20 Monate bedingt

Arzthelferin behandelte Patienten selbst: Urteil

Österreich
03.07.2014 15:26
Sie bohrte, schliff und zog Zähne, setzte Prothesen und Implantate ein - eine entsprechende Ausbildung dafür hatte sie allerdings nicht: Eine 24-jährige ehemalige Zahnarzthelferin wurde daher am Donnerstag in Salzburg wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Körperverletzung zu einer bedingten Haftstrafe von 20 Monaten verurteilt. Die Frau hatte von August bis November 2012 insgesamt sieben Patienten behandelt und den Opfern dabei teils unsägliche Schmerzen zugefügt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Assistentin hatte in der Praxis des Zahnarztes in der Stadt Salzburg ihre Lehre absolviert und wurde dann von ihrem Arbeitgeber angestellt. Im Sommer 2012 begann sie eigenmächtig, Termine zu vereinbaren oder Behandlungen von Patienten auf Zeiten zu verschieben, in denen der Zahnarzt nicht in der Ordination war. Zu Spritze und Bohrer griff die Angeklagte dabei stets selbst. "Auf einmal habe ich mich wichtig gefühlt und gedacht, ich probiere es. Ich habe mir eine Fantasiewelt aufgebaut." Wurden Patienten misstrauisch, erzählte sie, mittlerweile in München Zahnmedizin studiert zu haben.

24-Jährige suchte gezielt ältere Opfer aus
Laut Staatsanwalt Marcus Neher erfolgte die Behandlung aber keineswegs sachgerecht: "Sie durfte und konnte gar keine werthaltige Leistung erbringen." Für ihn ist klar, dass sich die Frau gezielt ältere Patienten aussuchte, ein Opfer im Zeugenstand war beispielsweise 93 Jahre alt. Einem Patienten dürfte die Angeklagte unfachmännisch zwei Zähne gezogen haben, einer Frau gaukelte sie vor, eine neue Zahnprothese bestellt zu haben, setzte ihr aber - gegen saftiges Honorar - wieder die alte ein. Eine Zeugin beklagte am Donnerstag die mangelnde Hygiene: "Sie behandelte ohne Handschuhe und Latz."

Für die erbrachten Leistungen kassierte die Angeklagte meist überhöhte Bargeldbeträge, der Schaden wird insgesamt mit 21.000 Euro beziffert. Zugleich soll die 24-Jährige einmal 2.150 Euro nicht in die Kasse des Arbeitgebers abgeführt, sondern selbst behalten haben. Das "Zubrot" nutzte die mittlerweile zweifache Mutter dazu, "ein besseres Leben" zu führen.

Patientin informierte nach 14 Behandlungen Ärztekammer
Der Fall flog auf, als bei einer Patientin nach 14 Behandlungen immer noch keine Besserung eintrat. "Ich habe nach jedem Termin Zahnweh gehabt. Einmal hat sie so gebohrt, dass ich vor Schmerz fast an den Plafond gesprungen bin", erzählte die Frau vor Gericht. Ihrer Nichte kam das schließlich komisch vor, man informierte die Zahnärztekammer, was den Stein ins Rollen brachte. Die Zahnarzthelferin wurde sofort entlassen.

Als sich diese darauf mit Regressforderungen konfrontiert sah, versuchte sie mit vorgetäuschten Geschichten mehreren Patienten Geld herauszulocken. Unter dem Vorwand, für das Begräbnis ihrer Mutter Geld zu benötigen, kontaktierte sie auch einen 70-Jährigen, den sie aus der Ordination kannte: Der lieh ihr 9.900 Euro. Von seinem Geld sah er lange nichts: Die erste Rückzahlungsrate von 500 Euro wurde erst diese Woche beglichen.

Zahnarzt behob Vielzahl der Fehler kostenlos
Die 24-Jährige zeigte sich im Prozess weitgehend geständig und entschuldigte sich, leugnete aber den Diebstahl und den Betrug mit der aufgetischten Geschichte. "Es lag kein Bereicherungsvorsatz vor, sie wollte sich das Geld nur ausborgen", so die Verteidigerin der Frau. Der - mittlerweile pensionierte - Zahnarzt hat übrigens eine Vielzahl der Fehler wieder behoben, zum Großteil kostenlos.

Das Gericht befand die 24-Jährige schließlich des schweren gewerbsmäßigen Betrugs und der Körperverletzung für schuldig. Vom Vorwurf des Diebstahls wurde die Angeklagte mangels Schuldbeweises freigesprochen. Der Staatsanwalt übte nach dem Richterspruch zwar Rechtsmittelverzicht, die Angeklagte gab jedoch keine Erklärung ab und erbat sich Bedenkzeit. Den Opfern der Frau sprach der Richter ein Teilschmerzensgeld von insgesamt 16.000 Euro zu.

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