Arzt festgenommen

Türkischer Vorwurf für Österreich “zu vage”

Österreich
07.04.2015 21:16
Der am Montag in Italien wegen Terrorverdachts verhaftete Österreicher türkischer Herkunft war in Österreich nicht zur Fahndung ausgeschrieben. Zwar habe es seit 2014 einen internationalen Haftbefehl gegeben, allerdings sei der "konkrete Tatbeitrag zu vage" gewesen, um ihn ins österreichische System zu übernehmen, erklärte die Sprecherin des Justizministeriums, Dagmar Albegger, am Dienstag.

Die Türkei wirft dem 45-jährigen Ünal E. vor, an einem Terroranschlag der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) auf eine Bankfiliale in Ankara 1995 beteiligt gewesen zu sein. Außerdem soll er sich 1994 an einem Angriff mit Molotow-Cocktails gegen eine Hochschule in Ankara und an illegalen Plakatierungsaktionen beteiligt haben. Der Kurde hatte vor Jahren aufgrund politischer Verfolgung Asyl in Österreich und schließlich 2005 die Staatsbürgerschaft erhalten. Gegenwärtig lebt der Arzt - sein Studium schloss er bereits in Österreich ab - in Tirol.

"Warten auf Dokumente"
Am Montag wurde E. im venezianischen Vorort Mestre verhaftet, wo er mit seiner Frau und seinen Kindern die Osterferien verbracht hatte. Grundlage sei ein im Jänner 2014 ausgestellter internationaler Haftbefehl, in der Türkei sei der Mann seit 21. Dezember 2012 zur Fahndung ausgeschrieben, sagte der Polizeichef von Venedig, Angelo Sanna, am Dienstag. "Jetzt warten wir noch auf einige Dokumente, um ein klares Bild der Situation zu haben." Eine erste Anhörung vor einem venezianischen Gericht soll am Donnerstag stattfinden, diese muss dann auch über eine Abschiebung des Österreichers in die Türkei entscheiden. Gegenwärtig ist der Mann in Venedig in Haft.

Anwalt will Auslieferung verhindern
Das österreichische Honorarkonsulat in Venedig steht nach Angaben des Außenministeriums in Kontakt mit dem Mann, der Konsul werde auch der Anhörung beiwohnen, hieß es. Die Frau des Arztes, ebenfalls eine Österreicherin, ist nach Angaben italienischer Medien mit ihren Töchtern nach Österreich gereist. Der Anwalt des Mannes will "mit allen Mitteln" gegen dessen Auslieferung in die Türkei kämpfen. "Es darf niemand ausgeliefert werden, wenn der Person dann Menschenrechtsverletzungen oder Folter drohen", sagte Rechtsvertreter Nicola Canestrini laut einem Bericht des "Standard" am Dienstagabend.

Geiselnahme endete mit Blutbad
Die linksradikale DHKP-C war zuletzt wieder vermehrt im medialen Rampenlicht gestanden: Am Dienstag hatte die in der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte Gruppe den Istanbuler Staatsanwalt Mehmet Selim Kiraz in ihre Gewalt gebracht. Nach rund achtstündigen Verhandlungen zwischen Tätern und Behörden stürmte die Polizei das Büro und erschoss die beiden Geiselnehmer. Kiraz wurde schwer verletzt und starb wenig später im Krankenhaus.

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