"Krone" vor Ort

Österreichs Rolle im Tschad total undurchsichtig

Österreich
04.03.2008 00:21
Einer von den österreichischen Soldaten hat eine Gitarre mit in den Tschad gebracht. Vielleicht singt ein anderer "Brennend heißer Wüstensand" dazu. Doch momentan steht keinem der Sinn nach Lagerfeuerromantik hier in N’Djamena. Aus dem Tschad berichtet "Krone"-Reporter Christoph Matzl:

Auf der Truppe lastet der Zeitdruck. Nach Planungsspannen und Rebellenüberfällen ist alles in Verzug. Der Einsatz könnte zu Ende sein, bevor er begonnen hat. Aber wenigstens ist schon das meiste Gerät aus der Heimat angekommen. Funkelnagelneue Fahrzeuge. Und die haben so schöne Namen wie "Dingo" und "Sandviper". Passend zum Klima. Gestern hatte es 40 Grad. Heute hat es 40 Grad. Und morgen soll es wieder 40 Grad haben. Immer brennt in gleichmäßiger Unbarmherzigkeit die Sonne runter. Die Alpenkrieger im heißen Sand auf verlorenem Posten.

Operation im Nirgendwo
Demnächst soll der Marsch durch die Sahelzone beginnen. Eine Operation im Nirgendwo - zwischen Wüste und Savanne. Zwei Tage werden die Soldaten für die Reise nach Abeché, in das Camp im Osten des Landes, brauchen. Nachts, wenn es auf angenehme 20 Grad runterkühlt, wird Halt gemacht. Für ein Weiterkommen ist es dann zu gefährlich. In der Gegend könnten noch Rebellen sein, Banditen gibt es immer. Das sind Daschandschawid-Krieger. Sie gehören zu uralten arabischen Hirtenstämmen und leben heute davon, schwarzafrikanische Bauern in ihren Dörfern zu überfallen.

Dabei sollen die französischen Fremdenlegionäre ganze Arbeit gemacht haben. Wie viele von den Legionären im Tschad sind, weiß keiner genau. Das ist alles ebenso undurchsichtig wie das gesamte Afrika-Abenteuer und wie das Operationsziel der Franzosen. Es geht um die Flüchtlinge. Sagen sie. Aber glauben mag das keiner so recht.

Nur die Österreicher. Die sind von ihrer humanitären Aufgabe fest überzeugt. Und der Kommandant der rotweißroten Truppe im Tschad, Oberst Heinz Assmann, schwärmt von seinen Leuten. Wie es sich für einen guten Kommandanten gehört. Assmann selbst wird mit seinem Wohlstandsbäuchlein wohl eher an keinem Kampfeinsatz teilnehmen. Doch seine 60 Soldaten vom Jagdkommando will er in das "gesetzlose Gebiet" vorschicken. "Unser Auftrag lautet militärische Aufklärung. Diese Soldaten sind als versteckte Späher im Tschad unterwegs. Sie sollen Rebellen und Räuberbanden aufspüren." Erzählt er. Sollte ein Versteck ausfindig gemacht werden, übernehmen große Bataillone anderer Länder den Einsatz. Ob die Österreicher schon über verschanzte Rebellen gestolpert sind, darüber hüllt sich Oberst Assmann in Schweigen.

Hilfe für Flüchtlinge oder Kampf-Einsatz?
Hin- und hergerissen zwischen Soldateneifer, der Sorge der Angehörigen in der Heimat um ihre Söhne und die immerwährende Neutralität wird immer unklarer, wie Österreichs Auftrag hier eigentlich lautet. Hilfe für die Flüchtlinge oder Kampfeinsatz? Bisher jedenfalls ist weder der eine noch der andere Fall eingetreten.

Derweil löffeln die Soldaten das aus der Heimat in Dosen eingeflogene Gulasch. Und die wenigen Zivilisten flüchten ins Quartier Diguel Est - ins Hotel Kempinski mit einer Fassade aus feinstem Treventino-Marmor. Das Wasser im Pool plätschert sanft dahin, und an der Cocktail-Bar machen wie jeden Abend die wildesten Gerüchte die Runde.

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