Kritik zeigt Wirkung

Regierung will nun Bundesheer-Reform “ohne Tabus”

Österreich
19.09.2010 20:19
Die Kritik der "Krone" am Heeressystem zeigt Wirkung. Aus der Regierung sind am Wochenende erste Signale gekommen, eine Debatte ohne Tabus führen zu wollen. Außer Streit steht dabei lediglich die Neutralität. Mit dem Begriff einer "Wehrpflicht neu" hatte Außenminister Michael Spindelegger auch in diesem sensiblen Bereich bereits Reformwillen gezeigt.

Offiziell gibt man sich allerdings in Regierungskreisen noch sehr vorsichtig. Bundeskanzler Werner Faymann hat am Sonntag gegenüber der "Krone" erklärt, dass "die Entwicklungen in den Nachbarländern, vor allem in Deutschland, genau geprüft und beobachtet" werden.

In unserem Nachbarland hatte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gegen anfänglich massiven Widerstand eine massive Reduktion der Truppen und eine Aussetzung der Wehrpflicht durchgesetzt. Er sagte: "Unter einer Jahrhundert-Reform geht nichts." Guttenbergs Trumpf in der Debatte war das Kostenargument. Aus seinem Büro waren Planspiele bekannt geworden, wonach durch die De-facto-Abschaffung der Wehrpflicht auf der Stelle 412 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden könnten.

Bundesheer darf nicht teurer werden
Für Kanzler Faymann "ist bei jeder Reformüberlegung wichtig, dass das Heer nicht teurer werden darf". Man brauche das "Budget für Bildung, Schulen und Gesundheit", so der Regierungschef. An der Sicherheitspolitik hält der Kanzler dabei freilich fest: "Als Teil eines erfolgreichen Friedensprojektes hat das Bundesheer eines neutralen Landes weiterhin besondere Aufgaben zu erfüllen, wie zum Beispiel die internationalen friedenssichernden Einsätze oder im Inland der Assistenzeinsatz und die Katastrophenhilfe nach schweren Unwettern."

Dennoch dämmert in der Regierung die Erkenntnis, dass die Debatte zur Reform ohne Tabus geführt werden muss. Nach den – in der "Krone" – bekannt gewordenen Heeresplänen aus dem Büro von Außenminister Spindelegger samt einer "Wehrpflicht neu" ist man entschlossen, spätestens 2011 ein umfassendes Reformwerk im Rahmen einer zeitgemäßen Sicherheitsdoktrin vorzulegen.

Auftrag an Fekter und Spindelegger
Schon früher, unter Verteidigungsminister Werner Fasslabend, sind vonseiten der ÖVP gewisse Modernisierungsprozesse in diese Richtung angestellt worden. Allerdings ist die Umsetzung damals im Sand verlaufen. Finanzminister und ÖVP-Chef Josef Pröll zur "Krone": "Ich habe dem Außenminister gemeinsam mit Innenministerin Fekter den Auftrag gegeben, Überlegungen zu einem umfassenden und zeitgemäßen Sicherheitskonzept anzustellen und diese zur Diskussion zu bringen. Ich unterstütze diese Debatte nicht nur, ich will, dass sie ausführlich geführt wird."

In diesem Zusammenhang wird auf Analysen aus den Generalstäben verwiesen, dass in den kommenden zehn Jahren nicht mit einer konventionellen kriegerischen Bedrohung gerechnet werde. Allerdings hätte sich das Aggressionspotential verlagert. Sicherheitsexperten führen hier Terrorismus, Cyberkriminalität und Katastrophen durch den Klimawandel an. Gefahren, die von Spezialeinheiten bewältigt werden müssen.

Wehrpflicht steht nicht zur Diskussion
Dennoch beharrt Vizekanzler Pröll auf dem Präsenzdienst: "Die Wehrpflicht ist Ausdruck der Verantwortung aller Bürger für die Sicherheit und Souveränität unseres Staates." Er sagt aber auch, dass "die Zeit des Wehrdienstes von jungen Männern als sinnvoll empfunden werden" müsse.

Kronen Zeitung

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