Ärger in OÖ

Asyl: Bürgermeister wettern gegen Zeltlager

Österreich
15.05.2015 13:35
Die Kritik am Notfallplan des Innenministeriums, der aufgrund des dramatischen Anstiegs der Flüchtlingszahlen nun Zeltlager an drei Standorten in Österreich vorsieht, reißt nicht ab. Nun haben auch die Bürgermeister von drei betroffenen oberösterreichischen Gemeinden die Errichtung eines Zeltlagers in Thalham in St. Georgen in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag vehement abgelehnt. Sie planen eine - nicht näher beschriebene - öffentliche Veranstaltung für kommende Woche. Weiters fordern sie: "Wir wollen ein Treffen mit der Innenministerin."

Die Bürgermeister Ferdinand Aigner aus St. Georgen, Ernst Pachler aus Berg und Markus Bradler aus Straß (alle ÖVP) sowie die Gemeindevorstände oder Fraktionsobmänner aller Parteien im Gemeinderat von St. Georgen - ÖVP, Freiheitliche, SPÖ und Grüne - kritisierten, dass sie von einem Mitarbeiter des Innenministeriums erst am Donnerstagvormittag über die Errichtung des Zeltlagers in der Erstaufnahmestelle Thalham informiert worden seien. Der erbetene Rückruf von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sei bis Freitagvormittag nicht erfolgt.

Die kommunalen Volksvertreter zeigten Verständnis für das Los der Flüchtlinge und dass diesen geholfen werden müsse. Aber man könne nicht alles einer Region aufbürden. Auch andere Gemeinden sollten ihren Beitrag leisten. Leer stehende Kasernen, andere Gebäude des Bundes sowie Firmengebäude könnten für die Unterbringung verwendet werden. Das sei menschenwürdiger als Zeltlager. Im Attergau habe man mit der Erstaufnahmestelle in Thalham umzugehen gelernt. Die vereinbarte Belegung mit 120 Personen sei gerade noch verträglich, doch gebe es laufend eine Überbelegung mit bis zu 200 Personen.

"Nicht mehr tragbares Maß ist erreicht"
Nun sollen weitere 100 Menschen dazukommen, Thalham habe aber schon jetzt weniger Einwohner als Flüchtlinge, hieß es. St. Georgen mit seinen insgesamt an die 4.400 Einwohnern sei nicht vergleichbar mit Salzburg oder Linz, die auch jeweils zusätzlich 100 Flüchtlinge in Zelten aufnehmen. Daher sind sich alle Parteien in Thalham einig: "Wir haben seit 30 Jahren große Flüchtlingsströme bewältigt, aber nun ist ein Maß erreicht, das für die Bevölkerung nicht mehr tragbar ist."

Bürgermeister Aigner will sich zwar noch mit seinen Politikerkollegen beraten, aber er kündigte für kommende Woche bereits eine nicht näher beschriebene öffentliche Veranstaltung an - "nichts Radikales, aber die Bevölkerung erwartet, dass wir ein Zeichen setzen". Außerdem fordert er ein Treffen mit der Innenministerin. Außerdem will er mit dem Gemeindearzt überprüfen, ob in der Erstaufnahmestelle die sanitäts- und hygienerechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Er habe sich bei der Bezirkshauptmannschaft erkundigt und dort die Auskunft bekommen, dass der Arzt das Recht dazu habe.

Landes-SPÖ: "Mikl-Leitner rücktrittsreif"
Bereits am Donnerstag hatte es heftige Kritik von allen Seiten an der Errichtung der drei Zeltlager in Salzburg Stadt, Linz und Thalham gegeben. Am Freitag erklärte nun der oberösterreichische SPÖ-Landesgeschäftsführer Peter Binder, für ihn sei Innenministerin Mikl-Leitner "rücktrittsreif". "Sie soll Platz machen für jemanden, der oder die mit den Herausforderungen umgehen kann", forderte er am Freitag. Für den FPÖ-Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner ist die Errichtung von Zeltlagern "ein deutliches Indiz dafür, dass die Asylpolitik von Innenministerin Mikl-Leitner, aber auch auf EU-Ebene endgültig gescheitert ist". Die Asylverfahren würden nach wie vor viel zu lange dauern, eine gerechte europäische Lösung sei überfällig. Die grüne Landessprecherin Maria Buchmayr verlangte, die Kaserne Ebelsberg für Flüchtlinge zu öffnen, denn Zeltstädte seien eines reichen Landes wie Österreich unwürdig.

Zeltlager in Salzburg Stadt errichtet
Indes wurde auf dem Sportplatz der Landespolizeidirektion in der Stadt Salzburg bereits ein Lager für insgesamt 96 Personen errichtet. Der Aufbau der zwölf weißen Zelte am Freitagvormittag verlief laut Polizei reibungslos. Mitangepackt haben rund 30 Personen: Zwölf Polizeischüler aus Großgmain, Helfer des Roten Kreuzes, Beamte der Logistikabteilung der Polizei und einige der insgesamt 37 Asylwerber, die derzeit im Turnsaal der Polizei untergebracht sind und vorwiegend aus Syrien und Afghanistan stammen.

Noch am Freitag soll die Infrastruktur fertiggestellt werden und die Innenausstattung der Zelte erfolgen, in denen jeweils acht Personen Platz haben: Feldbetten werden aufgestellt und die Elektrik installiert. Mit der Betreuung der Flüchtlinge hat das Innenministerium eine Firma betraut. Die Asylwerber können in der Polizeikantine speisen, diese ist öffentlich zugänglich. Wann die ersten Flüchtlinge ankommen, stand vorerst nicht fest, geplant ist, dass sie nur ein paar Tage in den Zelten bleiben und dann an fixe Quartiere zugeteilt werden.

Asyl-Gipfel soll nun Klarheit bringen
Am Freitag beschäftigt sich ein Asyl-Gipfel im Innenministerium mit den scharf kritisierten Notfallmaßnahmen. Vertreter des Innen- und des Verteidigungsministeriums, des Gemeinde- und des Städtebunds sowie von Hilfsorganisationen und Kirchen sind dabei anwesend. Man erwarte sich "Zahlen, Daten, Fakten" zur derzeitigen Situation, sagte ein Sprecher von Verteidigugnsminister Gerald Klug. Dann werde man über die weitere Vorgangsweise entscheiden. Das Innenministerium hatte immer wieder die Öffnung von Kasernen für Asylwerber verlangt.

In ihrem Eingangsstatement beim Gipfel rechtfertigte Mikl-Leitner die Errichtung der Zeltlager erneut durch einen "explosionsartigen Anstieg" der Flüchtlingszahlen in den vergangenen Tagen. Die Lager für die Asylwerber seien "als letzte Option" zu sehen, um die Kriegsflüchtlinge "vor Obdachlosigkeit zu schützen". Caritas und Rotes Kreuz erklärten, sie wollten Alternativen zur Unterbringung beraten. Wie lange der Krisengipfel im Ministerium dauern wird, war vorerst nicht abzusehen.

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