FPÖ-Minarett-Spiel

Kurzmann drohen bis zu zwei Jahre, Partei mitangeklagt

Österreich
25.05.2011 12:43
Das gerichtliche Nachspiel für den Internetwahlkampf der steirischen FPÖ dürfte umfassender werden als gedacht. Nicht nur werden Landesparteichef Gerhard Kurzmann und der Schweizer PR-Mann, der das Islam-feindliche Onlinespiel "Moschee baba" entwickelt hat, wegen Verhetzung angeklagt. Es wird auch eine Verbandsgeldbuße gegen die FPÖ Steiermark und die Werbeagentur beantragt. Das Justizministerium hat der Staatsanwaltschaft bereits grünes Licht gegeben, die Anklageschriften sind schon in der Post.

Für das Vergehen der Verhetzung drohen bis zu zwei Jahre Haft. Landesparteichef Gerhard Kurzmann wurde bereits Ende September 2010 vom Nationalrat "ausgeliefert", damit die Behörden ermitteln konnten.

Partei soll Geldbuße zahlen
Neben der Bestrafung der beiden Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft jetzt aber auch die Verhängung einer Verbandsgeldbuße gegen die FPÖ Steiermark und die Werbeagentur beantragt. Welches Ungemach Partei und Agentur hierbei droht, ist noch unklar. Die Höhe der Geldstrafe werde "von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Organisation, die von der Straftat profitiert, bemessen und soll auch den durch die Straftat erlangten finanziellen Vorteil abschöpfen", heißt es.

"Weil das Vorgehen der FPÖ, vor Wahlen einen Skandal zu provozieren, offenbar Methode hat, haben wir das erstmals in dieser Weise angeklagt", erklärte der Leiter der Staatsanwaltschaft, Thomas Mühlbacher, am Mittwoch den neuen Anklagepunkt.

"Muezzin-Wegklicken" nach "Art eines Schussspiels"
Das "Anti-Minarett-Spiel" mit dem Titel "Moschee baba", in dem es im Landtagswahlkampf 2010 darum ging, Moscheen und Minarette sowie Muezzins "wegzuklicken" und dafür Punkte zu sammeln, hatte die steirische FPÖ gemeinsam mit einem Schweizer Werbefachmann Alexander Segert entwickelt. Segert hatte schon die Kampagne für ein Minarettverbot in der Schweiz gestaltet, bei der ebenfalls ein Internet-Spiel unter dem Namen "Minarett-Attack" zum Einsatz kam, das als Vorbild für die steirische Variante gedient hat.

Die FPÖ drohte heimischen Medien mit Klage, sollte von einem "Schießspiel" berichtet werden, schließlich seien die Muezzine und Minarette nur "wegzuklicken". Die Staatsanwaltschaft beschreibt das Spiel so: "Dieses Spiel bot einem Spieler die Möglichkeit, nach Art eines Schussspieles durch Anvisieren und Anklicken mit dem Cursor die vor und in einem stilisierten Stadtbild von Graz emporwachsenden Moscheen und Minarette zu versenken und die auf den emporwachsenden Minaretten zum Gebet rufenden Muezzine durch Anvisieren und Anklicken mit dem Cursor auszulöschen, wobei die Muezzine nach dem Anklicken im Sinne eines Treffers durch einen Schuss zusammenzuckten und ihren Gebetsruf einstellten."

Parteichef und PR-Mann sehen sich selbst als Gehetzte
Aus dem Büro von Kurzmann, vom Nationalrat mittlerweile als Landesrat für Verkehr und Umwelt in die Steiermark gewechselt, hieß es am Mittwoch, der Landesrat habe die Klagsschrift noch nicht zugestellt bekommen. Er werde erst nach Vorliegen Stellung nehmen.

Als die Justiz das Spiel mit einer einstweiligen Verfügung Anfang September vom Netz nahm, hatte Kurzmann protestiert: "Durch die falsche Berichterstattung und die politische Hetzjagd wurde die österreichische Justiz veranlasst, das Spiel zu zensurieren." Der FPÖ-Landesobmann war damals überzeugt, dass die Aktion richtig war, um ein Tabu-Thema anzusprechen. Vor laufender krone.tv-Kamera spielte er auch eifrig "Moschee baba" (siehe Infobox).

Der Schweizer PR-Mann Segert hatte gemeint, mittels des Spiels solle die bisher "vorherrschende Diskussionsblockade der anderen Parteien" aufgebrochen werden. Man wolle so eine "breite Diskussion in der Bevölkerung" ermöglichen und "vor allem junge Wähler spielerisch an das Thema 'Moschee/Minarett' heranführen" und sie zur Wahlbeteiligung motivieren.

Anwalt gegen Deutung als "Schieß-Spiel"
Der Grazer FPÖ-Anwalt Bernhard Lehofer meinte am Mittwoch, man hätte nicht im Geringsten daran gedacht, dass mit dem Ins-Netz-Stellen des Spieles der Tatbestand der Verhetzung verbunden sein könnte. Schließlich sei in der Schweiz, wo das Spiel in nahezu gleicher Form mehrere Woche lang gelaufen sei und wo es einen ähnlichen Straftatbestand gebe, "niemand auf die Idee gekommen, dagegen Schritte zu unternehmen".

Im Übrigen verwies der Anwalt auf eine schon im inzwischen abgeschlossenen Medienverfahren abgegebene Erklärung der Landesgeschäftsstelle der FPÖ, in der festgehalten wurde, dass das Spiel in der Schweiz offenbar nicht als Schieß-Spiel gedeutet wurde: "Hätte sich ein derartiger Bedeutungsinhalt für uns vor dem Ins-Netz-Stellen des Spiels erschlossen, so hätten wir keinesfalls daran gedacht, das Spiel ins Internet zu stellen."

Mittlerweile habe man zur Kenntnis genommen, "dass das Spiel offenbar medial teilweise dahingehend gedeutet wurde", weshalb man auch nicht mehr die Absicht gehabt hätte, es wieder ins Netz zu stellen, "da wir uns hinkünftig keinesfalls dem Verdacht aussetzen wollten, wir würden es gutheißen, dass auf Personen, welcher Religion auch immer, virtuell 'geschossen' würde".

Ermittlungen im Februar abgeschlossen
Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren war schon im Februar abgeschlossen worden. Ein Entscheidungsvorschlag über eine Anklage war dann von Staatsanwalt Johannes Winklhofer an die Oberstaatsanwaltschaft und weiter an das Ministerium geschickt worden. Von dort gab es jetzt grünes Licht.

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