Einsatz beschlossen

Flüchtlingskrise: Regierung schickt Heer an Grenze

Österreich
14.09.2015 12:11
Die Bundesregierung hat am Montagvormittag in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz verkündet, dass nun das Bundesheer mit 2200 Soldaten die Polizei bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise in Österreich unterstützen wird. Der Schwerpunkt des Assistenzeinsatzes, der vom Innenministerium angefordert worden war, soll vor allem im Bereich der humanitären Hilfe liegen. Allerdings würden die Soldaten auch an den Grenzen, wo dies benötigt werde, zum Einsatz kommen, erklärte Bundeskanzler Werner Faymann.

Dass das Bundesheer in dieser Frage kompetent sei, habe es laut Faymann schon 20 Jahre lang beim Assistenzeinsatz an den Ostgrenzen bewiesen. Die von Deutschland in Gang gesetzten Grenzkontrollen seien keine Grenzschließung, betonte der Regierungschef. So sei auch von den Verkehrsministern beider Länder vereinbart worden, den Zugverkehr wieder aufzunehmen. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bekräftigte, dass die Kontrollverstärkung im Rahmen der gültigen Schengen-Regeln erfolge: "Schengen wird nicht außer Kraft gesetzt."

"Haben Dublin-Regeln nicht außer Kraft gesetzt"
Ähnliches gilt für die Regeln zum Asylverfahren, betonte Faymann. "Es ist wichtig festzuhalten, dass wir Dublin nicht außer Kraft gesetzt haben." Man wolle niemanden aus der Verantwortung entlassen, sagte er in Richtung Ungarn auf die Frage, ob denn nun Flüchtlinge wieder dorthin abgeschoben würden. "Wir wollen Dublin außer Kraft setzen durch neue, bessere Regelungen. Aber die gibt es noch nicht." Auch die deutsche Regierung behalte die Regeln zum Asylverfahren weiterhin unverändert bei.

"Temporäre Grenzkontrollen" wie in Deutschland
Zum Ausmaß der Kontrolle von Zügen und Autos an den Grenzen sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Österreich werde so wie Deutschland "temporäre Grenzkontrollen" einführen. Diese seien direkt an der Grenze im Rahmen von Schengen erlaubt. Man beginne mit Kontrollen an der Grenze zu Ungarn. "Wir werden so schnell als möglich beginnen, direkt an der österreichisch-ungarischen Grenze. Es geht jetzt einmal um die nächsten Tage, hier diese Grenzkontrollen durchzuführen. Wir halten uns das offen, an welchen Grenzübertritten wir das schwerpunktmäßig machen", sagte Mikl-Leitner.

So läuft der Einsatz des Bundesheeres ab
500 Kaderpräsenzeinheiten, also im Prinzip Berufssoldaten, sollen sofort mit ihrem Einsatz beginnen. Vorgesehen ist laut Informationen der "Krone", dass diese Soldaten am Dienstag und Mittwoch mit Aufklärungsarbeiten beginnen. Weitere Soldaten werden erst ab Mittwoch zur Verfügung stehen. Über die genaue Ausrüstung der Einheiten muss noch entschieden werden. Die Soldaten sollen einerseits humanitäre Hilfe leisten (also Unterstützung für NGOs etc.) und andererseits auch Kontrollen im Grenzraum durchführen.

"Können weltweite Asylfrage nicht alleine lösen"
Faymann meinte, es handle sich bei der Entscheidung, die Grenzen wie Deutschland nun stärker zu kontrollieren, um ein "klares Signal von Deutschland und Österreich", dass man die weltweite Asylfrage nicht in diesen beiden EU-Staaten lösen könne. Zum wiederholten Male betonte der Regierungschef, dass es nun zu einer aktiveren Rolle der EU - nicht nur innerhalb des eigenen Territoriums, sondern auch in den Krisenregionen selbst - kommen müsse.

Assistenzeinsatz des Heeres in Salzburg gestartet
Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres ist in Salzburg bereits angelaufen. Auf dem Hauptbahnhof unterstützten je neun Mann das Rote Kreuz und die Caritas bei der Betreuung gestrandeter Flüchtlinge. Am Nachmittag sollen auch die Feldküche eingerichtet und das Essen zubereitet werden. Bereits am Samstag hatte Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden den Assistenzeinsatz des Heeres gefordert, denn die Hilfskräfte seien nach mehr als einer Woche im Einsatz am Ende ihrer Kräfte. Allein an jenem Tag wurden laut Polizei über Salzburg etwas mehr als 8000 Flüchtlinge in Zügen nach Deutschland gebracht. Am Sonntag einigten sich dann Landeshauptmann Wilfried Haslauer und der Salzburger Militärkommandant Heinz Hufler auf den Unterstützungseinsatz.

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Weiterer Ansturm von Flüchtlingen: Chaos droht
Im Burgenland hat die Flüchtlingskrise mittlerweile massive Ausmaße angenommen: Allein am Sonntag kamen in Nickelsdorf rund 15.000 Flüchtlinge über die Grenze nach Österreich, aufgrund der neuen deutschen Grenzkontrollen und der Einstellung der Zugverbindungen nach Deutschland kommt es zu einem gewaltigen Rückstau des Asyl-Stroms. Für Montag wird erwartet, dass weitere Tausende Flüchtlinge aus Ungarn kommen, auch auf den Wiener Bahnhöfen und den Autobahnen nach Deutschland droht ein Chaos. Weil diese Eskalation bereits am Sonntag vorhersehbar war, hatten Mikl-Leitner und Konrad Kogler, der Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, bei der Krisensitzung der Regierung den nunmehrigen Assistenzeinsatz angefordert.

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