Um 1,23 Milliarden

Generalvergleich beendet Hypo-Streit mit Bayern

Wirtschaft
07.07.2015 15:56
Finanzminister Hans Jörg Schelling und sein bayrischer Kollege Markus Söder haben sich auf einen Generalvergleich in Sachen Hypo Alpe Adria geeinigt. Alle laufenden gegenseitigen Gerichtsverfahren sollen dadurch beendet werden. Die Bayerische Landesbank wird von ihren offenen Forderungen 1,23 Milliarden Euro erhalten - das sind rund 45 Prozent des Streitwertes.

Es war seit Jahren an mehreren Fronten juristisch gekämpft worden. Die BayernLB hat die Hypo vor den Kadi gezerrt, weil sie 2,7 Milliarden Euro zurückverlangt, die noch in der Hypo liegen. Dazu gab es sogar ein (nicht rechtskräftiges) Ersturteil eines Münchner Gerichtes. Im Gegenzug hat die Republik Österreich geklagt, weil sie sich von den Deutschen bei der Hypo-Notverstaatlichung "getäuscht" fühlte.

In Summe laufen Verfahren mit einem Streitwert von rund 16 Milliarden (!) Euro. Ganze Heerscharen von Gutachtern und Anwälten wurden von beiden Seiten aufgeboten. Doch selbst Richter empfahlen bei den bereits stattgefundenen Verhandlungen den Parteien, sich angesichts der komplizierten und teils verwirrenden Sachverhalte doch auf einen Vergleich zu einigen.

Weiterführen der Prozesse nachteilig
Gleich nach seinem Amtsantritt hat sich Schelling mit seinem bayrischen Kollegen Söder auf ein erstes Abtasten getroffen. Es folgte (streng geheim) ein Vorschlag für eine Lösung. Im Gegenzug verständigte man sich darauf, dass beide Seiten eine Expertengruppe einsetzen, die Vorschläge für einen Vergleich erarbeiten sollten. Denn beiden Seiten war klar, dass Risken und drohende Prozesskosten so hoch sind, dass eine Weiterführung der unzähligen Verfahren wohl für alle nachteilig wäre.

Nach nur fünf Verhandlungsrunden wurde den Ministern eine Lösung vorgeschlagen, die dann in persönlichen Gesprächen zu folgendem Kompromiss führte: Die Bayern erhalten 1,23 Milliarden Euro aus der Hypo. Das sind 45 Prozent jenes Betrages, den das Münchner Gericht bei seinem Ersturteil (die österreichische Seite hat bereits Berufung eingelegt) der BayernLB zugesprochen hat.

In diesem Verfahren ging es darum, ob die Geldmittel, die die BayernLB als damaliger Eigentümer der Hypo zur Verfügung gestellt hatte, aufgrund der Tatsache, dass die Bank schon praktisch pleite war, als Eigenkapital des Aktionärs einbehalten werden durften. Die Hypo hatte die Rückzahlung eingestellt, die Bayern den Betrag eingeklagt. Im Zuge des Vergleichs werden nun aber alle Verfahren, die zwischen den Parteien laufen, eingestellt.

Schelling will sich doppelt absichern, bevor das Ganze über die Bühne geht. Daher wird Richterin Irmgard Griss, die mit ihrem Bericht über die Hypo-Vergangenheit schon gezeigt hat, dass sie Fakten präzise aufarbeiten kann, erneut beauftragt. Schelling zur "Krone": "Sie soll mit Experten überprüfen, ob der Vergleich uns in jedem Fall billiger kommt als das Weiterführen der Prozesse." Zusätzlich soll auch die Finanzmarktaufsicht ihre Expertise abgeben. Geben beide grünes Licht, soll der Deal im September über die Bühne gehen.

"Vergleich ist seriös und vertretbar"
Die Bayern würden die 1,23 Milliarden Euro sofort erhalten. Wenn bei der Abwicklung der Heta (die "Bad Bank" der Hypo) Geld übrig bleibt, würde das für die Finanzierung verwendet. "Wenn nicht, übernehmen wir das aus dem Budget", stellt Schelling klar. "Wir wenden damit jahrelange teure Gerichtsverfahren mit äußerst ungewissem Ausgang ab und schaffen gleichzeitig eine Normalisierung der Beziehungen mit unserem Nachbarn."

Bayerns Finanzminister Söder nennt den geplanten Generalvergleich im Milliardenstreit "seriös und vertretbar". "Viel mehr werden wir nicht bekommen", gab er zu. Endgültig zustimmen müssen am Ende aber die Parlamente, sowohl in Wien als auch in München.

Damit ist zwar ein Problem gelöst, doch es warten bei der Hypo noch genügend andere. "Die Heta ist ein Rucksack voller ungelöster Probleme", so Schelling. Gegen den geplanten Schuldenschnitt z.B. sind ebenfalls bereits mehrere Klagen eingelangt.

Kommentar: Der erste Schritt
"Man sieht, dass unter zivilisierten Menschen eine Einigung relativ rasch möglich ist", kommentierte Finanzminister Schelling mit sichtlicher Genugtuung am Montagabend die doch für alle überraschende Lösung im Konflikt zwischen der Hypo und der Bayerischen Landesbank. Die von ihm eingesetzte dreiköpfige Expertengruppe hat sich fünfmal mit den deutschen Kollegen getroffen, um die Grundlagen für den Vergleich aufzubereiten. Seine Vorgänger haben das Problem wie eine heiße Kartoffel nicht wirklich angerührt. Stattdessen hörte man immer wieder Ausreden, warum Verhandlungen nicht möglich seien.

Zum Feiern besteht allerdings kein Grund. Das ganze Thema Hypo ist und bleibt das traurigste Kapitel in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte, das den Steuerzahler mit bisher 5,5 Milliarden Euro mehr gekostet hat als die soeben beschlossene Steuerreform. Doch es ist ein erster Schritt. Immerhin wurde an einer "Front", an der unzählige Anwälte, Gutachter und Beamte beschäftigt waren, mit einer vernünftigen Lösung Frieden geschlossen, anstatt noch Jahre um Milliarden zu prozessieren.

Jetzt kann sich Schelling voll auf die offenen Probleme bei der Hypo konzentrieren: Der Schuldenschnitt bei den Heta-Gläubigern ist juristisch noch lange nicht im Trockenen, der Umgang mit den Haftungen des Landes Kärnten nicht gelöst. Es ist ihm und uns Steuerzahlern zu wünschen, dass auch dort ähnlich erfolgreich verhandelt wird wie bei den Bayern.

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