Androsch-Ansage

“Blockierer von Profi-Heer sturmreif geschossen”

Österreich
09.11.2012 16:30
Ex-Vizekanzler Hannes Androsch (SPÖ) führt das Personenkomitee für ein Profi-Heer an. Im "Krone"-Gespräch mit Conny Bischofberger äußert sich der 74-Jährige zur im Jänner anstehenden Wehrpflicht-Volksbefragung, zu Gabi Burgstallers Bundesheer-Sager und zu General Edmund Entacher.

Die Androsch International Consulting am Opernring 1, dritter Stock. Da liegt einem die Kärntner Straße zu Füßen. Hannes Androsch ist noch ganz ergriffen von Obamas Rede. Es ist der Nachmittag nach den US-Wahlen. "Um 4 Uhr morgens bin ich heute wach geworden", erzählt der Industrielle - das passiere bei Männern in seinem Alter -, "und hab festgestellt, dass Obama wohl gewinnt. Da konnte ich beruhigt weiterschlafen bis zu seiner Rede."

Hier gibt's drei Audio-Ausschnitte vom Interview: Androsch äußert sich zu Sinn und Unsinn des Bundesheers, General Entacher, Gabi Burgstaller und zur Wiederwahl Obamas.

Das müsse man sich einmal vorstellen: "Ein Schwarzer wird Präsident in einem Land, das vor 150 Jahren noch einen Bürgerkrieg wegen der Rassenfrage geführt hat. Dass der nächste Bürgermeister nach dem Häupl ein Türke ist, das müssen wir erst zusammenbringen." Er würde das gut finden. Der Themenwechsel fällt schwer. Androsch führt das Personenkomitee für ein Berufsheer an - der Kanzler selbst hat den Grandseigneur der SPÖ darum gebeten.

"Krone": Nach dem Bildungsvolksbegehren führen Sie jetzt das Personenkomitee für ein Profi-Heer an. Wird Ihnen leicht langweilig?
Hannes Androsch:
Nicht ausgeprägt (lacht). Es war der Wunsch des Bundeskanzlers. Und weil das Berufsheer mit einem freiwilligen, bezahlten Sozialjahr durchdachte Modelle und zukunftsfähiger als alle anderen Vorschläge sind, habe ich zugesagt.

"Krone": Haben Sie einen Deal mit Faymann? Sie setzen das Profi-Heer um, er Ihre Forderungen zur Bildung?
Androsch:
Nein, denn dass er die erfüllt, erwarte ich mir sowieso! Ich glaube, die Wagenburg der Blockierer ist sturmreif geschossen, um es militärisch zu formulieren.

"Krone": Da kämpft - Pardon - ein 74-Jähriger, nämlich Sie, gegen und ein 70-Jähriger, der ehemalige Präsident der Industriellen-Vereinigung Veit Sorger, für die Wehrpflicht. Sollten da nicht Junge sitzen, die sich starkmachen?
Androsch:
Wäre wünschenswert, findet aber nicht statt. Es könnte sein, dass wir unsere Nachkommen zu sehr verwöhnt haben.

"Krone": Haben Sie versucht, Ihren 15-jährigen Sohn für das Thema zu begeistern?
Androsch:
Versuche ich laufend, aber das sind familiäre, weniger politische Aktivitäten. Es ist übrigens ein Missverständnis, dass es zwischen Veit Sorger und mir ein Match gibt. Wir haben uns darauf geeinigt, diese Diskussion zu versachlichen. Das Bundesheer ist zu wichtig, um für parteitaktische Manöver missbraucht zu werden, nur weil man von Korruptionsfällen, Finanzskandalen und finanziellen Schieflagen ablenken will.

"Krone": Wer ist "man"?
Androsch:
Beide Regierungsparteien.

