Heeres-Befragung

Minister-Match im “Wahlkampf” um das Bundesheer

Österreich
13.01.2013 15:18
Eine Woche vor der Volksbefragung zur Wehrpflicht sind am Sonntag Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zum Match in der ORF-"Pressestunde" angetreten. In separaten Befragungen verteidigten dabei beide einmal mehr die Positionen ihrer Parteien in der Streitfrage um die Zukunft des Bundesheeres. Während Darabos für das Berufsheer als "intelligentes System" warb, um die Wehrpflicht zu ersetzen, warnte Mikl-Leitner vor einer "Arbeitslosenmiliz".

Österreich habe angesichts der neuen Bedrohungsszenarien keine Notwendigkeit mehr, ein Massenheer aufrechtzuerhalten, legte Darabos im ersten Teil der "Pressestunde" einmal mehr seine Argumente für eine Umstellung auf ein Berufsheer dar. Es sei wichtig, dass das neue Modell jetzt umgesetzt werde - und zwar aufgrund von neuen Bedrohungsszenarien, wie etwa "Terrorismusbekämpfung, Cyber-Kriminalität, Krieg durch die Steckdose, das Scheitern von Staaten", so der Minister.

Mikl-Leitner warnte dann noch einmal eindringlich vor negativen Konsequenzen, sollte die Volksbefragung gegen Wehrpflicht und Zivildienst ausgehen. In diesem Fall würden ein neues Sparpaket, eine "Arbeitslosenmiliz", die Gefährdung des Katastrophenschutzes sowie längere Wartezeiten auf die Rettung drohen, sagte die Ministerin am Sonntag in der zweiten, unmittelbar nach dem Auftritt von Darabos angesetzten "Pressestunde".

Kein gutes Haar ließen die Parteimanager von SPÖ und ÖVP an den jeweiligen Auftritten von Mikl-Leitner und Darabos. Während ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch dem Verteidigungsminister vorwarf, "Unwahrheiten" zu verbreiten, attestierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter der Innenministerin "Ahnungslosigkeit". SP-Klubobmann Josef Cap sprach angesichts der Warnungen Mikl-Leitners von "unglaubwürdigen Horrorszenarien".

Viele Emotionen, weniger Sachargumente
Letztlich bewiesen die Fernsehauftritte der beiden Minister aber einmal mehr, dass in der Debatte mehr Emotionen geschürt und weniger Sachargumente ausgetauscht werden. Wie auch immer die Abstimmung am 20. Jänner ausgehen mag, eines kann man jetzt schon sagen: Der "Wahlkampf" war flach, und die Argumente waren teilweise tief.

Verteidigungsminister Darabos und sein Stab legten ihr Hauptaugenmerk darauf, die ihnen anvertraute Organisation schlechtzumachen. Am Ende bezeichnete der Minister die für ihn früher "in Stein gemeißelte" Wehrpflicht gar als integrationsfeindlich und als Gefahr für die Landesverteidigung. Für Empörung sorgte zuletzt Oberösterreichs SPÖ-Chef Josef Ackerl, der Ursprünge von "Zwangsdiensten" in der NS-Zeit sah. Die ÖVP setzte dem andere Horrorszenarien gegenüber - von zu spät kommenden Rettungswagen über fehlende Soldaten bei Naturkatastrophen bis zu Kasernenschließungen.

Heftiger Kampf auch im Internet
Besonders heftig wurde der Wahlkampf im Internet geführt. Auf einer Homepage der Wehrpflicht-Gegner wurde unter Begriffen wie "Demütigung, Misshandlung, Psychoterror, Rassismus, Schikane" und dergleichen gegen das Bundesheer vom Leder gezogen, auf der Pro-Wehrpflicht-Seite gab es auf Facebook gar eine Morddrohung gegen Darabos. Die Plakate auf beiden Seiten waren wenig spektakulär, auch die Videos waren nicht gerade preisverdächtig.

Von den versprochenen Sachinformationen war dagegen wenig zu sehen. So schafften es SPÖ und ÖVP nicht, nach dem Vorbild des Landes Salzburg ein Abstimmungsbüchlein herauszugeben - dafür waren die Gräben zu tief, lieber setzte man auf klassischen Polit-Wahlkampf. Es wurde auch viel mit Zahlen jongliert. Dem Wähler dürften die Zahlenspiele wenig geholfen haben, sich ein klares Bild darüber zu machen, was das Bundesheer künftig leisten und wie viel es kosten soll.

Millionenkampagne, aber keine Materialschlacht
Relativ genau beziffern lassen sich hingegen die Kosten für die Kampagnen der Parteien: SP-Bundesgeschäftsführer Kräuter bezifferte die Ausgaben der Partei für die Kampagne mit unter einer Million Euro. VP-Generalsekretär Rauch sprach von rund 900.000 Euro aufseiten der Volkspartei. Mit dieser Summe würde laut Rauch auch die Kosten für die interne Mobilisierung (Briefe an Funktionäre, Sonderauflage der Parteizeitung "Austria Plus") abgedeckt werden. Außerdem plant die Volkspartei für die Endphase vor der Befragung noch eine Inseratenkampagne.

Zu den genannten Ausgaben der Regierungsparteien kommen allerdings noch Ausgaben für zusätzliche Aktionen der Landesparteien dazu, insbesondere in Niederösterreich und Wien. So benutzt die niederösterreichische ÖVP die Volksbefragung zur Zwischenmobilisierung im Landtags-Wahlkampf - von der Partei finanzierte Inseraten- und Plakatkampagne des Vereins "Sicherheitsforum Niederösterreich" inklusive. Und auch die Wiener SPÖ plakatiert ihre Wehrpflicht-Linie.

Wien und Niederösterreich nennen keine Zahlen
Kosten wollen allerdings weder die Schwarzen in Niederösterreich noch die Roten in Wien nennen. Mitteilungsfreudiger zeigte sich die Rathaus-ÖVP. Laut Sprecher gibt die Wiener Partei rund 30.000 Euro für Werbemittel aus. Der Großteil dafür entfalle auf Plakate in Öffi-Haltestellen. Andere Materialien wie Verteilfolder würden von der Bundespartei zur Verfügung gestellt. Unter 100.000 Euro haben laut Kräuter übrigens die in Wien und Burgenland von der SPÖ verschickten Briefe an die Wähler gekostet.

Opposition vergleichsweise zurückhaltend
Vergleichsweise zurückhaltend die Oppositionparteien: Die FPÖ gab an, bisher nicht für ihre Pro-Wehrpflicht-Linie geworben zu haben. In der letzten Woche vor der Volksbefragung gibt es aber noch eine Inseratenkampagne in Printmedien, erklärte Generalsekretär Herbert Kickl.

Die Grünen plakatieren in Niederösterreich "Die Wehrpflicht hat ausgedient". Die Zusatzkosten (laut Landespartei rund 10.000 Euro) halten sich laut Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner in Grenzen, weil die entsprechenden Dreiecksständer nach der Volksbefragung ohnehin für die Landtagswahl gebraucht würden. In anderen Ländern planen die Grünen nichts.

Gar nicht beteiligen will sich das BZÖ: "Wir boykottieren nicht nur die Volksbefragung, wir boykottieren auch die Kampagne", heißt es bei den Orangen.

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