Laut Bank-Studie

Österreich bei Löhnen großer Euro-Verlierer

Wirtschaft
21.08.2012 10:23
Von Wirtschaftsexperten und Politikern wird immer wieder in die Diskussion geworfen, dass Österreich besonders stark von der Einführung des Euro profitiert habe. Die Schweizer Großbank UBS hat nun die inflationsbereinigten Einkommen von elf europäischen Ländern untersucht und zieht - zumindest was die Löhne betrifft - einen gegenteiligen Schluss: Die österreichischen Einkommen sind in den vergangenen zehn Jahren quer durch alle sozialen Schichten zurückgegangen, jene der Ärmsten besonders stark - nämlich um bis zu 35 Prozent (siehe Grafik in Bild 2).

"Österreich sieht alarmierend schwach aus", kommentiert Analyst Paul Donovan in der Ende vergangener Woche erschienenen Studie. "Das Bild zeigt relativ geringe Zuwächse bei den nominellen verfügbaren Einkommen in Verbindung mit Inflation."

Inflationsbereinigte Daten untersucht
Untersucht wurden die realen (inflationsbereinigten) verfügbaren Einkommen, das ist jener Teil des Einkommens, der den privaten Haushalten für den Konsum zur Verfügung steht. Die UBS hat sich dabei anhand offizieller statistischer Daten (Eurostat) die Einkommensentwicklung von zehn Einkommensgruppen angesehen und dabei herausgefunden, dass sich nicht nur die Löhne unterschiedlich entwickelt haben, sondern auch die Preissteigerungen für die jeweiligen Einkommensgruppen unterschiedlich ausgefallen sind: "Während der vergangenen zehn Jahre hat die Inflationsungleichheit zugenommen. Güter und Dienstleistungen, die von ärmeren Haushalten angeschafft werden, haben sich tendenziell stärker verteuert als die Güter und Dienstleistungen, die von einkommensstarken Haushalten nachgefragt werden."

Das bedeutet konkret, dass in Österreich die ärmsten Haushalte am stärksten verloren haben, das reichste Zehntel noch am wenigsten (zehn Prozent). Anders als in der Mehrzahl der anderen Länder haben in der Alpenrepublik aber alle Einkommensgruppen verloren. Durchgängig auf der Verliererseite des ersten Euro-Jahrzehnts befinden sich auch die deutschen und irischen Haushalte. Bei den Griechen, Spaniern, Portugiesen sowie (untypischerweise) Finnen haben alle Einkommensschichten gewonnen. Zu den Verlieren gehören auch die französische und italienische Mittelklasse.

Langsame Annäherung der Einkommen in Euro-Zone
Relativ am stärksten legten die verfügbaren Einkommen der Ärmsten in Frankreich, Spanien, Portugal und Griechenland zu. Letztere lagen allerdings vorher sehr tief. Ein Angehöriger des schwächsten Einkommenszehntels in Frankreich hat noch 2010 doppelt so viel bekommen wie ein Grieche im schwächsten Zehntel seines Landes. Immerhin habe sich durch die Veränderungen eine langsame Annäherung der Einkommen in der Euro-Zone ergeben, schreibt die UBS. "Diese Errungenschaft aufzugeben, müsste wohl als pervers angesehen werden." In den Berechnungen nicht enthalten sind allerdings die Folgen der "wilden Austeritätsmaßnahmen" der vergangenen beiden Jahre. Analysiert wurden nur die Daten bis 2010.

"Für die meisten, wenn nicht alle Euro-Länder war die Entscheidung, an einer dysfunktionalen Währungsunion teilzunehmen, eine in wirtschaftlicher Hinsicht schlechte", schreibt Donovan. "Der Umstand, dass in einigen teilnehmenden Volkswirtschaften der Lebensstandard gefallen ist, wird dort wahrscheinlich Ressentiments und Bitterkeit gegen jene Volkswirtschaften schüren, deren Lebensstandard gestiegen ist."

Wifo-Experte zweifelt Studie an
Thomas Leoni, Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts, kann die Analyse der UBS "nicht nachvollziehen". Weder Herkunft der Daten noch Methoden seien ausgewiesen, "die für Österreich ausgewiesenen Werte würden bedeuten, dass sich die Österreicher binnen zehn Jahren um ein Fünftel weniger Güter und Dienstleistungen beschaffen hätten können". Um die Einführung der Gemeinschaftswährung für die behaupteten Effekte verantwortlich zu machen, hätten nicht nur Euro-Länder, sondern auch Staaten außerhalb des Währungsraumes zum Vergleich untersucht werden müssen.

"Ich habe auch ein Problem damit, dass es bei Ländern, die ansonsten größere Ähnlichkeiten aufweisen, so große Einkommensunterscheide geben soll", sagte Leoni mit Blick auf die von UBS analysierten Daten von Deutschland und Österreich. Auch und vor allem die deutschen Einkommensbezieher mussten wegen der moderaten Lohnabschlüsse im letzten Jahrzehnt Rückgänge bei den realen Löhnen verdauen, die von UBS ausgewiesenen Einkommensentwicklungen fielen jedoch in Deutschland wesentlich moderater aus als die für Österreich errechneten.

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