"Krone": Welches der beiden Komitees ist denn besser unterwegs?
Androsch: Vom Start her leider das andere, weil das länger vorbereitet wurde. Die SPÖ hat die Heeresdebatte am falschen Fuß erwischt. Da war der Erwin Pröll ja sehr geschickt Auch wie das emotionalisiert wird: All diese Geschichten, dass die Rettung nicht mehr kommt, wenn die Zivildiener wegfallen. Also der Frau Minister Prokop hat das alte System auch nichts mehr geholfen, weil so rasch ist die Rettung nicht gekommen.

"Krone": Wie wollen Sie den Rückstand aufholen?
Androsch: Ich bin ein naiver Optimist. Ich glaube an die Kraft der Information und an den Hausverstand.

"Krone": Wieso sollte die österreichische Bevölkerung Anfang des Jahres für ein Berufsheer stimmen?
Androsch: Weil die Wehrpflicht allein schon aus demografischen Gründen nicht aufrechterhalten werden kann - wir werden es uns nicht mehr leisten können, dass die jungen Arbeitskräfte monatelang sinnlos herumhängen. Alles grüßen, was sich bewegt. Alles putzen, was sich nicht bewegt - Fensterscheiben zum Beispiel. Die habe ich tagelang mit Zeitungspapier polieren müssen. Das sind meine Erinnerungen an das Bundesheer.

"Krone": Ihre Parteikollegin Gabi Burgstaller hat gesagt, das Bundesheer tue jungen Männern gut.
Androsch:
Ich schätze Frau Burgstaller ungemein. Aber diese Bemerkung war entbehrlich. Das Bundesheer kann kein Ersatz für fehlende Erziehung sein. Wenn es so wäre, müssten die Damen ja wohl auch den Wehrdienst über sich ergehen lassen. Unser Modell des freiwilligen Sozialjahrs wird hingegen auch für Frauen gelten.

"Krone": Was spricht denn noch für die Wehrpflicht?
Androsch:
Wir haben 27 EU-Mitgliedsstaaten, und 21 - darunter Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien - haben keine Wehrpflicht mehr. Nachdem wir den Dreißigjährigen Krieg und die zwei Weltkriege erfreulicherweise hinter uns haben, spricht gar nichts mehr für die Wehrpflicht. Rein gar nichts.

"Krone": Wie beurteilen Sie die Rolle von General Entacher, der sich um die Kosten eines Berufsheers Sorgen macht?
Androsch:
Das teuerste und ineffizienteste Heer haben wir jetzt. Ein Generalstabschef hat sich nicht in die Politik einzumischen. Dass ihn die ÖVP hofiert und er so eitel ist, darauf hereinzufallen, na ja, gut. Es ist höchste Zeit, dass er in Pension geht. Deshalb hoffe ich, dass der Minister ihm per 1. April die Pensionierung definitiv bescheinigt und per Ausschreibung einen sachkundigen Nachfolger beruft.

"Krone": Und Dompfarrer Toni Faber, der jetzt im Sorger-Komitee sitzt?
Androsch: Das muss er sich mit dem lieben Gott ausmachen, oder noch besser mit dem Heiligen Geist. Ich habe nichts dagegen. Aber mir fällt auch kein Argument dafür ein.

"Krone": Werden noch weitere Prominente in Ihr Komitee kommen?
Androsch: Davon gehe ich aus. Es wäre auch begrüßenswert, wenn sich Frauen melden.

"Krone": Wäre Frank Stronach zum Beispiel willkommen?
Androsch: Jeder ist herzlich willkommen. Dann soll er gleich eine Menge Geld mitbringen, damit wir mehr Werbung machen können.

"Krone": Wenn das Volk sich bei der Befragung im Jänner für die Wehrpflicht aussprechen sollte, wäre das eine große persönliche Niederlage für Sie?
Androsch: Ich würde das sehr sportlich sehen. Wichtig ist, dass nicht verbrannte Erde hinterlassen wird, sondern die Grundlagen für eine sinnvolle Zukunft des österreichischen Bundesheeres geschaffen werden.

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