Himmel soll warten

Ärzte gaben Maleen nur 3 Jahre – heute ist sie 18

Österreich
19.04.2014 16:30
Die Ärzte gaben Maleen drei Jahre zu leben - maximal. Heute ist sie 18 Jahre alt und erzählt ihre unglaubliche Geschichte. Barbara Stöckl über eine tapfere junge Frau.

Ich kenne Maleen, seit sie ein Kind ist, sechs Jahre alt war sie bei unserem ersten Treffen. Es ist unglaublich, was dieses Mädchen in seinem Leben bereits alles mitgemacht hat! Kurz nach der Geburt werden beim neugeborenen Säugling blaue Lippen festgestellt, beide Lungenflügel sind kollabiert. Warum es dazu kommt, ist bis heute nicht geklärt, die Krankenakte bleibt später verschwunden. Die Folgen sind dramatisch.

Kampf gegen Lungenhochdruck
Maleen hat pulmonale Hypertension, zu Deutsch Lungenhochdruck. Überlebenschance: so gut wie keine. Durch den zu hohen Druck in der Lunge pumpt die rechte Herzhälfte ständig gegen einen Widerstand - als ob man beim Gießen im Garten das Wasser einschaltet und das Ende des Gartenschlauchs zuhält. Das Herz pumpt stärker und stärker, bis es schließlich versagt und der Patient stirbt.

Maleens Vater Gerry Fischer sucht Spezialisten, Behandlungsmöglichkeiten, erledigt aufreibende Behördenwege, kämpft wie ein Löwe, um Geld für die Forschung aufzutreiben. Heute ist er Präsident des Europäischen Dachverbands für Lungenhochdruckpatienten. Er bittet Freunde, wie Rainhard Fendrich, der von Beginn an unterstützend zur Seite steht, er schreibt an große Firmen. Ihre Mutter Benita tut alles, um dem heranwachsenden Kind den Alltag erträglich zu machen. Die Ärzte versuchen alles medizinisch Mögliche, um die denkbar schlechte Ausgangssituation fürs Leben zu stabilisieren. Dafür braucht Maleen eine Infusionspumpe, die sie ständig mit sich trägt, um gleichmäßig mit lebensrettenden Medikamenten versorgt zu werden.

"Möglichst wenig Kontakt mit fremden Menschen"
Und Maleen? "Mein Immunsystem ist durch meine schwere Krankheit geschwächt. Deshalb soll ich möglichst wenig Kontakt mit fremden Menschen haben. Bis zu meinem 14. Lebensjahr kannte ich keine Schulklasse von innen. Ich wurde zu Hause privat unterrichtet. Das Risiko, dass eine simple Verkühlung mein Leben gefährdet, war zu hoch. Auf Spielplätzen mit anderen Kindern spielen? War mir nie erlaubt. Die Infektionsgefahr durch den implantierten Schlauch war zu groß. Freundinnen besuchen? Viel zu riskant. Schwimmen oder baden im Sommer? No way. Mein ganzes bisheriges Leben war von Regeln, Verboten und möglichen Gefahren geprägt. Aber was soll's - ich lebe! Also will ich jeden Tag genießen!"

Diese Zeilen schreibt das bemerkenswerte Mädchen in seinem soeben erschienenen Buch "Als gäbe es kein Morgen" (Prima Vista; 19,95 €). "Doch meine Eltern waren und sind auch heute noch grenzenlose Optimisten", so die 18-Jährige: "Sie lebt, das ist das Wichtigste. Den Rest bekommen wir in den Griff", so der Leitsatz der Eltern.

Das Leben ist ein Geschenk
Mit vier Jahren sagt Marleen zu ihren Eltern: "Was habe ich an mir, dass mich alle Menschen so traurig anschauen?" Sie will nicht nur überleben, sie will leben, lachen, mutig sein! Immer im Gepäck, die klugen Worte ihrer Urgroßmutter: "Wenn böse Gedanken kommen, dann schick sie einfach weg. Denke an das Schöne, das Glückliche in deinem Leben, und wenn du das tust, wird ein Lächeln auf deinem Gesicht sein."

Allen Widrigkeiten und Risiken zum Trotz schaffte sie ihre Schulausbildung und machte anschließend in den USA ihren Highschool-Abschluss. Das ist deshalb möglich, weil die Highschool in Fort Myers eine eigene Krankenstation hat, auf der die Schwestern extra trainiert wurden, wie dem todkranken Mädchen im Notfall zu helfen ist. Und weil sie mit Robyn J. Barst, Leiterin des "Pulmonary Hypertension Center" am Presbyterian Hospital, eine Spezialistin für die seltene Erkrankung gefunden hatte. Ihr Traum heißt jetzt, die Stanford University zu besuchen - dafür braucht es aber finanzstarke Förderer.

"So fühlt es sich also an, das Sterben"
Vor einem Jahr kam es erneut zum Notfall, diesmal war die Situation besonders dramatisch. Maleen wurde bereits im Spital ins Sterbezimmer gebracht, wo Patienten betreut werden, die praktisch keine Überlebenschance mehr haben. "So fühlt es sich also an, das Sterben" schreibt sie über diese Zeit. "Es ist still um mich. Nur das monotone Piepsen im Rhythmus meines Herzschlages gibt mir die Gewissheit, noch nicht in einer anderen Welt zu sein. Durch die Atemmaske, die um meinen Kopf geschnallt ist, strömt Sauerstoff in meine Lungen. Es ist ein eigenartiges Gefühl, wenn die Kraft immer mehr deinen Körper verlässt."

An ihrer Seite ihre Mutter und ihr Freund Dominik, die "erste wahre Liebe" ihres jungen Lebens. "Er war bei mir und hielt meine Hand. Wir kannten uns erst knapp drei Monate, doch was wir hier gemeinsam durchleben sollten, ist wie ein unsichtbares Band, das uns verbindet und das niemand mehr durchtrennen kann. Er drückte mir wortlos meinen Stofffrosch in die Hand, einen Glücksbringer, der mich seit der Kindheit begleitet und jeden dramatischen Moment in meinem Leben miterlebt hat."

Der Glaube als Kraftquelle
Maleen überlebt. Auch diesmal. Wie ein Wunder. Ostern verbringt sie mit ihrer Familie in Wien. So wie früher, als ihre Oma das Fest so feierlich in der kleinen Kapelle in Hettmannsdorf gestaltet hat. Es ist das Fest der Auferstehung Christi. "Seit ich drei Jahre alt bin, haben meine Eltern mit mir jeden Abend gebetet. Das beruhigt, tröstet und stärkt mich!"

Maleen ist erst 18 Jahre, und sie weiß, dass ihr Leben ein Geschenk ist. Jeder Tag. "Wie oft kann man seinem Schicksal entgehen? Wie viele Schutzengel hat ein Mensch eigentlich?" Glaubt das junge Mädchen an ein Leben nach dem Tod? "Wenn man eine Kerze ausbläst, dann erlischt sie. Aber ein göttlicher Funke kann sie wieder entzünden. Das ist eine Hoffnung, die mir nicht ausgeredet werden kann."

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