In Rücken gestochen

73-Jährige mit Meißel attackiert: 16 Jahre Haft

Österreich
08.07.2014 17:41
Weil er am 13. Oktober 2013 einer ihm völlig fremden Pensionistin einen Meißel in den Rücken gestochen hatte, ist ein 34-Jähriger am Dienstag im Wiener Straflandesgericht zu 16 Jahren Haft verurteilt worden. Die Anklage lautete auf versuchten Mord. Der Mann habe sich eigentlich selbst das Leben nehmen wollen. Zur Attacke auf die Frau sei es im Drogenrausch gekommen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die 73 Jahre alte Pensionistin wartete an einer Haltestelle auf der Wattgasse in Wien-Ottakring auf den Bus, als sie einen Stoß verspürte. "Auf einmal bin ich da gelegen", schilderte sie als Zeugin dem Gericht. Sie habe zunächst gar nicht kapiert, was ihr widerfahren war, bis ihr ein Passant erklärte: "Sie haben was im Rücken stecken."

Die Pensionistin wurde umgehend ins Spital gebracht, wo der Meißel entfernt und die Patientin fünf Stunden operiert wurde. "Sie haben nicht gewusst, ob ich durchkomme", stellte die Frau fest. Hätte sie nicht drei Kleidungsschichten - darunter eine dicke, gefütterte Lederjacke - getragen, hätte sie kaum überlebt, vermutete die Zeugin.

"Ich habe niemanden töten wollen"
Der Täter, dem die Anklage versuchten Mord anlastete, versicherte, er habe "niemanden töten wollen". Er konnte allerdings nicht plausibel machen, weshalb aus dem geplanten Suizid eine Attacke auf eine ihm völlig fremde Passantin wurde: "Ich kann es mir nicht erklären, weshalb ich derartig ausgezuckt bin." Er habe "Substanzen" genommen gehabt. Die drei Joints, die er an diesem Morgen konsumiert hatte, wären "die stärkste Mischung, die ich je geraucht habe" gewesen. Er vermute daher, dass es sich dabei nicht um Cannabis, sondern einen wesentlich härteren Wirkstoff gehandelt habe.

Der Verteidiger bemerkte, sein Mandant, den er seit 20 Jahren aus gemeinsamen Schulzeiten kenne, habe infolge der unbekannten Substanz "die Kontrolle verloren" und sei "in einen die Trance vergleichbaren Zustand" geraten. Bei dem Cannabis, das der 34-Jährige bei seiner Festnahme bei sich hatte, wurden laut einem chemischen Gutachten aber keine verdächtigen Bestandteile entdeckt. Es handelte sich um gewöhnliches "Gras".

"Ich hab' so einen Hass gehabt auf mein Leben"
Der Angeklagte hatte im Mai 2013 seine Wohnung verloren und die Monate danach auf der Donauinsel bzw. bei Bekannten geschlafen. Seine Wertgegenstände deponierte er in einem Self-Storage-Lager auf der Wattgasse, wo er sich ein kleines Abteil angemietet hatte. Fallweise nächtigte er dort auch. Aus dem Lagerraum sollen ihm immer wieder Sachen gestohlen worden sein. Wenige Minuten vor der Meißel-Attacke hatte er nach eigenen Angaben bemerkt, dass sein Staatsbürgerschaftsnachweis fehlte.

"Ich hab' so einen Hass gehabt auf mein Leben, so wie es gelaufen ist", so der 34-Jährige im Prozess. Er habe sich daraufhin das Leben nehmen wollen, behauptete der Mann. Stattdessen stieß er das metallene Werkzeug allerdings der ihm völlig fremden Pensionistin in den Rücken. Mit den Worten "Ich habe eine Frau niedergestochen, bitte nehmt mich fest" hatte er nach der Tat mit seinem Mobiltelefon die Polizei verständigt.

Laut Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer soll der Angeklagte an einer Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen, einer geringen Frustrationstoleranz und einer wiederkehrenden Neigung zu Gewalt leiden, die ihn derart gefährlich macht, dass dem Gutachter die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher geboten schien. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Mann ohne entsprechende therapeutische Begleitmaßnahmen neuerlich eine Straftat mit schweren Folgen begehen wird, bezifferte Dantendorfer mit 55 Prozent.

Einweisung in Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
Die Geschworenen befanden den 34-Jährigen einstimmig für schuldig und verurteilten ihn zu 16 Jahren Haft. Zusätzlich wurde der Angeklagte auf Basis eines psychiatrischen Gutachtens in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Bei der Strafbemessung waren das Tatsachengeständnis und der Umstand, dass es beim Versuch geblieben war, mildernd. Erschwerend wertete das Gericht, "dass gegen ein wehrloses Opfer in heimtückischer Weise vorgegangen wurde", wie Richter Ulrich Nachtlberger festhielt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Victor Valent meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

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