Nach Amokfahrt

Mikl-Leitner will Pflicht-Beratung für Gewalttäter

Österreich
23.06.2015 08:45
Nach der Amokfahrt eines 26-Jährigen in der Grazer Innenstadt, die drei Menschen das Leben gekostet hat, will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nun eine verpflichtende Rechtsberatung für Weggewiesene im Sicherheitspolizeigesetz implementieren. Sie wolle zu diesem Thema mit dem Koalitionspartner SPÖ in Gespräche eintreten, erklärte die Innenministerin.

"Derzeit ist Folgendes ein Faktum: Wenn über einen Gewalttäter ein Betretungsverbot verhängt wird, kann er freiwillig mit Polizisten ein Rechtsgespräch führen", erläuterte die Ressortchefin am Dienstag. Dieses Angebot gebe es seit 2011, dafür seien 500 Beamte speziell geschult worden. In der Regel finde ein solches Gespräch ein bis drei Tage nach der Verhängung des Betretungsverbotes statt, "wenn eine gewisse Cool-down-Phase bereits eingetreten ist", so Mikl-Leitner. "Dieses freiwillige Angebot soll nun verpflichtend im Sicherheitspolizeigesetz (SPG) verankert werden."

Die Ministerin ging nicht davon aus, dass durch diese Veränderung Mehrkosten entstehen. "Das Personal dafür haben wir ja bereits." Mikl-Leitner zufolge sollten die 500 Beamten dafür ausreichend sein, bei rund 7.600 Wegweisungen bundesweit im Jahr 2014 und 755 in der Steiermark. Der Vorteil der verpflichtenden Rechtsberatung liege darin, dass man Gefährder, die nicht von selbst kommen, in Polizeiinspektionen vorladen könne. Die Ministerin verwies darauf, dass man mit ähnlichen im SPG verankerten Regelungen etwa bei Hooligans sehr gute Erfahrungen gemacht habe.

"Präventiver Schutz von Opfern"
Bei der psychologischen Betreuung von Gewalttätern will Mikl-Leitner eine Expertenrunde aus dem Innen-, dem Frauen-, dem Justiz-, dem Sozial- und dem Familienministerium an einen Runden Tisch holen. Dabei soll diskutiert werden, welche Maßnahmen man hier ergreifen könne. Die Ressortchefin verwies darauf, dass solche Maßnahmen auch im Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt vorgesehen seien. In den Gewaltschutzzentren habe man mit psychologischer Betreuung sehr gute Erfahrungen gemacht, solche Maßnahmen müssten auch national einheitlich ergriffen werden.

Mikl-Leitner sagte, dass es hier um eine Querschnittsmaterie mehrerer Ressorts und vor allem "um den präventiven Schutz von Opfern" gehe. In diesem Sinn ging sie davon aus, dass bei einer Ausweitung des psychologischen Betreuungsangebots auch eine ressortübergreifende Finanzierung diskutiert werden könne.

Auch der 26-Jährige, der drei Menschen getötet und weitere 36 verletzt hatte, war Ende Mai von seiner Familie weggewiesen worden. Zu den Ermittlungen sagte die Innenministerin: "Unsere Aufgabe ist, dass wir Fakten sammeln und uns nicht an Spekulationen beteiligen." Die Federführung der Ermittlungen liege beim Landeskriminalamt in Graz in Abstimmung mit dem Landesamt für Verfassungsschutz.

Positive Signale seitens der Regierung
Aus der übrigen Regierung kamen positive Signale zu Mikl-Leitners Vorstoß, der auch Thema in der Regierungssitzung am Dienstag war. Bundeskanzler Werner Faymann sagte danach, man müsse "die unfassbare Amokfahrt natürlich auch zum Anlass nehmen, zu fragen, wie kann man in der Gewaltprävention Verbesserungen erreichen". Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sah es ebenfalls als geboten an, präventive "und andere Maßnahmen zu verbessern", warnte aber zugleich: Selbst mit den besten Regelungen und Gesetzen könne man das "Unfassbare" nicht hundertprozentig verhindern.

Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist der Ansicht, dass es verstärkte Betreuung von Weggewiesenen braucht. "Wir müssen versuchen, hier noch besser zu werden", sagte er vor dem Ministerrat. Mit der Wegweisung alleine sei das Problem nicht gelöst. Es gebe, vor allem in Ballungsräumen, auch schon einiges an Betreuungsprojekten. "Wie das flächendeckend zu organisieren ist, ist eine andere Sache."

Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser sprach sich für ein "funktionierendes Betreuungsangebot aus Sozialarbeit und psychologischer Beratung an Weggewiesenen, damit diese nicht in einem Ausnahmezustand sich selbst überlassen werden", aus. "Dabei geht es nicht um Mitleid mit weggewiesenen Gewalttätern, sondern um eine wirkungsvolle Prävention für potenzielle Opfer."

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