"Hochsensibel"

Missbrauchsopfer gewinnt in Streit um Datenschutz

Österreich
02.02.2013 14:20
Ein Missbrauchsopfer hat von der Datenschutzkommission der Republik in einem Verfahren gegen die römisch-katholische Kirche Recht bekommen. Der Mann, der von der Opferschutzanwaltschaft entschädigt worden war, hatte dort Auskunft über seine gespeicherten Daten verlangt, wurde daraufhin aber plötzlich von der kirchlichen Datenschutzkommission kontaktiert.

Der Beschwerdeführer hatte deshalb ein "Datenleck" vermutet, da er sich an die Opferschutzanwaltschaft sowie an die kirchliche Stiftung Opferschutz, die für die Entschädigungen aufkommt, gewandt hatte, die Antwort jedoch von der kirchlichen Datenschutzkommission kam. Diese verweigerte die Auskunft und verwies wiederum zurück an Opferschutzanwaltschaft.

Opferschutzanwaltschaft und Stiftung hätten sich lediglich deshalb an die kirchliche Kommission gewandt, um herauszufinden, wie mit solchen Auskunftsbegehren umzugehen sei. Das sei auch der Grund für die anschließende Kontaktaufnahme gewesen. Die Bestimmungen der katholischen Kirche sähen vor, dass in "Zweifelsfragen" die Auskunftserteilung der Datenschutzkommission obliege, hatte es geheißen. Allerdings habe die Kommission keinerlei Informationen über den Inhalt von Daten, sondern nur über die Datenarten selbst.

"Hochsensible Daten der Betroffenen"
Der Rechtsanwalt Heinrich Vana, der den Beschwerdeführer vor der Datenschutzkommission vertreten hatte, empfiehlt die Löschung der bei der Klasnic-Kommission gespeicherten Daten. "Wenn es in ein paar Monaten diese Opferschutzkommission der Erzdiözese Wien nicht mehr gibt, hat die katholische Kirche weiterhin Zugriff auf die hochsensiblen Daten der Betroffenen", befürchtet Vana eine Weitergabe der Daten innerhalb der Kirche.

Die Datenschutzkommission der Republik stellte nun fest, dass die Kirche den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Auskunft über eigene Daten verletzt habe. Die Kirche lege das Gesetz insoweit falsch aus, "als sie geltend macht, sie wäre nur verpflichtet, einem Auskunftswerber die über ihn grundsätzlich zur Verarbeitung vorgesehenen Datenarten offenzulegen und ihn sonst wiederum an die verantwortliche Stelle in der weitverzweigten Organisation der Beschwerdegegnerin zu verweisen, die die Daten sinngemäß freizugeben habe".

Opferschutzkommission "Teil der Erzdiözese"
Für die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt bedeutet der Spruch auch, dass die Opferschutzanwaltschaft ein Teil der Erzdiözese Wien ist und damit nicht unabhängig. Sie fordert die sofortige Löschung der Opferdaten.

Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser plädierte angesichts des Bescheids der Datenschutzkommission für eine unabhängige Aufklärung des sexuellen Missbrauchs in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen: "Mit der Feststellung, dass die Klasnic-Kommission ein organisatorischer Teil der Erzdiözese Wien ist, wird die Notwendigkeit einer unabhängigen Kommission zur Aufklärung von sexueller Gewalt in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen aufgezeigt." Er sieht einen klaren "Interessenskonflikt".

"Kirche hat niemals Einfluss genommen"
Eine Entscheidung darüber, was nach Ende der Klasnic-Kommission mit den dort erhobenen Daten passiert, ist nach Angaben des Sprechers der Bischofskonferenz, Paul Wuthe, noch nicht gefallen. Klar sei jedenfalls, dass die Opferschutzkommission nur jene Daten an die Kirche weitergebe, "die unbedingt erforderlich sind, um einem Opfer konkret zu helfen". Dies seien Name, Anschrift und Angaben darüber, was wann und wo passiert sei.

Herwig Hösele, der Sprecher der Klasnic-Kommission, ergänzte, dass keinesfalls sensible persönliche Daten oder Clearingberichte an die Kirche weitergegeben würden. Außerdem arbeite die Kommission unabhängig, die Kirche habe niemals Einfluss auf die Arbeit genommen. Der Beschwerdeführer könne in seine bei der Kommission gespeicherten Unterlagen aber natürlich Einblick nehmen.

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