Sparen bei Bildung

Aufstand in SPÖ: “Staatlicher Raub an der Zukunft”

Österreich
18.04.2014 09:34
Der Ärger über die geplanten Budgetkürzungen im Bildungsressort wird immer größer: Während die Regierung an den Sparabsichten bei der Schule festhält, revoltieren nun sogar die eigenen Abgeordneten. "Das ist ein staatlicher Raub an der Zukunft", sagte etwa die rote Parlamentsrebellin Daniela Holzinger. Und auch aus den Ländern und von der Gewerkschaft kommt weiterhin Kritik.

Für die junge SPÖ-Abgeordnete Holzinger steht jedenfalls fest, dass "in Schlüsselfächern und allgemein bei der Bildung zu sparen" einfach nicht gehe. Kritisch bewertet sie dabei die Linie der eigenen Partei, vor allem, dass die Grunderwerbssteuer kaum verändert wird. Holzinger: "Wenn wir von sozialdemokratischer Seite sagen, dass wir diese Mehreinnahmen nicht brauchen und im Bildungsbereich bei den Kindern kürzen müssen, dann frage ich mich, wo da das sozialdemokratische Rückgrat bleibt."

Die SPÖ-Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger verlangt ebenfalls eine Rücknahme der Sparmaßnahmen im Schulbereich. Und auch die Bildungssprecherin der SPÖ, Elisabeth Grossmann, erklärt, dass sie die Kürzungen im Bildungsbereich "so nicht hinnehmen" und nichts unversucht lassen werde, damit diese Entscheidungen rückgängig gemacht werden.

Millioneneinsparungen treiben zu harten Einschnitten
SP-Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek muss in ihrem Ressort 57 Millionen Euro 2014 und 60 Millionen 2015 einsparen. Ein Drittel der Summe soll aus der Verwaltung kommen, der Rest durch größere Schülergruppen an AHS-Oberstufen und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen und weniger Zweitlehrer-Einsatz an den Neuen Mittelschulen. Dazu kommen Kürzungen bei Wahlpflichtfächern an den AHS-Oberstufen. Außerdem will der Bund 30 Millionen Euro pro Jahr lukrieren, indem die Länder ihm mehr Geld für Landeslehrer bezahlen müssen, die sie über den Stellenplan hinaus anstellen.

Viel Kritik auch aus den Ländern
"Ein Durchwinken des Budgets wird es mit mir aber nicht geben", betont Bildungssprecherin Grossmann. Und auch die roten Landeshauptleute kündigen Widerstand an: Hans Niessl (Burgenland) forderte erneut, die Regierung solle den "Sparstift in der Verwaltung und nicht bei der Zukunft der Kinder ansetzen". "Eine Anhebung der Teilungszahlen und der Klassenschülerhöchstzahlen würde uns um Jahre zurückwerfen", warnte er. Seiner Ansicht nach sollten die Länder die Verantwortung für alle Lehrer übernehmen - dadurch würde das System ohne Qualitätsverlust billiger.

Ähnliche Töne hatten zuvor auch schon Wiens Bürgermeister Michael Häupl und der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (beide SPÖ) angeschlagen. Kaiser forderte die Regierung auf, "von einem Kaputtsparen des Bildungsbereiches Abstand zu nehmen". Außerdem müsse sie die neue Landeslehrer-Verrechnung zurücknehmen, diese sei mangels vorheriger Absprache mit den Ländern "allem Anschein nach rechtswidrig". Auch für Oberösterreichs LH Josef Pühringer (ÖVP) ist die Neuregelung "nicht nur inakzeptabel, sondern auch ein Stilbruch in der gemeinsamen Arbeit zwischen Bund und Länder".

Schieder stärkt Heinisch-Hosek den Rücken
Zur Verteidigung von Heinisch-Hosek rückte unterdessen SP-Klubobmann Andreas Schieder aus und sicherte ihr die "volle Unterstützung" des SPÖ-Klubs zu. "Wir haben acht Milliarden Euro Bildungsbudget in Österreich und was jetzt diskutiert wird, sind 60 Millionen, also ein ganz kleiner Teil", verwies er auf die Dimension der Einsparungen. Das Bildungssystem sei stark und bleibe es auch: "Nicht alles, was aus Propagandasicht getrommelt wird, ist wahr."

Das stärkere Controlling der Landeslehrer-Kosten verteidigte er, es führe zu mehr Effizienz und bringe schon einen guten Teil des Einsparungsziels. Einsparungspotenzial sieht Schieder außerdem in der Verwaltung und bei den "Kleinschulen, die nur aus Sicht der Länder erhalten werden, weil sie sie nicht zahlen müssen". Eine von Niessl und Pühringer geforderte Verländerung des Schulsystems will er abwehren.

Jank für Umschichtungen, Gewerkschaft setzt sich zur Wehr
Für ÖVP-Bildungssprecherin Brigitte Jank sind unterdessen noch Umschichtungen im Budget, etwa aus dem Sozial- in den Bildungsbereich, vorstellbar. Paul Kimberger (FCG), Sprecher der ARGE Lehrer in der GÖD, zeigte sich wegen des großen Widerstands zuversichtlich, dass es noch Änderungen geben wird. Einsparungspotenzial ortet er etwa in Verwaltung und Bürokratie, bei Studien, Tests, Beraterverträgen, Symposien und Inseraten. Kürzungen in den Klassen werde es mit der Gewerkschaft keinesfalls geben, betont Kimberger und verweist auf Verbündete unter Eltern, Schülern und Parlamentariern. "Dagegen wehren wir uns und da lasse ich alle Möglichkeiten, die man innerhalb der Gewerkschaft hat, offen."

Wolfgang Hesoun, Siemens-Österreich-Generaldirektor und Präsident der Industriellenvereinigung in Wien, warnt vor den Folgen von Einsparungen im Bildungsbereich: "Wenn das in Teilbereichen nicht mehr funktioniert, wird sich das für den Standort negativ auswirken." Auch für den Rat für Forschung und Technologieentwicklung sind die Regierungspläne "sicher der falsche Weg".

Facebook-Gruppe gegen den "Sparunsinn"
Unterdessen formiert sich auch im Internet zunehmend Widerstand gegen die Einsparungen: Die Facebook-Gruppe "Elternaufstand" hat bereits mehr als 9.000 Unterstützer gesammelt, rund 1.800 Personen haben bisher die Petition der Schülervertreter von der VP-nahen Schülerunion gegen den "Sparunsinn" unterzeichnet.

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