Weisungsrat am Zug

800 Seiten dicke Anklage gegen Grasser fertig

Österreich
12.05.2016 07:20

Die Staatsanwaltschaft hat eine 800 Seiten dicke Anklage gegen den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser und weitere Beschuldigte im Zusammenhang mit der Privatisierung von Buwog-Wohnungen fertiggestellt. Christian Pilnacek, Sektionsleiter im Justizministerium, hat das Konvolut an den Weisungsrat weitergeschickt, der dazu Stellung nehmen soll.

Der sogenannte "Vorhabensbericht" der Staatsanwaltschaft sei zum Weisungsrat geschickt worden, damit dieser eine Stellungnahme abgibt. Pilnacek äußerte sich nicht dazu, was das Ministerium empfohlen hat. Inhalt des Verfahrens ist die Privatisierung von 60.000 Wohnungen der Buwog, die im Juni 2004 um 961 Millionen Euro an ein Konsortium österreichischer Bieter gingen. Dabei hatte es kurzfristig eine zusätzliche Versteigerungsrunde gegeben, in der die unterlegene CA Immo nur um eine Million Euro überboten wurde.

Fünf Jahre später erstatteten die Lobbyisten und (damaligen) Grasser-Freunde Walter Meischberger und Peter Hochegger Selbstanzeige, weil sie aus dem Deal knapp zehn Millionen Euro Provision kassiert und nicht versteuert hatten. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob bei der Privatisierung alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Grasser wie auch Meischberger, Hochegger und andere Angeklagte betonten, dass die Privatisierung "supertransparent" gelaufen sei.

Ursprünglich kleiner Fall wurde immer größer
Für Pilnacek hat die lange Verfahrensdauer von sieben Jahren damit zu tun, dass der ursprünglich kleine Fall immer größer geworden sei und zum Anlass genommen worden sei, eine hochspezialisierte Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu gründen. Dort werde nun im Team und mit ausreichend Ressourcen ermittelt. Anfangs habe man sehr lange auf eine gerichtliche Entscheidung warten müssen, ob Unterlagen verwenden werden können, die bei einem Steuerberater beschlagnahmt worden waren. Dann habe sich die Staatsanwaltschaft auf eine intensive Suche nach Beweisen gemacht. "Wir wollten nicht nur Indizienketten schmieden, sondern der Spur der Zahlungen folgen. Das grundsätzliche Problem ist, konspirative Geldflüsse konkreten Personen zuzuordnen", begründete Pilnacek die lange Verfahrensdauer.

Auf die Frage, ob Grasser das Verfahren in die Länge gezogen habe, meint Pilnacek: "Nein, zumindest im Vergleich zum Banker Julius Meinl nicht. Grasser hat das Verfahren aus meiner Sicht wenig verzögert." Zwar habe er anfangs Hausdurchsuchungen bekämpft und "natürlich nicht sofort alles vorgelegt, aber das muss er ja auch nicht. Er hat es auch nicht darauf angelegt, den Staatsanwälten Prügel vor die Füße zu werfen."

Im Steuerstrafverfahren gegen Grasser hänge viel davon ab, ob die hochkomplexe Stiftungskonstruktion vom Steuerberater entworfen wurde, wie Grasser behauptet, denn "dann würde sein Strafverfahren wohl mangels Steuerhinterziehungsvorsatz eingestellt werden", so Pilnacek.

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