340 Mio. € verzockt

Spekulationsverbot für alle Behörden nach Skandal?

Österreich
07.12.2012 12:42
Nach Bekanntwerden des Finanzskandals in Salzburg, bei dem eine leitende Beamtin über zehn Jahre hinweg 340 Millionen Euro Steuergeld verspekuliert haben soll (siehe Infobox), werden nun Rufe nach politischen Konsequenzen laut. So forderte am Freitag etwa Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer ein Verbot von Spekulationsgeschäften für alle Gebietskörperschaften. Nur so könnten derartige Verluste in Zukunft vermieden werden.

Mödlhammer verwies darauf, dass der Gemeindebund 2009 in einer gemeinsam mit Finanzexperten erarbeiteten Richtlinie zu Finanzgeschäften den Gemeinden - allerdings unverbindlich - einen Verzicht auf Spekulationsgeschäfte empfohlen habe. Während davor Gemeinden mehrfach Spekulationsgeschäfte abgeschlossen haben, sei ihm seither kein Fall mehr bekannt, wo diese Richtlinie von einer Gemeinde missachtet worden wäre. Anders sei das etwa bei Städten, verwies er auf das Beispiel Linz.

"Die Leute verstehen es nicht"
Deshalb tritt der Gemeindebund-Präsident jetzt dafür ein, Spekulationsgeschäfte gesetzlich zu verbieten. Das sollte seiner Auffassung nach nicht nur für Gemeinden, sondern auch für Städte, Länder und Bund gelten. Es müsse für die öffentliche Hand klare Richtlinien in gesetzlicher Hinsicht geben, dass so etwas nicht mehr möglich ist. "Man muss endlich Konsequenzen ziehen. Die Leute verstehen es nicht, wieso so etwas möglich ist, wenn das Risiko nicht abschätzbar ist." Mödlhammer gestand aber zu, dass es in Zeiten, in denen mit Finanzgeschäften viel zu verdienen war, auch für die Gebietskörperschaften einen Druck zu günstigen Finanzierungen gegeben habe. Damals habe es "einen Trend" zu solchen Geschäften gegeben.

Ähnlich sah das am Freitag auch OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny, der solche Fälle als "Reflex aus der Zeit vor der Lehman-Krise" bezeichnete, die immer von der Überlegung getrieben waren, Zinsen zu sparen und somit einen positiven Beitrag zum Haushalt zu liefern. "Teilweise ist man von falschen Annahmen ausgegangen", so Nowotny. Das jetzige Niedrigzinsniveau sieht er als Chance für die betroffenen Gemeinden, Länder und Städte, die Finanzstrukturen wieder zu verbessern. Gleichzeitig konnte Nowotny allerdings nicht ausschließen, dass es zu weiteren Problemfällen dieser Art kommen könnte.

Finanzmarktgeschäfte sorgten immer wieder für Empörung
Der Riesenverlust im Land Salzburg ist jedenfalls kein Einzelfall, immer wieder sorgten Finanzmarktgeschäfte mit öffentlichen Mitteln in den letzten Jahren für Empörung und heiße Diskussionen. 2009 geriet die Veranlagungspolitik der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) in die Schlagzeilen. Sie hatte jahrelang kurzfristige Veranlagungen in Papiere getätigt, die von den Ratingagenturen mit dem bestmöglichen Rating bewertet waren.

Die Finanzkrise brachte allerdings eine Neubewertung, die zuvor gut beleumundeten Produkte galten als "Spekulationspapiere". Entsprechend kritisch fiel auch das Urteil des Rechnungshofs aus. Unter dem Strich blieben letztlich rund 300 Millionen Euro Verlust. Die ÖBFA verwies indes darauf, dass für die Republik langfristig über sechs Milliarden Euro an Vorteilen erwirtschaftet worden seien.

Zank um Wohnbaudarlehen in Niederösterreich
Ein ewiger politischer Zankapfel ist die Veranlagung der Erlöse aus dem Verkauf niederösterreichischer Wohnbaudarlehen. Während die Landeshauptmann-Partei ÖVP nicht müde wird, Wertezuwächse zu feiern, sieht die Opposition ein schwarzes Verlust-Loch. Ausführlich geprüft wurde die Causa vom Rechnungshof, und der stellte 2010 fest, dass die Performance der veranlagten Gelder bis Ende 2008 das Ergebnisziel um knapp eine Milliarde Euro verfehlt habe. Und diese Lücke sei seitdem nicht aufgeholt worden, erläuterten die Prüfer in einem erst am Donnerstag veröffentlichten Follow-up-Bericht.

In Linz beschäftigt seit geraumer Zeit die sogenannte Swap- bzw. Franken-Affäre Politik und Gerichte. Die Stadt schloss zur Absicherung einer auslaufenden Kreditlinie über 195 Millionen Schweizer Franken (damaliger Kurs: 152 Millionen Euro) 2007 mit der Bawag eine Art Kurs-Zins-Wette ab. Durch den Kursanstieg des Franken stieg der Wert des Swap auf mehrere Hundert Millionen Euro, die zusätzlich zur Kreditschuld zu zahlen wären. Die Stadt beschloss in der Folge, nicht mehr zu zahlen, und reichte eine Klage über 30,64 Millionen Schweizer Franken (24,8 Millionen Euro) ein. Die BAWAG wiederum kündigte den Vertrag und klagte ihrerseits auf 417,74 Millionen Euro.

Auch Kleinstgemeinden verspekulierten sich kräftig
Auch kleinere Gemeinden verbrannten sich am Finanzmarkt die Finger. Österreichweit berühmt wurde in dieser Hinsicht das steirische Hartberg. Dort verlor man rund 2,5 Millionen Euro mit Immobilieninvestments via Meinl European Land (MEL) und dann noch einmal 800.000 Euro mit einem Karibik-Investment. MEL bescherte auch anderen Gemeinden ein böses Erwachen, etwa Bad Vöslau (Niederösterreich) oder Oberschützen (Burgenland).

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