Vier Schuldsprüche

Causa Birnbacher: 5,5 Jahre Haft für Martinz

Österreich
02.10.2012 08:16
Der ehemalige Kärntner ÖVP-Obmann Josef Martinz (Bild) ist am Montag im Birnbacher-Prozess am Landesgericht Klagenfurt wegen Untreue zu einer unbedingten Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Die Vorstände der Kärntner Landesholding, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander, wurden vom Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Manfred Herrnhofer zu drei bzw. zwei Jahren unbedingt verurteilt. Der Steuerberater Dietrich Birnbacher, der als Einziger geständig gewesen war, erhielt drei Jahre, zwei davon bedingt.

Die Angeklagten wurden im Zusammenhang mit der Zahlung eines Honorars in der Höhe von sechs Millionen Euro an Birnbacher für dessen Rolle im Verkauf der Hypo Kärnten an die BayernLB verurteilt. Der deutsche Gutachter Frank Schäfer hatte den Wert der Arbeit Birnbachers mit maximal 300.000 Euro beziffert. Der Betrag von 5,7 Millionen Euro sei "rechtsgrundlos" anerkannt worden, hieß es nun in der Urteilsbegründung.

Richter Herrnhofer erklärte, die Schuld der vier Verurteilten sei zweifelsfrei erwiesen. Bis auf Birnbacher, der Bedenkzeit erbat, meldeten alle, auch der Staatsanwalt, Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Ankläger Andreas Höbl akzeptiert das Urteil nicht, weil der Schöffensenat die Ausweitung der Anklage nicht berücksichtigt hat. Die Verteidiger von Martinz, Megymorez und Xander wiederum wollen in der Instanz einen Freispruch erreichen. Martinz sieht sich als Opfer eines "Schauprozesses", der öffentliche Druck sei so groß gewesen, dass der Richter gar nicht anders entscheiden hätte können. Ein Albtraum sei wahr geworden. Birnbacher streute Asche auf sein Haupt und will den Schaden wiedergutmachen.

"Hier hat die Politik das Geschehen bestimmt"
Herrnhofer hob in der Begründung des Urteils, über das mehr als drei Stunden lang beraten worden war, die politische Einflussnahme auf die Landesholding hervor. Dort seien "politische Spielchen" getrieben worden. Herrnhofer: "Hier hat die Politik das Geschehen bestimmt, es war die Politik, die Einfluss genommen hat. Und es war auch so, dass im Aufsichtsrat, der politisch besetzt wurde, bei Abstimmungen politisches Kleingeld gewechselt wurde." Bei der Übernahme des Sechs-Millionen-Euro-Honorars für Birnbacher durch die Holding hätten der ehemalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und Martinz direkten Einfluss auf die Entscheidung genommen, obwohl sie Aufsichts- und Prüforgane gewesen seien. Der Richter kritisierte auch die Einflussnahme auf die Gutachter, welche die Angemessenheit des Millionenhonorars bescheinigen sollten.

Bezüglich des vereinbarten Honorars von ursprünglich zwölf Millionen sah Herrnhofer das Problem, dass die schriftliche Vereinbarung mit Birnbacher zwar aus dem Jahr 2008 stamme, in Wahrheit aber ein Jahr vorher getroffen worden sei. Es sei jedoch eindeutig gewesen, dass sowohl Haider als auch Martinz "klar war, dass nicht die gesamte Summe Birnbacher zufließen soll". "Wir gehen davon aus, dass das von vorneherein eine abgemachte Sache war", meinte er in Bezug auf die Absprache zwischen Martinz, Haider und Birnbacher, dass das Honorar zur Parteienfinanzierung gedient habe.

Bei den Strafen habe man es sich nicht leicht gemacht, so Herrnhofer. Mildernd sei neben der Unbescholtenheit auch das Faktum, dass die Tat lange zurückliege, was sich bei allen Angeklagten in einem "Abzug von sechs Monaten" niederschlage. Allen vier komme zudem zugute, dass ein Teil der Summe sichergestellt worden sei. Bei Martinz komme allerdings die "besonders verwerfliche Motivlage" erschwerend hinzu. Dieser habe zwar richtig gesagt, dass er es nicht allein gewesen sei, "aber der andere (der verstorbene Landeshauptmann Haider, Anm.) ist nicht mehr da". Bei den Vorständen habe man aus generalpräventiven Überlegungen keine teilbedingten Strafen gewährt. Birnbacher habe hingegen wesentlich zur Aufklärung beigetragen, daher habe man trotz der hohen Schadenssumme zwei Jahre bedingt nachgesehen.

Unterschiedliche Parteienreaktionen auf Urteile
Unterschiedlich reagierten Kärntens Parteien am Montagabend auf die Urteile im Birnbacher-Prozess. "Es ist eine menschliche Tragödie, vor allem für die Familie von Martinz. Es ist aber auch eine Mahnung für all jene, gegen die noch Ermittlungen laufen", sagte der interimistische ÖVP-Landesparteichef Gabriel Obernosterer.

SPÖ-Parteiobmann Peter Kaiser meinte: "Die Entscheidungen bei Gericht sind, so schwer sie die Familienangehörigen der Verurteilten trifft, ein leider notwendiges Signal an all jene politischen Vertreter, die Gefahr laufen, ihre tatsächlichen Aufgaben aus den Augen zu verlieren und die ihnen geliehene Macht zum eigenen Vorteil zu missbrauchen. Ein System ist heute verurteilt worden, wobei leider nicht damit zu rechnen ist, das die Causa zu Ende sein wird."

FPK-Chef Kurt Scheuch erklärte: "Ich habe es mir in letzter Zeit angewöhnt, Gerichtsurteile nicht zu kommentieren." Für ihn hätten die Freiheitlichen "in keiner Weise mit dem Skandal um Birnbacher und Martinz" etwas zu tun. "Ich bin von Martinz zwar enttäuscht, dass er alle über Jahre hinweg angelogen hat, aber menschlich tut er mir leid, ganz besonders auch seine Familie", meinte Scheuch.

Etwas anders wurden die Urteile bei den Grünen gesehen: "Die Birnbacher-Martinz-Affäre war der bisher größte politische Kriminalfall in Kärntens Politik. Mit den heutigen Schuldsprüchen ist ein Teil dieses Kapitels auch vonseiten der Justiz aufgearbeitet worden. Weitere Kapitel warten jetzt auf ihre juristische Bearbeitung. Die heutigen Urteile waren ein erster Schritt", so Grünen-Chef Rolf Holub.

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