Kasernen öffnen?

Asyl: Mikl-Leitner bittet Länder und Darabos um Hilfe

Österreich
20.07.2012 13:46
Das seit Monaten konstant überfüllte Erstaufnahmezentrum für Asylwerber in Traiskirchen bereitet Innenministerin Johanna Mikl-Leitner offenbar Kopfzerbrechen. Laut ihrem Sprecher lag der "täglich pendelnde" Belagsstand in letzter Zeit bei 800 bis 1.000 Personen, vereinbart seien maximal 480. Weil die meisten Bundesländer die festgelegten Quoten nicht einhalten, bittet die Ministerin sie jetzt in Briefen um Hilfe. Auch Verteidigungsminister Norbert Darabos erhielt ein Schreiben - er möge prüfen, ob eine Unterbringung von Asylwerbern in Kasernen möglich wäre. Doch der Minister lehnte die Bitte rundum ab.

Die beiden Erstaufnahmezentren des Bundes, Traiskirchen und Thalham, sind überfüllt bzw. an der Obergrenze (bei Thalham liegt diese bei 120 Personen). Im niederösterreichischen Erstaufnahmezentrum würden allerdings rund 600 Asylwerber, davon auch viele unbegleitete Minderjährige, auf die Übernahme durch ein Bundesland warten. Durchschnittlich müsste jedes Land also nur etwa 65 Personen aufnehmen, rechnet das Innenministerium vor. Gespräche mit den Ländern hätten zwar Verbesserungen gebracht, diese seien aber noch nicht ausreichend.

"Solidarität bei der Erfüllung völkerrechtlicher Vorgaben"
In den Briefen an die Landeshauptleute bzw. an die zuständigen Landesräte bittet Mikl-Leitner nun um "Solidarität bei der Erfüllung völkerrechtlicher Vorgaben". Die steigende Zahl der Asylanträge und die "mangelnde Einhaltung partnerschaftlicher Bund-Länder-Vereinbarungen" gäben Anlass zur Sorge.

Jene 600 Menschen, die trotz Zuständigkeit der Länder in Einrichtungen des Bundes versorgt werden müssen, seien "bei entsprechenden, gemeinsamen Anstrengungen aller Partner" aber "bewältigbar", stellte die Innenministerin fest. Die "solidarische Verteilung" müsse "vorrangiges Ziel" sein.

Länder geben sich überwiegend problembewusst
Die brieflichen Asyl-Appelle verhallten in den Bundesländern nicht ungehört, allerdings sehen sich manche nicht imstande, die nötigen Kapazitäten aufzustellen. Generell geben sich die Verantwortlichen problembewusst und sind um Verbesserungen bemüht, allerdings wollen sie sich auch nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen.

"Wir sind uns der Problematik bewusst", meinte etwa die zuständige Salzburger Landesrätin Tina Widmann am Freitag. "Wir versuchen derzeit alles, um in den Gemeinden neue Asylheime zu finden. Wir fahren durchs Land und suchen potenzielle Quartiergeber." Dies sei aber nicht zuletzt aus Kostengründen schwierig.

Im Büro des steirischen Landeshauptmannes Franz Voves will man prüfen, ob und wie viele Plätze die Steiermark zur Verfügung hätte, so ein Mitarbeiter. Allerdings erfülle man derzeit bereits zu 93 Prozent die vertragliche Aufnahmequote. Damit läge die Steiermark hinter Wien und Niederösterreich an dritter Stelle. Man schließe sich der Feststellung der Innenministerin aber an und plädiere für eine solidarische Verteilung. "Zuerst sollen die anderen Bundesländer ihre Quoten aber erfüllen", hieß es.

Verteidigungsminister lehnt mit Seitenhieb ab
Neben den Bundesländern erhielt auch Verteidigungsminister Darabos Post von der Ressortchefin. Um "alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die zu einer Entlastung der Betreuungsstellen führen", ersuche sie, "die Verwendung von Kasernen für die Versorgung und Betreuung von Asylwerbern zu prüfen".

Am Freitag ließ Darabos über seinen Sprecher ausrichten, dass er wenig von der Idee halte. Der Minister nehme die entsprechende Bitte von Mikl-Leitner eher "zurückhaltend" zur Kenntnis. Man brauche die Kapazitäten für den Präsenzdienst, wurde erklärt - nicht ohne Seitenhieb auf den Koalitionspartner. "Aufgrund der ÖVP haben wir ja nach wie vor die allgemeine Wehrpflicht in Österreich, müssen die Grundwehrdiener in unseren Kasernen unterbringen und brauchen daher die entsprechenden Kapazitäten."

Leer stehende Kasernen dagegen "stehen zum Verkauf", und zwar gemäß des sowohl per Regierungsprogramm als auch durch die Bundesheerreformkommission formulierten Auftrags. "Das Innenministerium ist eingeladen, sich im Verkaufsprozess einzubringen." Was die Unterbringung von Asylwerbern betreffe, sei aber Mikl-Leitner zuvorderst "gefordert, bei den Bundesländern eine faire Verteilung durchzusetzen".

Drittes Erstaufnahmezentrum laut BMI nicht nötig
Trotz der steigenden Zahl der Asylanträge und der Ablehnung des Kasernen-Vorstoßes denkt Mikl-Leitner allerdings nicht an die Errichtung eines weiteren Asyl-Erstaufnahmezentrums. Ein solches hatte ihre Vorgängerin Maria Fekter im Südburgenland errichten wollen - und war damit gescheitert.

Im Innenressort hieß es am Freitag, man erachte ein drittes Zentrum derzeit nicht als notwendig, "wenn alle Bundesländer ihre Quoten erfüllen". Derzeit "aufzuteilen" gebe es mit Stand vom Freitag 18.646 Asylwerber, erfüllt werde die Quote nur von Wien und Niederösterreich.

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