Höhlendrama

Salzburger Retter in 1.000 Metern Tiefe im Einsatz

Österreich
09.06.2014 21:19
Gefangen in rund 1.000 Metern Tiefe wartet ein schwerverletzter Höhlenforscher in den Alpen bei Berchtesgaden auf seine Rettung. Am Montagvormittag gelang es einigen der Helfer, unter denen auch 15 Höhlenretter aus Salzburg sind, erstmals, den in der Riesending-Schachthöhle eingeschlossenen Mann zu erreichen. Eine Rettung war jedoch nicht möglich, da der Verletzte nicht transportfähig ist. Auch ein Arzt ist am Abend beim Versuch, in die Höhle zu steigen, gescheitert. Die Bergung könnte noch mehrere Tage oder sogar eine Woche dauern.

Der Höhlenforscher war am Sonntag mit zwei Begleitern in rund 1.000 Metern Tiefe in der Höhle unterwegs, als es plötzlich zu einem Steinschlag kam. Dabei wurde der Mann schwer verletzt, er konnte die Höhle nicht mehr aus eigener Kraft verlassen. Einer der Begleiter war daraufhin zurückgeklettert, um Alarm zu schlagen, der andere war bei dem Verletzten geblieben. Ihnen kam noch ein weiterer Mann zur Hilfe, der mit einer anderen Gruppe in der riesigen Höhle unterwegs war.

Rettungseinsatz unter schwierigsten Bedingungen
An der Rettungsaktion sind rund 200 Helfer, darunter auch 15 Höhenretter aus Salzburg, beteiligt. Der Unglücksort liegt nur wenige Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Laut Bergwacht ist der Rettungseinsatz äußerst schwierig und kann nur von Experten auf dem Gebiet der Höhlenrettung bewältigt werden. "Dieses Schachtsystem hat alles parat, was es an Problemen gibt. Es ist sehr tief, es gibt viele Engstellen und 'Canyons', die nur in Spreizhaltung überwindbar sind", sagte Einsatzleiter Norbert Rosenberger.

Am Montagabend war immer noch vollkommen unabsehbar, wann der Höhlenforscher geborgen werden kann. Als Hauptproblem zeichnete sich ab, dass der Verletzte eigentlich nur liegend transportiert werden kann. Dies scheint in der Enge des Schachts aber kaum möglich.

"Der Mann liegt Gott sei Dank eben, trocken und windstill", sagte Stefan Schneider von der Bergwacht Bayern bei einer Pressekonferenz. Denn auch in der Tiefe kann Zug entstehen. Es drohe Unterkühlung, unten im Berg hat es nur zwischen 1,5 und fünf Grad. Und alle dort unten, auch die Retter, sind ständig von neuem Steinschlag bedroht. "Sie sind einer erheblichen Gefahr ausgesetzt."

Verletzter Forscher ein Mitentdecker der Höhle
Bei dem schwer verletzten Mann handelt es sich um den Höhlenforscher Johann Westhauser aus dem Raum Stuttgart. "Wir wissen noch nicht, wie sein Zustand genau ist", sagte der Einsatzleiter der Höhlenrettung Baden-Württemberg, Matthias Leyk in Stuttgart. Der 52-Jährige ist demnach ein Mitentdecker der Riesending-Schachthöhle, in einer Reportage über die Erforschung des Höhlensystems ist Westhauser auf einem Bild auf Erkundungstour zu sehen.

Leyk kennt den Verletzten persönlich. Der erste Rettungstrupp, der den Mann mittlerweile erreichte, hatte neben medizinischer Ausrüstung auch Wasser und Essen dabei. Weitere Helfer richteten auf verschiedenen Ebenen Lager- und Biwakstationen ein. Gearbeitet wird auch an einer drahtgebundenen Telefonverbindung. "Dazu muss das Kabel an der Wand befestigt werden, weil die Höhle so kompliziert aufgebaut ist", so Leyk. Sie besteht aus Monsterschächten, großen Hallen, engen Röhren und Seen, die überwunden werden müssen.

Das Bangen und Hoffen geht weiter, aber vor allem das Warten. Denn wenn ein weiteres Team erst einmal eingestiegen ist, dauert es bis zum Verletzten wiederum zwölf Stunden - "wenn sie schnell sind", sagte Schneider. Ein Ende der Aktion ist also nicht absehbar. Es werde Tage dauern, vielleicht auch eine Woche.

Tiefste und längste Höhle Deutschlands
Die Riesending-Schachthöhle ist die tiefste und längste Höhle Deutschlands. Das gigantische Gangsystem umfasst eine Länge von 19,2 Kilometern und ist 1.148 Meter tief. Der Eingangsschacht war im Rahmen einer Plateau-Vermessung bereits im Jahr 1995 entdeckt worden, blieb jedoch im Schatten anderer Projekte bis 2002 nahezu unbeachtet.

Doch dann begann die Zeit der großen Entdeckungen im Riesending. 2002 war es erstmals möglich, auf der deutschen Seite des Untersbergs in große Tiefen vorzudringen. Bereits kurz nach dem Einstieg folgen Schächte, in die man den Turm des Ulmer Münsters stellen könnte - mit 161 Metern der höchste Kirchturm der Welt. In 350 Metern Tiefe gibt es dann die ersten horizontalen Gänge in der Höhle. Mehrere Schachtstufen führen zu weiteren tiefer gelegenen Höhlenstockwerken.

Das Wasser der Höhle kommt übrigens an der Fürstenbrunnquelle auf österreichischer Seite wieder an die Oberfläche - knapp 1.200 Höhenmeter unterhalb des Höhleneingangs.

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