. Es müssen aber auch die Einkommensberichte lesbarer gemacht werden. Oft sind es kleine Dinge, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern, etwa dass Sitzungen nicht nach 17 Uhr beginnen.

"Krone": Ist die Frauenquote notwendig?
Oberhauser: Ja, absolut. Solange die Situation so ist, wie sie ist. Lieber hätte ich natürlich eine Männerquote (lacht).

"Krone": Auch in der SPÖ existiert halbe-halbe nicht. Von 52 Abgeordneten im Parlament sind nur 19 weiblich.
Oberhauser: Ja, das stimmt. Wir werden auch in der SPÖ Druck machen. Das wird ein harter Kampf.

"Krone": In letzter Zeit nimmt der Frauenhass mit Postings aus der untersten Schublade im Internet zu. Was können Sie dagegen unternehmen?
Oberhauser: Der Respekt gegenüber Frauen lässt nach, es ist salonfähig geworden, Frauen nicht für voll zu nehmen. Damit, und mit den Gewaltaufrufen, muss man die Leute konfrontieren. Das muss man aufzeigen. Möglich wäre eine eigene Meldestelle im Netz. Ich werde mich dazu mit dem Justizminister in Verbindung setzen.

"Krone": Kritiker werfen Frauenpolitikerinnen stets vor, dass sich die Diskussion nur ums Gendern, das Binnen-I und die Bundeshymne dreht. Wie stehen Sie dazu?
Oberhauser: Angesichts des Arbeitsmarktes ist das sicher nicht unser größtes Problem und nicht die Hauptgeschichte. Aber Worte und Sprache machen viel aus.

"Krone": Generell ist das Image von Feministinnen nicht das beste. Humorfrei ist oft noch die netteste Beschreibung.
Oberhauser: Frauen müssen lästig sein. Ich habe aber nicht vor, dabei verhärmt und verbiestert zu sein. Ich werde mir mein Lachen und mein freundliches Gesicht nicht verderben lassen.

Kommentar: Erfrischend unverkrampft
Sie bezeichnet sich selbst als Quotenfrau, und hat kein Problem damit. Hartnäckig in der Sache, aber nicht verbissen, konsequent, aber nicht mit dem automatischen Beißreflex. So gab sich die neue Frauenministerin Sabine Oberhauser beim "Krone"-Interview. Und sie erkennt die wirklichen Probleme und Missstände. Die lauten nämlich nicht, alte oder neue Version der Bundeshymne oder alles in blindem Gehorsam zu gendern, bis nur noch ein unübersichtliches Buchstaben-Wirrwarr übrig bleibt. Dass eine Frauenministerin zugibt, dass diesen Punkten beim Kampf der Frauen für Gleichberechtigung zu viel Platz eingeräumt wird, ist ein erfrischend unverkrampfter Zugang zu dem Thema.

Sabine Oberhauser berichtet auch von einer Diskussion über die umstrittene Quote, bei der sie den Männern gratuliert hatte - dazu, dass sie so viele Frauen "zugelassen" hatten. Damit war - im positiven Sinn - die Luft draußen und die Anspannung verflogen. So kann es funktionieren. Und zu tun gibt es noch sehr, sehr viel. Denn erst wenn es tatsächlich eine völlige Gleichberechtigung, Chancengleichheit sowie gleichen Lohn für die gleiche Arbeit gibt und halbe-halbe endlich selbstverständlich ist, brauchen wir kein Frauenministerium, keinen Frauentag und auch keine Quote mehr.

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