"Totengedenken"

Burschenschafter gegen “dieses Pack da drüben” in Wien

Wien
08.05.2011 22:00
Begleitet von heftigen Protesten hat der Wiener Korporationsring am Sonntag, dem Jahrestag der Kapitulation Hitler-Deutschlands bzw. dem Tag der Befreiung, sein "Totengedenken" auf dem Heldenplatz in Wien abgehalten. Mehrere hundert Gegendemonstranten haben sich neben den Burschenschaftern eingefunden, zu Zwischenfällen ist es nicht gekommen. Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der seine angekündigte Rede in letzter Minute abgesagt hatte, sprang der Landtagsabgeordnete und Panzerbrigadier Wolfgang Jung ein.

Die Mitglieder des Korporationsringes, dessen Vorsitz in diesem Jahr die schlagende Wiener Burschenschaft Olympia innehat, fanden sich zu Beginn des Zuges auf den Heldenplatz gegenüber der Uni Wien ein, wo bereits heftig protestiert wurde.

Unter den Teilnehmern befand sich - trotz Straches Absage - etliche FPÖ-Prominenz. So etwa der Wiener Klubchef der Freiheitlichen, Johann Gudenus, und dessen Vater, der wegen NS-Wiederbetätigung vorbestrafte Ex-Politiker John Gudenus. Ebenfalls dabei war der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf.

FPÖ-Redner: "Dieses Pack da drüben"
Auf dem Heldenplatz sowie bereits auf dem Weg zur dortigen Krypta hatte sich ein großes Polizeiaufgebot eingefunden, das den Zug begleitete. Bereits als Jung das Wort ergriff, explodierten einige Knallfrösche in der Sicherheitszone zwischen den von der Polizei mit 700 bezifferten Gegendemonstranten und den rund 200 Burschenschaftern. Auf diese ging der freiheitliche Politiker sogleich ein: "Wenn es überhaupt einer Berechtigung bedarf, weswegen wir überhaupt hier sind, braucht man nur dorthin schauen."

Und weiter: "Was würde uns blühen, wenn dieses Pack da drüben an die Macht käme?" Zudem bezeichnete es Jung als "unglaubliche Provokation", dass die Demonstranten entgegen der Erwartung der Veranstalter doch näher an das (mit Gittern abgetrennte) "Totengedenken" durften. Er sprach von einem "Wink der SPÖ".

Strache bei "Verhandlungen auf europäischer Ebene"
Jung entschuldigte auch seinen Parteichef Strache, weil dieser kurzfristig zu wichtigen "Verhandlungen auf europäischer Ebene" musste, anstatt wie angekündigt vor den Burschenschaftern zu sprechen. Dieser habe sich keineswegs absentiert und bedauere zutiefst, nicht hier sein zu können.

Attacken gab es vor allem auf die Grünen, die bei einer eigenen Veranstaltung zum 8. Mai mit Champagner gefeiert hätten, behauptete Jung. "Für viele waren diese Tage alles andere als eine Befreiung", meinte Jung in seiner Ansprache. "Das Recht auf Gedenken gilt nicht nur für bestimmte Gruppen", rechtfertigte er die Veranstaltung der Burschenschafter.

Internet-Neonazis "eigentlich Wirrköpfe"
Der FPÖ-Landtagsabgeordnete versuchte aber auch, sich von Rechtsextremen, die etwa auf der Website "alpen-donau.info" für das Totengedenken geworben hatten, zu distanzieren. Dort war das Totengedenken als Trauerveranstaltung für das Ende des Hitler-Regimes dargestellt worden. Obwohl sich die Betreiber der Website als national ausgeben würden, seien sie "eigentlich Wirrköpfe", meinte Jung. Er verurteilte dazu etwa das Beschmieren von Grabsteinen von KZ-Opfern.

Der Bundesheer-Brigadier Jung sprach sich auch deutlich gegen die Abschaffung der Wehrpflicht aus und verurteilte die angedachte Auflassung des einstigen Ehrengrabes des NS-Luftwaffenoffiziers Walter Nowotny auf dem Wiener Zentralfriedhof, das von zahlreichen Burschenschaftern und FPÖ-Politikern wie eine Pilgerstätte verehrt wird. "Es gibt keine einzige Äußerung, die man ihm vorwerfen könnte", so Jung. Sogar der ehemalige Gegner im Zweiten Weltkrieg zolle diesem Respekt. Wäre Nowotny am Leben geblieben und bei der richtigen Partei gelandet, hätte ihn Kreisky vielleicht sogar zum Verteidigungsminister gemacht.

Polizei: "Keine relevanten Ereignisse"
"Trotz massiver Störversuche durch Pfeifkonzerte und Bewurf mit Knallkörpern konnte die Kranzniederlegung vor der Krypta stattfinden. Das Platzverbot im Bereich des Heldenplatzes wird mit 21.15 Uhr aufgehoben", hieß es am Abend in einer Mitteilung der Polizei. Nach der Kranzniederlegung zogen sowohl die Burschenschafter als auch die Gegendemonstranten ab. Es habe "keine relevanten Ereignisse" gegeben, so die Polizei.

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