Vom Dienst befreit

Profi-Balletttänzer muss nicht zum Bundesheer

Österreich
24.11.2014 11:00
Grundwehrdienst beim österreichischen Bundesheer – für zahlreiche junge Männer in Österreich, die sich nicht für den Zivildienst entscheiden, ein Muss. Doch in manchen Fällen können sich taugliche Wehrpflichtige vom sechsmonatigen Kasernenaufenthalt befreien lassen. So geschehen nun bei einem jungen Balletttänzer. Der Verwaltungsgerichtshof entschied, dass der Mann, der sein bisheriges Leben dem Tanz gewidmet hat, nicht einrücken muss.

"Es würde eine Beeinträchtigung des besonders rücksichtwürdigen wirtschaftlichen Interesses des Wehrpflichtigen darstellen, wenn dieser seine seit der Kindheit (hier über eine Zeitraum von mehr als 11 Jahren) erlernten Ballettfertigkeiten nur deshalb beruflich nicht mehr verwerten könnte, weil diese Fertigkeiten durch die Leistung des Grundwehrdienstes - dauerhaft - beeinträchtigt würden", heißt es in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshof.

Im Klartext bedeutet das: Der ausgebildete Balletttänzer, der unter anderem an der Wiener Staatsoper seine Fertigkeiten erlernte, muss nicht exerzieren, marschieren und schießen lernen. Der Profitänzer hatte zum Zeitpunkt der Stellung im Jahr 2011, als er 18 Jahre alt war, bereits mehr als die Hälfte seines Lebens mit der Tanzausbildung verbracht. Am selben Tag, an dem er für tauglich befunden wurde, suchte er um Befreiung vom Grundwehrdienst an. Gestützt auf ein Gutachten gab er an, das gezielte Training auf Dynamik, Elastizität und Sensibilität seiner Muskeln werde durch jedes andere Training unwiederbringlich zerstört.

Ministerium und Heer lehnten Antrag ab
Sein Antrag wurde jedoch vom zuständigen Militärkommando abgelehnt, daher legte er mit seiner Berufung ans Verteidigungsministerium weitere Gutachten vor. Selbst der Amtssachverständige räumte ein, dass ein gewöhnlicher Grundwehrdienst die Balance des Tänzers stören würde. Die Einberufung als Systemerhalter sei jedoch möglich, ohne dass der Mann seine Balletteignung verlieren würde. Das Ministerium hielt ihm vor, seine Lebensplanung nicht mit der Wehrpflicht abgestimmt zu haben; "mangels besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen" sei ihm daher die Befreiung zu versagen, hieß es damals.

Doch der Verwaltungsgerichtshof entschied anders: Als der junge Mann seine Ballettausbildung im Alter von sieben Jahren begonnen habe, sei von ihm eine Bedachtnahme auf einen späteren Grundwehrdienst nicht zu verlangen gewesen. Aber auch nachdem er für tauglich erklärt worden sei, habe man ihm – entgegen der Argumentation des Ministeriums – nicht abverlangen können, seinen Ausbildungsverlauf nach den Erfordernissen des Grundwehrdienstes auszurichten.

Auch kein Zivildienst
Eine Zusage, er würde nur als Systemerhalter eingesetzt werden, wäre für den Mann rechtlich nicht durchsetzbar und außerdem viel zu vage: "Der Wehrdienst bringt die Anforderung mit sich, dass der Betreffende jedenfalls eine Waffe bedienen und ein gewisses Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit entwickeln kann, um darüber hinaus auch die sonst bei der Leistung des Militärdienstes anfallenden Tätigkeiten und Übungen zu verrichten."

Gestützt auf die Begründung des "besonders rücksichtwürdigen wirtschaftlichen Interesses" ist der junge Mann aber nicht nur vom Wehrdienst an sich, sondern vom gesamten Präsenzdienst befreit, was bedeutet, dass er auch nicht alternativ als Zivildiener eingesetzt werden könnte. Der Tänzer muss nun, bis zu seinem 35. Lebensjahr, alle drei Jahre belegen, dass die Gründe für die Befreiung weiterhin vorliegen.

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