Bilanz nach 1. Monat

Behörden verdutzt: Fast keine Anzeigen wegen Rauchverbot

Österreich
29.07.2010 12:52
Die erste Bilanz über das seit einem Monat in vollem Umfang geltende Nichtraucherschutzgesetz hätten sich Wirte und Behörden wohl anders vorgestellt: "Seit 1. Juli sind keine Anzeigen mehr eingelangt", heißt es etwa in Niederösterreich. "Wir sind selber überrascht, wie ruhig es ist", sagt ein Landesvertreter in Tirol. Nur in Graz wurden mit Anfang des Monats gleich 34 Strafverfahren aufgenommen. Die Behördenvertreter glauben aber, dass die befürchtete Anzeigenflut noch kommt - spätestens wenn die kalte Jahreszeit beginnt und die Gastgärten schließen.

Seit einem Monat gilt das gesetzliche Rauchverbot in der Gastronomie. Die Übergangsfrist war mit 1. Juli vorbei und nur mehr Lokale unter 50 Quadratmeter Verabreichungsfläche oder größere Betriebe mit abgetrennten Raucherräumen dürfen seither den Tabakkonsum erlauben.

Die im Vorfeld befürchteten Vernaderungskampagnen und die vielzitierte Anzeigenflut - mangels gezielter behördlicher Kontrollen wurde mit dem Gesetz ja der Bürger zum "Raucher-Sheriff" - ist bis jetzt ausgeblieben. In Wien sind seit Ende der Übergangsfrist die Beanstandungen sogar zurückgegangen, berichtet Oliver Birbaumer von den magistratischen Bezirksämtern: "Die Erwartungen sind eher in eine andere Richtung gegangen."

Eine genaue zahlenmäßige Erhebung liegt noch nicht vor. Trotzdem hat Birbaumer ein Beispiel parat: In der Brigittenau habe es seit Anfang Juli erst eine Anzeige gegeben, die Monate davor seien es bis zu 30 gewesen. Dies liege einerseits am schönen Wetter, das es den Wirten leichter mache, im Lokalinneren das Rauchen zu verbieten, und andererseits an den Raumtrennungen, die viele Gastronomen noch vorgenommen hätten, so seine Mutmaßung.

Die große Anzeigenflut blieb aus
"Relativ wenige" - rund 30 - neue Anzeigen habe es seit 1. Juli beim Magistrat Linz gegeben, sagt Bezirksverwaltungsdirektorin Martina Steininger. Sie habe eine regelrechte Flut erwartet, diese sei aber ausgeblieben. Die Gründe für die Anzeigen seien bunt gemischt, von nicht ordnungsgemäßer Kennzeichnung bis zum Rauchen im Nichtraucherbereich gingen die Beschwerden.

"Seit 1. Juli sind keine Anzeigen mehr eingelangt", erzählt Martin Koutny, Sprecher des St. Pöltner Magistrats. Dies entspreche aber dem gesamten Jahrestrend, denn nach der Anzeigenflut mit 60 Beanstandungen im Jahr 2009 hat die Behörde seit 1. Jänner nur mehr sieben Anzeigen gezählt. Unverändert ist die Lage im Burgenland: In den vergangenen Wochen habe sich "eigentlich nichts getan", so der Oberwarter Bezirkshauptmann Hermann Sagmeister. Spannend könnte es laut Sagmeister ab Herbst werden, aber "das ist schwer einzuschätzen". Auch im Landesnorden in Eisenstadt ist die Situation unverändert: "Seit dem Ende der Übergangsfrist hat es keine einzige Anzeige gegeben", heißt es dort.

Kärnten hat sich die Zahl der Anzeigen in den vergangenen Wochen nicht verändert. "Das Gesetz ist ja schon länger in Kraft, nur die Übergangsfrist ist zu Ende gegangen", sagt Albert Kreiner, Leiter der Abteilung für Wirtschaftsrecht und Infrastruktur beim Land. Gegenwärtig seien 287 Anzeigen wegen Verstößen gegen des Rauchverbot anhängig. Kreiner geht in Zukunft von einem Rückgang aus: "Die Akzeptanz gegenüber dem Gesetz wird nämlich steigen."

Sammelanzeige gegen 200 Lokale in Salzburg
Rund eine Anzeige pro Woche wegen Verstößen gegen das Rauchverbot gehe derzeit beim Magistrat Salzburg ein, berichtet der Leiter des Strafamts der Stadt Salzburg, Roland Schagerl. Zu diesem seit Monaten üblichen Anzeigenaufkommen wäre nach dem 1. Juli eine Sammelanzeige gegen rund 200 Lokale gekommen. Diese sei von Aktivisten eines Nichtraucher-Vereins eingebracht worden. Allerdings wären die in der Sammelanzeige gemachten Angaben recht unkonkret. Es gebe zum Teil Fantasienamen, falsche oder ungenaue Adressen in dieser Anzeige. Das mache die Überprüfungen für seine Mitarbeiter oft recht schwierig.

Relativ ruhig ist es rund ums Rauchverbot indes im einst hart umkämpften Tirol geworden. "Wir sind selber überrascht, wie ruhig es ist", sagt der zuständige Spartenobmann der Tiroler Wirtschaftskammer, Josef Hackl. Es gebe kaum Beschwerden von Gastronomen, auch von Anzeigen höre man wenig. Bei den Vorarlberger Bezirkshauptmannschaften, wo es schon davor nur "einige wenige" Anzeigen gegeben hatte, konnte man seit dem Ende der Übergangsfrist kein erhöhtes Aufkommen feststellen.

Graz hat am 1. Juli 34 Strafverfahren eröffnet
In der steirischen Landeshauptstadt Graz, wo auch aktiv kontrolliert wird, wurden hingegen insgesamt 34 Strafverfahren nach dem Rauchergesetz seit Anfang Juli aufgenommen. Zwei davon erfolgten nach einer der sieben Anzeigen von Privatpersonen, die Verstöße in Lokalen gemeldet hatten. Die übrigen 32 Verfahren wurden nach 49 Kontrollen der Stadt Graz eingeleitet.

Die betroffenen Lokale seien laut Enrico Radaelli vom Büro des Bürgermeisters Siegfried Nagl bunt gemischt: Sowohl 25 Quadratmeter große Cafés als auch Großraumdiskotheken müssten sich nun im Verfahren verantworten. Aus den Bezirken Liezen und Leoben dagegen hieß es am Donnerstag, dass seit Monatsbeginn keine einzige Anzeige mehr eingegangen sei.

Nichtraucher-Aktivisten üben weiterhin Kritik
Auch wenn sich die Bürger derzeit mit Anzeigen extrem zurückhalten, Vereine wie die Österreichische Schutzgemeinschaft für Nichtraucher üben weiter Kritik am Gesetz und den Wirten. Probleme gebe es besonders bei der Vorschrift bezüglich eines rauchfreien Hauptraums: "Am Land schätzen wir nach bisherigen Kontrollen, dass sich mindestens 50 Prozent der Wirte nicht daran halten", sagte Bundesleiter Robert Rockenbauer kürzlich. "Inzwischen habe ich mit 360 Wirten gesprochen und 350 sind für ein generelles Rauchverbot."

Die Pläne der Oppositionsparteien, eine Volksbefragung für ein totales Rauchverbot durchzuführen, liegen derzeit wegen der Sommerpause auf Eis. Wenn es also in Bezug auf das Rauchverbot noch einmal heiß wird, dann tatsächlich frühestens im Herbst.

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