Nach 1 Monat U-Haft

Whiskey gestohlen: Rumäne bekommt Bewährungsstrafe

Österreich
13.04.2015 14:13
Ein 25-jähriger Rumäne, der am 13. März in einem Supermarkt in Wien-Liesing beim Diebstahl von fünf Whiskeyflaschen im Wert von 148,29 Euro erwischt wurde, ist am Montag im Straflandesgericht zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der junge Mann, der seither in U-Haft gesessen war, wurde unmittelbar nach der Verhandlung auf freien Fuß gesetzt.

Dass der bisher unbescholtene Mann einen vollen Monat in der überbelegten Justizanstalt Wien-Josefstadt verbringen musste, veranlasste Heinz Patzelt, den Österreich-Generalsekretär von Amnesty International, nach der Verhandlung zu kritischen Anmerkungen. "Übrig bleibt, dass aufgrund der österreichischen Gesetzeslage jemandem ohne Grund vier Wochen die Freiheit entzogen wurde und dass dafür jede Art von Entschädigung ausgeschlossen ist. Diese Gesetzeslage ist unverhältnismäßig und menschenrechtswidrig", so Patzelt, der als Zuhörer den Prozess verfolgt hatte.

Vorwurf: Gewerbsmäßiger Diebstahl
Dem Rumänen war von der Anklage gewerbsmäßiger Diebstahl unterstellt worden. Bereits am 13. Februar hatte er in einem Bekleidungsgeschäft versucht, Jeans im Wert von 39 Euro zu stehlen. Die Justiz ging davon aus, dass es dem 25-Jährigen darauf ankam, sich mit der regelmäßigen Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Mit der Gewerbsmäßigkeit wurde die U-Haft begründet - bei einer inkriminierten Beute von insgesamt 187,29 Euro eine für Patzelt nicht akzeptable Vorgangsweise. "Es bleibt zu hoffen, dass das jemand vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringt und dass ein Schlussstrich unter diese Justizpraxis gezogen wird. Es wäre zu wünschen, dass Österreich wissentlicher, überlegter und sparsamer mit der U-Haft umgeht", sagte der Amnesty-Generalsekretär.

Der junge Rumäne war Anfang Februar mit 160 Euro nach Österreich gekommen, um sich als Schwarzarbeiter auf Baustellen zu verdingen. 100 Euro musste er einem Landsmann übergeben, der ihm versprochen hatte, Jobs zu vermitteln. "Er hat mich im Stich gelassen. Ich musste mir selber was suchen", so der Angeklagte. Tageweise habe er zunächst etwas gefunden: "Ich habe dafür 25 Euro bekommen, wenn ich bis 18, 19 Uhr gearbeitet habe."

Wollte mit Erlös zurück in Heimat
Zuletzt, als ihm sein gesamtes Geld ausgegangen war, wurde er bei der Arbeitssuche nicht mehr fündig. Der 25-Jährige wollte daher mit dem Autobus in seine Heimat zurückkehren. Für das Ticket hätte er rund 80 Euro benötigt. Deswegen habe er den Whiskey gestohlen: "Ich wollte ihn dort, wo sich die Rumänen treffen, verkaufen. Ich wollte schnell verkaufen, damit ich heimkomme."

Staatsanwalt Leopold Bien sprach sich für eine "Strafe im untersten Bereich" und eine "teilbedingte oder gänzlich bedingte Strafnachsicht" aus. "Ein Monat U-Haft ist schon mehr, viel mehr als eine Strafe dafür, dass man eine Jeans und fünf Flaschen Whiskey stiehlt", merkte Verteidiger Sebastian Lesigang an.

"Dieser Monat war mehr als genug für mich"
"Dieser Monat war mehr als genug für mich. Ich war noch nie in meinem Leben in so einem kleinen Raum eingesperrt. Ich hab' geglaubt, ich drehe durch", gab der Angeklagte abschließend zu Protokoll. Als ihm die Übersetzerin das Urteil verkündete, bekreuzigte sich der 25-Jährige mit sichtlicher Erleichterung. Er kündigte seinem Rechtsvertreter an, unmittelbar nach der Enthaftung die Caritas aufsuchen und dort um Geld bitten zu wollen, um rasch nach Rumänien zurückkehren zu können.

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