Am Hypo-Pranger

Kärnten wehrt sich gegen “unerträgliches Bashing”

Österreich
18.02.2014 12:16
"Kärnten wird sich nicht völlig abputzen können": Mit diesen Worten hatte Finanzminister Michael Spindelegger bei der Sondersitzung zum Hypo-Debakel am Montag einen Beitrag Kärntens gefordert. Bei den in der Landesregierung vertretenen Parteien stößt der Vizekanzler und ÖVP-Chef damit allerdings auf wenig Gegenliebe. Die Kärntner FPÖ forderte als Reaktion nun ein geeintes Vorgehen gegen das "unerträgliche Kärnten-Bashing" der Bundesregierung. Ein Match zwischen Wien und dem südlichen Bundesland in Sachen Hypo scheint unausweichlich.

"Man will gegen Kärnten offensichtlich Druck aufbauen", verwies der Klubobmann der Freiheitlichen in Kärnten, Christian Leyroutz, auf die Aussagen Spindeleggers, sich an Kärntens Zukunftsfonds bedienen zu wollen. "Das kommt nicht in Frage. Kärnten hat keinen Grund, dieser Causa mit gebeugtem Kopf zu begegnen, sondern muss gegen die falschen Behauptungen sowie das Aufwiegeln der Öffentlichkeit entschieden auftreten", forderte Leyroutz am Dienstag.

Der Landespolitiker stellte einmal mehr klar, dass der alleinige Grund für die finanzielle Hypo-Misere in der unnotwendigen Verstaatlichung der Bank durch die Vorgängerregierung liege. "Was nun notwendig ist, ist ein geeintes parteiübergreifendes Vorgehen", forderte Leyroutz SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser auf, ehest einen Kärntner "Hypo-Gipfel" einzuberufen.

Schaunig: "Kärnten ganz und gar nicht fein raus"
Kärntens Finanzlandesreferntin Gaby Schaunig hatte in der "ZiB 24" am Montagabend erklärt, warum der Kärntner Landtag nicht bereit sei, den Riesenschaden der Hypo-Pleite mit den 500 Millionen des Zukunftsfonds zu verkleinern, die Kärnten aus dem Verkauf der Hypo an die BayernLB erhalten hat. Die Kärntner würden bereits "bitter zahlen", gab Schaunig zu bedenken. "Kärnten leistet einen Beitrag", stellte sie klar. Kärnten sei, anders als zuletzt Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister behauptete, "ganz und gar nicht fein raus", so Schaunig. Man habe massive Probleme geerbt. Den Kärntnern jetzt eine "Generalschuld" auferlegen zu wollen, bezeichnete die SPÖ-Politikerin als "völlig ungerechtfertigt".

Auch LH Kaiser gegen "kollektive Beschuldigung"
Gegen eine "kollektive Beschuldigung" des Bundeslandes hatte sich im Anschluss an die Hypo-Sondersitzung auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser verwehrt. "Ich halte es nicht mehr aus, wie verkürzt und einseitig Schuldzuweisungen gemacht werden", so der SPÖ-Landeschef. Keine rechte Freude mit dem Ansinnen Spindeleggers hat auch Kärntens ÖVP-Landesparteiobmann Gabriel Obernosterer. "Ich bin komplett dagegen, dass Kärnten zusätzlich belastet wird", sagte Obernosterer.

FPÖ-Landesparteichef Christian Ragger ortete indes ein "Doppelspiel der schwarzen Brüder". Immerhin habe die ÖVP im Jahr 1990 mit der Einrichtung der Möglichkeit der Übernahme von Landeshaftungen "das Chaos verursacht", so Ragger. Dass die exorbitante Ausdehnung der Haftungen auf zwischenzeitlich 25 Milliarden Euro unter der Ägide eines freiheitlichen Finanzlandesrates bzw. Landeshauptmanns passierte, ließ Ragger unerwähnt.

Köfer will Kärntner vor "wahnwitzigen Forderungen" schützen
"Wir werden Verantwortung übernehmen. Man darf uns aber nicht wirtschaftlich ruinieren", sagte Grünen-Landesrat Rolf Holub. "Wir haben diese 'Costa Concordia' nicht hingelegt", gab Holub in Richtung Spindelegger zugleich zu bedenken. "Der Kärntner Steuerzahler muss vor den wahnwitzigen Forderungen des ÖVP-Finanzministers geschützt werden", erklärte auch Landesrat Gerhard Köfer (Team Stronach). Die Schuld jetzt nur in Kärnten zu suchen, sei heuchlerisch und verlogen. "Ich verwehre mich auch gegen die Schlachtung des Kärntner Zukunftsfonds", so Köfer.

Die in der Kärntner Regierung vertretenen Parteien SPÖ, FPÖ, ÖVP, Grüne und Team Stronach hatten sich nach der Sondersitzung am Montag unisono gegen eine Extra-Beteiligung des Landes bei der Abwicklung der Hypo Alpe Adria Bank ausgesprochen. Im Kärntner Landtag wird am kommenden Donnerstag in einer Sondersitzung über die Hypo diskutiert. Für die Aktuelle Stunde ist auf Antrag der SPÖ das Thema "Die Haftungen des Landes Kärnten für die Hypo Alpe Adria Bank" vorgesehen.

Debatte über Politikerhaftung
Wie auch immer die Lösung für das Hypo-Debakel letztlich aussehen wird: Fest steht, dass viele Bürger über den Bankenskandal verärgert sind und sich wünschen würden, dass die verantwortlichen Politiker selbst für den Schaden haften. "Wenn jetzt darüber diskutiert wird, wer aller für die Hypo mitzahlen könnte, sollte daher auch nicht auf die damals involvierten Parteien vergessen werden", gab das "Wirtschaftsblatt" zu bedenken. "Statt eine Kärntner Kollektivschuld in den Raum zu stellen oder bedenkenlos alle Belastungen auf die Steuerzahler abzuwälzen, wäre es Zeit, auch die Politik - also die Landes- bzw. die Bundesparteien - in die Haftung zu nehmen. Die Hypo wäre ein guter Anlass, endlich über eine Bonus-Malus-Regelung für Politiker nachzudenken."

Juristen raten ab
Eine Politikerhaftung fordern auch Team Stronach und NEOS. Doch Verfassungsjuristen raten ab, wie das ORF-"Morgenjournal" am Dienstag berichtete. Demnach dürfen in einer Demokratie Politiker nur dann bestraft werden, wenn sie Gesetze gebrochen haben. Bloß Fehler zu machen, sei aber nicht verboten. "Die Gerichte einzuschalten, ohne dass irgendein gerichtlich relevantes Fehlverhalten vorliegt, nur für Politiker, die eben Entscheidungen treffen, die uns sehr viel kosten, das halte ich für praktisch nicht realisierbar. Das gibt es wohl nirgends", kann etwa Verfassungsrechtler Theo Öhlinger der Idee nichts abgewinnen. "Den Bürgern bleibt nur die Möglichkeit, schlechte Politiker abzuwählen."

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