Ungleichheit regiert

Neuer Sozialbericht liefert alarmierende Zahlen

Österreich
27.01.2009 12:38
Zwischen Arm und Reich klafft in Österreich eine Lücke. Besonders die Arbeitnehmer haben in den letzten Jahren verloren, das Volkseinkommen hat sich immer mehr zugunsten von Gewinn- und Vermögenserträgen verschoben. Unverändert ist mit rund einer Million die Zahl der Armutsgefährdeten, wobei Alleinerzieher und Pensionistinnen besonders betroffen sind. Auf der anderen Seite hält das reichste Promille der heimischen Haushalte ein Vermögen, das dem der unteren 50 Prozent entspricht. Das geht aus dem Sozialbericht 2007/2008 hervor, der von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Montag vorgestellt wurde. Der Ressortchef kündigte im Zuge dessen eine Neuregelung der Schwerarbeiter-, Hackler- und Invaliditätspensionen an.

Bei Einkommen und Geldvermögen herrscht in Österreich eine große Ungleichverteilung. Während das Volkseinkommen zwischen 1996 und 2006 jährlich um 3,6 Prozent wuchs, sind die Arbeitnehmerentgelte nur um 2,8 Prozent gestiegen, die Unternehmens- und Vermögenserträge hingegen um ganze 5,4 Prozent. Der Lohnanteil am Volkseinkommen ist von 78,7 Prozent im Jahr 1978 auf 66,6 Prozent zurückgegangen.

Auch innerhalb der Lohneinkommen bestehen enorme Unterschiede. So entfielen 2006 auf die 20 Prozent mit den niedrigsten Einkommen lediglich 2,2 Prozent der gesamten Bruttobezüge und auf die 20 Prozent mit den höchsten Lohneinkommen ganze 46,7 Prozent. Keinerlei Veränderungen auch bei der Einkommensschere: Frauen verdienen um ein Drittel weniger als Männer.

Bei der Verteilung des Geldvermögens ist die Ungleichheit noch größer, hier stellt der Bericht eine "markante Konzentration" fest. Das reichste Prozent der Haushalte hält 27 Prozent des gesamten Geldvermögens. Das oberste Promille (0,1 Prozent) besitzt über acht Prozent des gesamten Geldvermögens, und damit gleich viel wie die gesamte untere Hälfte der Haushalte.

Eine Million Menschen sind armutsgefährdet
Mit 13 Prozent ist auch die Armutsgefährdungsquote unverändert geblieben. Rund eine Millionen Menschen sind armutsgefährdet, die Hälfte davon dauerhaft. Am stärksten betroffen sind Alleinerzieher und Pensionistinnen. Eine entscheidende Rolle kommt daher der Erwerbstätigkeit von Frauen zu. Familien, in denen Frauen nicht erwerbstätig sind, haben ein mindestens doppelt so hohes Gefährdungsrisiko wie Familien mit erwerbstätigen Müttern.

Mehrpersonenhaushalte ohne Kinder, mit einem Kind (acht Prozent) oder zwei Kindern (elf Prozent) sind vergleichsweise gut vor Armutsgefährdung geschützt. Bei drei oder mehr Kindern beträgt das Gefährdungsrisiko jedoch bereits 16 Prozent. Alleinerzieher sind zu 27 Prozent von Armutsgefährdung betroffen. Alleinlebende Pensionistinnen sind mit 28 Prozent rund dreimal so hoch gefährdet wie männliche Rentner (neun Prozent).

Ohne Sozialleistungen wäre die Armutsgefährdung dreimal höher. Österreich liegt mit einer Sozialquote (Sozialausgaben in % des BIP) von 28,5 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Etwa die Hälfte davon sind Leistungen für ältere Menschen - vor allem in Form von Direkt- und Hinterbliebenenpensionen, Pflegegeldern und sozialen Betreuungseinrichtungen. Rund ein Viertel entfällt auf die Gesundheit, ein Zehntel auf Familien, acht Prozent auf invaliditätsbedingte Leistungen und sechs Prozent auf Arbeitsmarktleistungen.

Mindestsicherung auch ohne Kärnten
Die "Devise" von Sozialminister Hundstorfer lautet: "Keine soziale Kälte einziehen lassen", wie er am Montag sagte. Die von Kärnten blockierte Mindestsicherung will er im Herbst in Kraft treten lassen. Geplant ist bis Ende des Jahres auch eine Neuregelung der Schwerarbeiter-, Hackler- und Invaliditätspensionen, wobei alle drei Bereiche als Gesamtkomplex reformiert werden. Eine weitere Verlängerung der Hacklerregelung "eins zu eins" wird es nicht geben.

Aus dem Sozialbericht geht hervor, dass die psychisch bedingten Erkrankungen immer mehr zum Problem werden, auch für die Sozialversicherung. Der Anteil jener Personen, die wegen psychiatrischer Probleme in die Invaliditätspension gehen müssen, hat sich in den vergangenen Jahren von elf auf 29 Prozent dramatisch erhöht. Außerdem ist das Antrittsalter zur Invaliditätspension deutlich gesunken. 1970 gingen die Österreicher im Schnitt noch mit rund 57 Jahren in die Invaliditätspension. Nunmehr ist man schon mit 53 so weit.

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