Im Müll gefunden

Justiz: Wirbel um ungeschredderte Gerichtsakten

Österreich
30.08.2014 10:50
Vor wenigen Tagen sind Auszüge aus der Anklageerhebung in der Causa Meinl im Internet veröffentlicht worden. Ein Blogger hat nach eigener Aussage über Monate Hunderte Seiten an Dokumenten aus den Containern in unmittelbarer Nähe des Gerichtsgebäudes Wien-Josefstadt gefischt. Und das Datenleck soll noch weitaus größer sein: Laut einer Vorabmeldung des am Montag erscheinenden Nachrichtenmagazins "profil" könnten Richter, Staatsanwälte und Schreibkräfte systematisch sensible Akten zu teils noch laufenden Verfahren ungeschreddert entsorgt haben.

Bei den gefundenen Akten, die eigentlich hätten zerstört werden müssen, handelt es sich laut "profil" um größtenteils unversehrte Aktenstücke zu Dutzenden, auch sehr prominenten Verfahren wie Meinl, Telekom Austria, Mirko Kovats, YLine. Die Schriftstücke sollen auch zahlreiche personenbezogene Daten enthalten: darunter Observationsberichte, Anordnungen zu Hausdurchsuchungen, Kontenöffnungen und Telefonüberwachungen, Einvernahmeprotokolle, Strafanträge, Vorhabensberichte, Haftlisten, Datenblätter zu Beschuldigten, Verhandlungsprotokolle und Urteile.

Die Affäre hat innerhalb der Wiener Justiz offenbar für erhebliche Unruhe gesorgt. Bei der Anklagebehörde wird in dieser Sache offiziell wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt. Sollte allerdings der Fehler im eigenen Bereich passiert sein, läge mangels Schädigungsvorsatz wohl kein strafrechtlicher Tatbestand vor. Bei der Justiz war nach Bekanntwerden des Funds jedenfalls Feuer am Dach. "Es hat Besprechungen gegeben, und wir haben bereits Verbesserungen durchgeführt", erklärte Nina Bussek, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, nach Bekanntwerden der Panne.

Abfallentsorgung wird nun neu geregelt
So erhält jeder Mitarbeiter ab sofort zwei Behältnisse zur Abfallentsorgung: einen Container für "normales Altpapier" und einen zweiten für "Schriftstücke mit personenbezogenen und sensiblen Daten", wie Bussek erläuterte. Letztere werden - wie schon bisher - geschreddert und von einer Spezialfirma entsorgt. Aber auch das herkömmliche Altpapier will die Staatsanwaltschaft nicht mehr achtlos aus der Hand geben und von Hausarbeitern entsorgen lassen, weil es dabei - wie der aktuelle Fall nahelegte - zu Fehleinschätzungen kommen könnte. Das "normale" Altpapier wird daher zukünftig zu speziellen Terminen von der zuständigen Magistratsabteilung MA 48 direkt abgeholt. Wie Bussek darlegte, wurde eine entsprechende Vereinbarung mit der MA 48 getroffen.

"Spezielle Vernichtung" für "kritische Papiere"
Auch die Richter müssen ab sofort mit ihrem Müll sorgsamer umgehen. "Es wurde ein zusätzliches Container-System geschaffen", verriet Gerichtssprecherin Christina Salzborn. Wie einzelne Richter berichteten, wurden an die Richterschaft Schachteln mit der Aufschrift "Datenschutz" verteilt. In diesen sollen sie sensibles, aber nicht mehr benötigtes Altpapier sammeln. Das "kritische" Papier "wird dann kontrolliert und auf spezielle Weise entsorgt", sagte Salzborn. Nähere Details wollte sie dazu nicht preisgeben: "Es wird einer gesonderten und speziellen Vernichtung zugeführt."

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