SPÖ und ÖVP uneins

Steuerreform: Koalition immer stärker unter Druck

Österreich
03.06.2014 14:19
Frühestens 2016 - oder doch schon 2015? SPÖ und ÖVP bleiben nicht nur in der Frage, wann eine Steuerreform kommen soll, weiterhin uneins. Während Bundeskanzler Werner Faymann nicht versteht, warum nicht schon im kommenden Jahr entsprechende Beschlüsse gefasst werden können, sieht Finanzminister Michael Spindelegger im erst kürzlich beschlossenen Budget keinen Spielraum für Entlastungen. Auch bei inhaltlichen Fragen herrscht kein Konsens. Der Druck auf beide Seiten wächst.

Wie berichtet, hielt Wiens Bürgermeister Michael Häupl am Montag sogar einen Koalitionsbruch für denkbar, sollten SPÖ und ÖVP in der Steuerfrage nichts zusammenbringen. Steiermarks Landeshauptmann Franz Voves wiederum prophezeite der Koalition "große Probleme bei der nächsten Wahl 2018", sollte der Streit ohne Ergebnis prolongiert werden (siehe Infobox).

AK startet in Tirol und Vorarlberg Unterschriftenaktion
Seitens der Gewerkschaften fließt der Unmut nun auch in konkrete Aktionen ein. Am Mittwoch starten die Arbeiterkammern in Tirol und Vorarlberg eine Unterschriftenaktion unter dem Motto "Wir haben es satt! Zeigen Sie der Bundesregierung die Rote Karte" - mit dem Ziel, 100.000 Unterschriften für eine sofortige Lohnsteuersenkung zusammenzubekommen.

"So wie die Stimmung ist, müsste schon ein bisschen etwas zusammenkommen", zeigte sich der Vorarlberger AK-Sprecher Dietmar Brunner optimistisch. Zumal es sich um eine parteienübergreifende Aktion handle. Mit der Unterschrift unterstütze man die Forderungen der Arbeiterkammern Vorarlberg und Tirol nach einer Absenkung des Einstiegssteuersatzes auf 20 Prozent, einem sanfteren Anstieg der Grenzsteuersätze, einer Anwendung des Spitzensteuersatzes erst ab 84.000 Euro Jahreseinkommen (bisher: ab 60.000 Euro), der Abschaffung der kalten Progression und der Beibehaltung des steuerbegünstigten Urlaubs- und Weihnachtsgeldes.

Unterschiedliche Positionen bei Zeitplan und Inhaltlichem
Doch die Positionen von ÖVP und SPÖ scheinen derzeit nicht nur bezüglich des Zeitplans der Umsetzung, sondern auch inhaltlich recht weit auseinander zu liegen. Und das wird auch von keiner der beiden Seiten bestritten: So meinte Faymann nach dem Ministerrat am Dienstag: "Lieber ein raueres Klima und es kommt etwas heraus, als irgendeine gespielte Harmonie, die hier nicht existiert." Spindelegger wiederum gab zu, dass es sich um eine "haarige Diskussion" handle, "bei der alle gefordert sind".

Faymann sagte zuletzt, er wolle schon im Laufe des Jahres 2015 eine Umsetzung der Steuerreform, allenfalls sogar rückwirkend. Spindelegger wiederum erklärte, in Kraft treten könne die Reform "frühestens im Jänner 2016" - und sollte sie bis dahin nicht finanzierbar sein, dann wäre auch ein späterer Termin denkbar.

Knackpunkt Vermögenssteuern
Der Kreis jener, die die Volkspartei entlasten will, ist laut einem Vorstandsbeschluss von Ende Mai ein weiter: Mittelstand, Arbeitnehmer, Familien, Landwirte und Unternehmen. Voraussetzung für die Steuerreform sind für Spindelegger Strukturreformen, konkret nannte der Finanzminister vorerst die Bereiche Verwaltung, Frühpensionen, ÖBB-Infrastruktur und Förderungen. Neue Steuern wie eine Millionärsabgabe lehnt er hingegen weiter strikt ab.

Doch gerade vermögensbezogene Steuern scheinen für die SPÖ das Erfolgsrezept zu sein. Die mit vier Milliarden Euro veranschlagte Steuerreform soll laut den Sozialdemokraten über eine Millionärsabgabe, die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Streichung von Ausnahmeregelungen, eine Registrierkassenpflicht sowie höhere Konsumausgaben der entlasteten Lohnsteuerzahler finanziert werden. Nach den Vorstellungen der SPÖ soll damit der Eingangssteuersatz von 36,5 auf 25 Prozent gesenkt werden. Statt derzeit drei soll es künftig fünf Steuerklassen geben.

Auch einige ÖVP-Politiker befürworten Vermögenssteuern
Aber auch innerhalb der ÖVP gibt es Stimmen für Vermögenssteuern. Der steirische Nationalratsabgeordnete und ehemalige ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon ärgerte sich medial, dass Spindelegger eine Entlastung blockiere und plädierte für eine Reichensteuer. Mehrere steirische ÖVP-Abgeordnete stellten sich an seine Seite. Ex-Justizministerin Beatrix Karl wiederum lehnt zwar Vermögenssteuern ab, drängte aber auf eine rasche Steuerentlastung und warnte davor, die Verwaltungsreform als "Verzögerungstaktik" zu benützen. Ex-Bauernbund-Obmann Fritz Grillitsch kann sich hingegen - ebenso wie der Grazer Nationalratsabgeordnete Bernd Schönegger - eine Millionärsabgabe "für die Haselsteiners und Flicks" vorstellen.

Grüne: Druck ist "so groß, dass etwas passieren muss"
In der Debatte besteht also durchaus noch einiges an Konfliktpotenzial, auch wenn sich die Grünen zuversichtlich zeigen, dass es diesmal - anders als in der vorigen Legislaturperiode - nicht nur bei Ankündigungen und Arbeitsgruppen bleibt. Der stellvertretende Klubobmann Werner Kogler rechnet zwar nicht mit einem Auseinanderbrechen der Koalition - doch der Druck sei "so groß, dass etwas passieren muss".

FPÖ zweifelt an Reformbereitschaft der Volkspartei
Weniger optimistisch zeigte sich die FPÖ, die Zweifel an der Reformbereitschaft des Finanzministers hegt. Immerhin sei die ÖVP seit 28 Jahren ununterbrochen in der Regierung, ohne dass Reformen ernsthaft angetreten worden seien, erinnerte Budgetsprecher Elmar Podgorschek an zahlreiche vertane Chancen. Das Team Stronach wiederum warnte anlässlich der Diskussion vor einer "kommunistischen Umverteilung".

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