Dass Wehrmachtsdeserteure viele Jahrzehnte als Verräter angesehen wurden, sei "traurig, das ist etwas, wofür man sich entschuldigen und schämen muss". Die nun erfolgende, späte Würdigung sei "ein wichtiger und richtiger Schritt", sagte Fischer.
"Die Desertion aus der Wehrmacht ist immer eine Friedenstat, dafür gebührt allen, die desertiert sind, unser Dank", betonte auch der Klubobmann der Wiener Grünen, David Ellensohn. Das Denkmal sei "an einem der zentralsten Plätze der Republik" aufgestellt worden - "ein idealer Platz als Ausgangspunkt für zivilen Ungehorsam".
Bürgermeister Michael Häupl betonte, dass die Deserteure Teil des antifaschistischen und antinationalsozialistischen Widerstands gewesen seien, und bedankte sich beim Deserteur Richard Wadani, der sich "mit großer Sturheit" für das Denkmal eingesetzt habe. "Für mich ist der heutige Tag nicht nur erfreulich, sondern auch ein Tag der Genugtuung", sagte Wadani. Seine vor 70 Jahren getroffene Entscheidung, zu desertieren, sei nicht von heute auf morgen gekommen. Es sei ihm vielmehr "vollkommen klar gewesen, dass man für dieses Regime nicht kämpfen kann".
220.000 Euro für liegendes X
220.000 Euro stellte die Stadt für das im rot-grünen Koalitionspapier verankerte Denkmal zur Verfügung. Es besteht aus einer begehbaren dreistufigen Skulptur, die ein rund zehn mal neun Meter großes liegendes X darstellt. In die Oberfläche wurde eine Inschrift eingelassen, die aus den Worten "all" und "alone" besteht und ein Gedicht des schottischen Lyrikers Ian Hamilton Finlay zitiert. Damit soll auf den Widerstand des Einzelnen gegen die Masse verwiesen werden.
Für die Gestaltung des Denkmals war der deutsche Künstler Olaf Nicolai verantwortlich. Umgesetzt wurde das Vorhaben von der Initiative "Kunst im Öffentlichen Raum". Die ursprüngliche Überlegung, das Denkmal blau zu lackieren, wurde wieder verworfen, stattdessen wurde die Farbe in den Beton gemischt. Das erinnert laut der Initiative an ein "verwaschenes Jeansblau", eine Farbe, mit der der Künstler den Romanhelden aus Ulrich Plenzdorfs "Die neuen Leiden des jungen W." assoziiert - ein Aussteiger, der sich verweigert.
Tausende Deserteure von Nazis zum Tode verurteilt
Die nationalsozialistische Militärjustiz verhängte während des Zweiten Weltkriegs mehr als 30.000 Todesurteile. Die meisten ergingen gegen Deserteure und sogenannte Wehrkraftzersetzer.
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