Reaktionen

“Es gibt nichts, was ich ihm nachtragen würde”

Österreich
26.08.2014 17:33
ÖVP-Obmann Michael Spindelegger ist am Dienstag von all seinen Ämtern zurückgetreten. Hier lesen Sie die Reaktionen auf den Abgang des Vizekanzlers.

Bundeskanzler Werner Faymann sieht die Koalition durch den Rücktritt von Vizekanzler Spindelegger nicht gefährdet. "Ich gehe davon aus, dass die Koalition bis 2018 hält", sagte Faymann, der am Dienstag nach dem Ministerrat alleine vor die Presse trat. Es sei Angelegenheit des Koalitionspartners, nun einen Nachfolger zu nominieren. Faymann lobte Spindelegger und bedankte sich "für die Zusammenarbeit in einer wahrlich schwierigen Zeit". "Es gibt nichts, was ich ihm nachtragen würde", sagte Faymann.

"Ich habe schon immer wieder bemerkt, dass der Vizekanzler und Finanzminister sehr belastet war von den schwierigen Aufgaben, die er zu bewältigen hat", sagte Faymann, er sei aber davon ausgegangen, dass Spindelegger bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben werde. Die Regierung habe das Land gut durch die Wirtschaftskrise geführt, die Anstrengungen, aus der Krise herauszukommen, seien aber "ganz besondere".

"In dieser Situation hatte Michael Spindelegger eine harte Arbeit zu leisten", sagte Faymann. Er lobte Spindelegger dafür, dass er "sehr beharrlich" bei der Budgetstabilität, der Erreichung der Budgetziele oder der Diskussion über das Bankenwesen viele Maßnahmen gewagt habe, die Österreich auf den Weg der Stabilität gesetzt hätten.

Bundespräsident Heinz Fischer geht davon aus, dass die Stabilität Österreichs nicht unter dem Rücktritt von Spindelegger leiden wird. Er appellierte allerdings an die Koalition, den Anlass zu nutzen, um "wirklich durchzustarten" und die Bewältigung "verschiedener Probleme" jetzt in Schwung zu bringen.

Die Entscheidung Spindeleggers komme "nicht überraschend, ich verstehe sie und respektiere sie", reagierte Niederösterreichs ÖVP-Landeschef Erwin Pröll. Spindelegger habe unter schwierigen Bedingungen im April 2011 die Verantwortung als ÖVP-Obmann übernommen, vom ersten Tag an großen persönlichen Einsatz gezeigt und mit vollem Engagement die Partei geführt. "Vor allem aber hat er schwierige Probleme im Finanzressort übernommen und dabei für vieles den Kopf hingehalten, wofür er aber schon gar nichts konnte", betonte Pröll. Spindelegger habe sich mit ganzer Kraft und Persönlichkeit für Österreich eingebracht und in einem schwierigen finanziellen Umfeld die Republik auf Kurs gehalten. "Die Volkspartei Niederösterreich dankt ihm für seine ehrliche Arbeit", so Pröll.

Der oberösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer bedauerte den Rücktritt Spindeleggers und zeigte sich "betroffen", denn dieser sei ein "exzellenter Sachpolitiker" gewesen. Aber sein Schritt sei zur Kenntnis zu nehmen. Es gebe dafür viele Ursachen, die in Summe den Ausschlag gegeben hätten. Die Nachfolge werde "sorgsam und genau" im Bundesvorstand beraten, Konkretes wollte er dazu nicht sagen.

Pühringer erklärte: "Ich hoffe sehr, dass es mehr gemeinsame Politik in der Bundesregierung geben wird." Die Bürger müssten wieder den Eindruck gewinnen, es gehe was weiter und es werde nicht gestritten. Der Ärger sei derzeit groß, aber dafür dürfe man nicht alleine Spindelegger die Schuld geben. "Jetzt muss es Reformen geben, Mut zu Reformen und eine Vorwärtsstrategie", verlangte Pühringer.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer mahnte die Partei am Dienstag zur Besonnenheit: "Die Salzburger Volkspartei nimmt den Rücktritt von Parteiobmann Michael Spindelegger zur Kenntnis. Ich bin mir sicher, dass er sich diesen Schritt wohl überlegt und die Entscheidung nicht leichtfertig getroffen hat. Er hat die Volkspartei nach der Erkrankung von Josef Pröll in einer politisch schwierigen Zeit übernommen und mit viel Engagement geführt. Dafür danke ich ihm und wünsche ihm persönlich alles Gute für seine Zukunft."

Sich selbst nahm Haslauer als Spindeleggers Nachfolger als Bundesparteiobmann aus dem Spiel: Er wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen und werde weder nach Wien gehen noch Bundesparteiobmann werden.

