269 Jobs wackeln

Zielpunkt-Folgepleite: Schirnhofer zahlungsunfähig

Wirtschaft
01.12.2015 13:19
Die Zielpunkt-Pleite hat nun auch das oststeirische Fleischereiunternehmen Schirnhofer in den Abgrund gerissen: Die Schirnhofer GmbH musste am Dienstag am Landesgericht Graz Insolvenz beantragen. Die Überschuldung beträgt laut den Kreditschützern bis zu 21 Millionen Euro. Betroffen sind 269 Mitarbeiter. Das Oktobergehalt haben sie noch bekommen, das Novembergehalt und das Weihnachtsgeld sind hingegen ausständig.

Auslöser ist nach Angaben der Kreditschützer AKV, KSV und Creditreform zweifellos die Zielpunkt-Pleite. Allerdings hatte es offenbar schon einige Jahre lang Probleme gegeben. Die Lieferungen an Zielpunkt machten rund 37 Prozent des Umsatzes von Schirnhofer aus.

Das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung wurde Dienstagmittag eröffnet. Die Passiva bei Schirnhofer belaufen sich laut Kreditschützerangaben auf 24,8 bis 29 Millionen Euro, die Aktiva auf acht bis 10,9 Millionen Euro - zum Teil Liegenschaften, die belastet sein sollen, so die Creditreform. Die 276 Insolvenzgläubiger sollen eine Quote von 20 Prozent bekommen, zahlbar binnen zwei Jahren vom Tag der Annahme des Sanierungsplans an. Eine Fortführung des Betriebs wird angestrebt.

70 Mitarbeiter bereits beim AMS angemeldet
Von den 269 Beschäftigten - davon 56 Angestellte, 204 Arbeiter und neun Lehrlinge - waren bereits in der Vorwoche 70 beim Frühwarnsystem des AMS zur Kündigung angemeldet worden. Nach den Worten von Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist noch abzuwarten, was das Gericht in Graz mit dem Antrag auf Insolvenz des Fleischverarbeiters aus dem oststeirischen Kaindorf mache. Beim Betrieb lebe aber noch das Prinzip Hoffnung, dass eine Sanierung gelinge, erklärte Hundstorfer am Dienstag am Rande des Ministerrats.

Fleisch- und Wursterzeuger in Familienbesitz
Das Unternehmen Schirnhofer wurde 1977 gegründet, der Ursprungsbetrieb war als kleine Fleischhauerei bereits 1926 ins Leben gerufen worden. Die in dritter Generation geführte Firma ist Österreichs größter in Familienbesitz befindlicher Fleisch- und Wursterzeuger.

Geschäftsführer ist Karl Schirnhofer (54), der sich 2011 aus der Geschäftsleitung zurückgezogen hatte und im Jänner 2014 wieder einstieg. Gesellschafter sind die Schirnhofer Familien Unternehmen Holding GmbH zu 75 Prozent und die Schirnhofer Vermögensverwaltungs GmbH zu 25 Prozent. Die Jahresproduktion beläuft sich auf rund 12.000 Tonnen Fleisch- und Wurstwaren sowie auf den Nutz- und Stechviehhandel.

Insolvenzverfahren wurde unumgänglich
Durch den Wegfall von Zielpunkt wurden bei Schirnhofer Restrukturierungsmaßnahmen erforderlich, wozu wohl die Kündigung der 70 bereits beim AMS gemeldeten Mitarbeiter zählt. Alle weiteren Maßnahmen erschienen offenbar so kostenintensiv, dass sie nicht mehr ohne Insolvenzverfahren abgewickelt werden konnten.

Schirnhofer hatte seit 2008 laufend Betriebe übernommen, sodass im Konzern zu den besten Zeiten rund 1500 Dienstnehmer beschäftigt waren. Im Zuge der bereits eingeleiteten Restrukturierung war der Betrieb der Schlachthof GmbH im oststeirischen Großsteinbach an die Firma Steirerfleisch verpachtet worden. Das von Schirnhofer verarbeitete Fleisch wurde daher seit Kurzem von externen Schlachthöfen, insbesondere von Steirerfleisch, zugekauft.

Im September 2015 hat man auch die Beteiligungen am Fleisch- und Wurstwarenproduzenten Aibler in Oberwaltersdorf und am Fertiggerichtehersteller Blasko Convenience in Bruck an der Mur an die Marcher Fleischwerke veräußert. Allein daher hatte sich der Beschäftigtenstand im Konzern um mehrere Hundert Dienstnehmer verringert.

Schirnhofer seit Langem überregional bekannt
Überregional bekannt geworden war Schirnhofer mit der Forcierung von Produkten aus dem Almochsen-Fleisch ("Almo") sowie dem Shop-in-Shop-System ab 1997 in Kooperation mit Zielpunkt. Hier wurden in mehr als 250 Filialbetrieben mehr als 1200 Dienstnehmer beschäftigt. Im Jahr 2014 wurde Zielpunkt zur Gänze von der Pfeiffer-Gruppe übernommen, die wiederum eigene Feinkostabteilungen einführte, die von Schirnhofer mit seinen Markenartikeln umfassend beliefert werden sollten. Im Zuge dieser neuen Kooperation wechselten die 788 Schirnhofer-Dienstnehmer in den Personalstand von Zielpunkt.

Zu den Kunden zählen unter anderem Groß- und Einzelhandelsunternehmen, Gastronomiebetriebe, Kaufhäuser und Großküchen. Der deutsche Markt wird über die Schirnhofer Deutschland Vertriebs GmbH beliefert.

Video: Lebensmittelkette Zielpunkt meldet Konkurs an

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