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter zeigte sich vom Rücktritt seines Bundesparteiobmannes "überrascht". Jetzt gehe es darum, dass beim Parteivorstand das weitere Prozedere festgelegt werde, wie die Bundespartei personell und inhaltlich neu aufgestellt werde. "Der Rücktritt stellt uns zwar vor eine schwierige Situation, bietet aber auch eine Chance für einen Neustart. Wir Länderchefs werden uns hier konstruktiv einbringen. Es ist unser gemeinsames Anliegen, dass die Bundes-ÖVP wieder in die Spur kommt", erklärte Platter.

Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner sieht Spindeleggers Rücktritt als eine "sehr persönliche Entscheidung", die es zur Kenntnis zu nehmen gelte. Von der Kritik seines Parteikollegen, er habe die Loyalität innerhalb der Volkspartei in der letzten Zeit vermisst, fühlte sich Wallner nicht angesprochen. Vorarlberg habe immer eine sehr solide Haltung eingenommen. "Anders als andere, die nur über den Zeitpunkt der Umsetzung der Steuerreform diskutiert haben, haben wir von Anfang an gesagt, eine solide Konzeption muss auf den Tisch", so der Vorarlberger Landeshauptmann, der aber auch einräumte, dass eine Entlastung der Einkommen rasch kommen müsse.

Die parteiinternen Vorwürfe gegenüber Spindelegger konnte Wallner dennoch nachvollziehen. "Kein Wunder", bei Wahlkampfveranstaltungen werde er täglich auf die Steuerreform angesprochen, "eine Partei hat auch darauf zu reagieren", betonte Wallner.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner war vom Rücktritt ihres Parteifreundes "überrascht, aber die Entscheidung des Herrn Vizekanzlers ist zu akzeptieren".

Außenminister Sebastian Kurz bedankte sich in seiner Funktion als Obmann der Jungen ÖVP bei Spindelegger dafür, dass dieser auch junge Politik gefördert habe. "Die Entscheidung seines Rücktritts ist ein mutiger Schritt, den wir respektieren", sagte Kurz in einer Aussendung.

"Es kann bei uns nicht so weitergehen, dass wir alle drei Jahre einen neuen Parteiobmann brauchen", kommentierte der ehemalige ÖVP-Klubobmann und jetzige Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf den Rücktritt des Vizekanzlers. "Ich bedauere den Rücktritt sehr", so Kopf.

"Das ist keine einfache Situation, aber wir werden sie meistern müssen", kommentierte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl am Rande des Forums Alpbach den überraschenden Rücktritt von Spindelegger. "Persönlich kann ich den Rücktritt nachvollziehen, ich hätte mir aber gewünscht, dass es zu einer Aussprache kommt und nicht zu einem sofortigen Rücktritt", so Leitl.

Zu den von Spindelegger genannten Gründen meinte Leitl: "Die Situation kennen wir, sie ist und war eine schwierige, dazu natürlich auch die unerfreulichen Wirtschaftsdaten, die sich aufs Budget durchschlagen", so der WKÖ-Chef.

Wiens ÖVP-Landesparteiobmann Manfred Juraczka bedankte sich für Spindeleggers Arbeit und "seinen großen Einsatz für unser Land". Spindelegger habe bis zuletzt für seine Überzeugungen gekämpft und sei sich immer treu geblieben, so Juraczka in einer Aussendung. Der Chef der Rathaus-Schwarzen lobte Spindelegger als "versierten Sachpolitiker". Sein Rücktritt sei als "persönliche Entscheidung" zu respektieren.

Verständnis für den Rücktritt von Michael Spindelegger hat der burgenländische ÖVP-Obmann Franz Steindl geäußert. Steindl sprach laut Aussendung von "schlechtem Stil" und einer "scheibchenweisen Demontage" Spindeleggers durch "einige Persönlichkeiten in der ÖVP, die es eigentlich besser wissen sollten". Was sich in den vergangenen Wochen abgespielt habe, sei "ein unwürdiges Schauspiel", das der ÖVP insgesamt Schaden zugefügt habe. "Wo gehobelt wird, fliegen Späne, und natürlich hat auch Vizekanzler Spindelegger Fehler gemacht. Aber er hat die ÖVP in einer sehr schwierigen Situation übernommen und die Partei stabilisiert", meinte Steindl.

Für den steirischen ÖVP-Landeschef Hermann Schützenhofer war Spindeleggers Rücktritt "eine Frage der Zeit. Er muss zu Unrecht das ausbaden, Regierungsprogramm und seinen strategischen Vorschlägen, die nicht angenommen worden seien, habe er sich bewusst nicht mehr zu Bundesthemen gemeldet. Ohne Namen zu nennen, meinte Schützenhöfer: "Nun sind es jene, die über mich hergefallen sind, die Spindelegger scheibchenweise demontiert haben."

Dem Geschäftsführer der Kärntner ÖVP, Josef Anichhofer, fiel zum Rücktritt von Spindelegger im ersten Moment nur ein Wort ein: "Überraschung." Anichhofer sieht den ausschlaggebenden Grund für Spindeleggers Rückzug nicht in der parteiinternen Kritik, sondern beim Koalitionspartner SPÖ. "Wie mit ihm auch vor allem in der Koalition umgegangen wurde, diese Art und Weise hat er sich persönlich nicht verdient. Man hat ihn als Finanzminister im Regen stehen gelassen", meinte Anichhofer.

"Es ist seine Entscheidung und er wird die Gründe dafür haben", kommentierte SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer Spindeleggers Rücktritt. "Ich nehme an, er hat es sich nicht leicht gemacht." Ein drohendes Ende der Koalition sieht der Minister nach wie vor nicht. Es gebe lediglich Auseinandersetzungen in Sachfragen, wie zuletzt beim Thema Steuerreform.

Alois Stöger, der eben erst seinen Wechsel vom Gesundheits- ins Infrastrukturministerium offiziell gemacht hat, zeigte sich überrascht über die Veränderungen beim Koalitionspartner. Er hofft nun, dass vor allem der wichtige Posten des Finanzministers rasch nachbesetzt wird. "Ich gehe davon aus, dass das bald abgeschlossen ist", setzt er auf den internen Prozess bei der ÖVP.

Die designierte Nationalratspräsidentin Doris Bures hofft ebenso, dass die ÖVP eine rasche Nachfolge findet. Auch sie sei "einigermaßen überrascht" über diesen Schritt gewesen, sagte sie nach dem Ministerrat.

Der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Landeschef Michael Häupl nimmt den Rücktritt von Spindelegger "respektvoll" zur Kenntnis: "Ich habe den Eindruck, dass es eine eher sehr persönliche Entscheidung war." Er hoffe nun, dass die neue ÖVP-Führung möglichst rasch die Reformvorschläge der SPÖ diskutiere und aufnehme. Wie es in der ÖVP nun personell weitergeht, darüber wollte Häupl nicht spekulieren: "Auch die SPÖ lässt sich nicht vorschreiben, wen sie für Ministerämter nominiert". "Sehr überraschen" würde es ihn jedoch, wenn sein Landeshauptmann-Kollege aus Niederösterreich, Erwin Pröll, die Nachfolge antreten würde: "Weil ich glaube nicht, dass der Erwin Pröll eine Funktion übernehmen wird, wo Vize davorsteht."

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sieht nach dem Rücktritt des Vizekanzlers die Regierung am Ende. In einer Aussendung forderte er unverzüglich Neuwahlen. "Was wir derzeit von SPÖ und ÖVP erleben, kann nur als innenpolitische Chaostage bezeichnet werden." Das einzige, was Bundeskanzler Werner Faymann und Spindelegger unterscheide, sei die Parteidisziplin, denn ohne diese wäre der SPÖ-Chef auch schon fällig für einen Rücktritt gewesen, so Strache, der ein eindeutiges Signal in diese Richtung am kommenden SPÖ-Parteitag erwartet.

"Dass die Koalition in einer derart schwierigen Zeit, wie wir sie mit Massenarbeitslosigkeit, Höchststeuerdruck, Wirtschafts- und Bankenkrise erleben, ausschließlich mit sich selbst beschäftigt ist, zeigt schon deutlich, dass hier ein Wechsel dringend notwendig ist", begründete Strache seine Forderung nach Neuwahlen.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig sieht im Rücktritt von Spindelegger die Chance, dass die ÖVP ihren "Kurs als Hauptblockierer" korrigiert. Spindelegger habe gerade bei der Steuer- sowie Bildungsreform "extrem konservative Hardliner-Positionen" bezogen, meinte Glawischnig. Anzurechnen sei Spindelegger, dass er nach der Nationalratswahl neue, interessante Persönlichkeiten in die Regierung geholt habe, mit wenig Rücksicht auf die Proporzwünsche - dafür zahle er jetzt auch sicher den politischen Preis.

Zu großer Verwunderung führte der Rücktritt von Spindelegger bei NEOS-Chef Matthias Strolz. "Na, schreck, ich bin völlig überrascht. Ich hoffe, die ÖVP schafft eine geordnete Übergabe, das wäre für das Land wichtig", so Strolz. Für die Übergabe sei ein "solider Prozess" notwendig.

Nicht überrascht vom Rückzug Spindeleggers hat sich am Dienstag Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur gezeigt. "Mit tut sein Rücktritt deshalb leid, weil es mir sehr gefallen hat, dass er bei den Vermögenssteuern stark dagegen gehalten hat", meinte sie in einer Aussendung. Österreich brauche jetzt einen Finanzminister, "der etwas von Wirtschaft versteht und bereit ist, die dringend notwendigen Steuerreformen für unser Land rasch umzusetzen". Ziel müsse sein, die Wirtschaft anzukurbeln.

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